Deutsche Welle (German edition)
Wer sind die Palästinenser in Israel?
Die sogenannten israelischen Araber werden stärker als bisher in den Konflikt hineingezogen. Das hat wirtschaftliche Gründe, aber auch politische.
Raketen und Militäroffensiven, das ist die offensichtliche Ebene bei dieser neuen Eskalation in Nahost. Dabei gibt es noch eine weitere Dimension: In nie dagewesener Schärfe geraten in ganz Israel zwei Bevölkerungsgruppen aneinander, nämlich jüdische und palästinensische Israelis. sonen wurden bereits nach solchen Aktionen festgenommen. In Lod wurde der Ausnahmezustand verhängt.
Israels Präsident Reuven Rivlin warnte vor einem drohenden "Bürgerkrieg". Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte: "Den israelischen Bürgern möchte ich sagen: Es ist mir egal, ob euer Blut kocht. Ihr dürft nicht zur Selbstjustiz übergehen. Nichts rechtfertigt das Lynchen von Arabern durch Juden und umgekehrt. Es ist nicht akzeptabel." sich um eine freiwillige Flucht, die auf entsprechende arabische Aufrufe erfolgt sei. Aus den Bevölkerungsgruppen, die im heutigen israelischen Staatsgebiet geblieben sind, gingen die palästinensischen Israelis hervor - bis auf die Bewohner Ostjerusalems, die einen anderen Status inne habe.
Palästinensische Israelis, häufig auch als israelische Araber bezeichnet, machten 2019 rund 21 Prozent der Bevölkerung Israels aus. Dieser Wert steigt in den Tabellen des israelischen Statistikamts CBS seit mehr als 50 Jahren kontinuierlich, weil die Geburtenziffern in dieser Bevölkerungsgruppe höher liegen. Von rechtsnationalen israelischen Politikern wird das als Problem betrachtet, weil perspektivisch die Vormachtstellung der jüdischen Bevölkerungsteile in Gefahr sei. Kinderreiche orthodoxe und ultraorthodoxe jüdische Familien sorgen dafür, dass sich diese Entwicklung verlangsamt.
Die Palästinenser in Israel genießen im Durchschnitt einen höheren Lebensstandard als die im Westjordanland oder gar im Gazastreifen. Doch verglichen mit der jüdischen Bevölkerungsmehrheit haben die Palästinenser zumeist weniger Teilhabe an Bildung und Wohlstand: Daten des staatlichen Versicherungsinstituts zufolge lebten 2016 fast die Hälfte der palästinensischen Familien in Israel in Armut - verglichen mit 13 Prozent der jüdischen Familien. (Ausgeklammert wurden in dieser Statistik die Haredim, die ultraorthodoxen Juden,, von denen 45 Prozent der Familien in Armut lebten.)
Das 2018 von der rechten Netanjahu-Regierung initiierte Nationalstaatsgesetz schmälerte den Einfluss der palästinensischen Bevölkerungsgruppe: Darin wird Israel zur "nationale Heimstätte des jüdischen Volkes" unter dem ungeteilten Jerusalem als Hauptstadt erklärt. Hebräisch ist demnach alleinige Nationalsprache, Arabisch wird auf einen nicht näher definierten Sonderstatus degradiert.
Mit Verweis auf das Gesetz riefen palästinensische Gruppen bei den darauffolgenden Knesset-Wahlen zum Boykott auf. Das führte dazu, dass ihre politischen Kräfte in der Knesset schwächer vertreten waren als die Demografie es vermuten ließe. Ihre "Vereinte Liste" schloss sich dem Anti-Netanjahu-Lager an. Vor der jüngsten Wahl im März 2021 löste sich jedoch die Ra'amPartei unter ihrem Chef Mansour Abbas aus dem Block. Abbas will die Zerwürfnisse unter den jüdischen Parteien zum Vorteil der Palästinenser nutzen und hat vor der Wahl die Bereitschaft erklärt, unter möglichst großen Zugeständnissen an diese Gruppe eine künftige Regierung zu unterstützen. Zwischenzeitlich galten die vier Abgeordneten von Ra'am sogar als Königsmacher - doch hat die jüngste Eskalation auch die Verhandlungen über eine Anti-Netanjahu- Koalition durcheinandergewirbelt.