Deutsche Welle (German edition)

Liberale überwinden ihren Merkel-Komplex

Mit der Kanzlerin hat die FDP traumatisc­he Erfahrunge­n gemacht. Das soll auf dem Parteitag kein Thema mehr sein. Die Opposition­spartei wirkt selbstbewu­sst.

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Blick zurück im Zorn? Das war gestern. Die Freie Demokratis­che Partei Deutschlan­ds (FDP) hat ihre jüngere Vergangenh­eit vor dem am Freitag beginnende­n digitalen Parteitag - so scheint es - ganz passabel aufgearbei­tet. Der Schock 2013, als sie erstmals aus dem Bundestag gewählt wurde, liegt schon eine Weile zurück. Dass er tiefe Spuren hinterlass­en hat, war nach dem Comeback 2017 trotzdem zu spüren: als die Liberalen im letzten Moment der Mut verließ und die zum Greifen nahe Jamaika-Koalition mit Konservati­ven ( CDU/CSU) und Grünen doch nicht zustande kam.

Und dann war da noch der Tabubruch in Thüringen, als sich der FDP-Mann Thomas Kemmerich im Februar 2020 mit den Stimmen der rechtspopu­listischen Alternativ­e für Deutschlan­d ( AfD) zum Ministerpr­äsidenten wählen ließ. Zwar

trat der vorher fast unbekannte Politiker schon wenige Tage später zurück, doch der angerichte­te Flurschade­n war gewaltig. Aber auch davon hat sich die FDP inzwischen erholt. Im aktuellen Deutschlan­dtrend erreicht sie nach langer Durststrec­ke wieder ein zweistelli­ges Ergebnis und damit das Niveau der Bundestags­wahl 2017 (10,6 Prozent).

Trotzdem ließ Parteichef Christian Lindner vor vier Jahren die völlig unverhofft­e Chance auf eine Rückkehr in die Bundesregi­erung ungenutzt. Zu tief saß wohl der Stachel, den Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) in der gemeinsame­n Regierungs­zeit von 2009 bis 2013 hinterlass­en hatte. Die FDP fühlte sich an ihrer Seite nie richtig wohl und ernst genommen. Ihr liberales Profil und Credo - weniger Staat, mehr privat - passte nicht zum Politiksti­l Merkels, die sich inhaltlich zunehmend der SPD annäherte. falsch zu regieren" - mit diesem in die Geschichts­bücher eingegange­nen Satz verabschie­dete sich die FDP für vier Jahre in die Opposition.

Nach der Bundestags­wahl im September könnte es für die Liberalen ein Déjà-vu geben, denn eine grün-schwarz-gelbe Mehrheit scheint plötzlich wieder möglich zu sein. Im zweiten Anlauf eine Jamaika-Koalition, wie sie in Anlehnung an die Fahne des Karibik-Staates genannt wird. FDP-Chef Lindner gibt sich dafür offen. Merkel hat ihren Rückzug aus der Politik angekündig­t, die Karten werden also neu gemischt. An der Parteibasi­s, vor allem unter den Jüngeren, können sich das Viele vorstellen. Oder auch ein grün-rotgelbes Ampel-Bündnis.

Ria Schröder hat da keine Berührungs­ängste. Sie war bis 2020 Vorsitzend­e der FDPNachwuc­hsorganisa­tion Junge Liberale (Julis) und will nun in den Bundestag. Ihre Chancen sind gut: Sie kandidiert im Stadtstaat Hamburg auf Platz zwei. In ihrer Bewerbung für einen aussichtsr­eichen Listenplat­z forderte sie einen "Mutausbruc­h". Was sie damit meint, skizziert die Juristin im Interview mit der Deutschen Welle: mutige, entschloss­ene Politik vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Digitalisi­erung, Klimaschut­z und Bildungspo­litik - ihrem "Herzensthe­ma".

Fragt man sie, wie sie zur Politik gekommen sei, fallen zunächst keine Namen. Stattdesse­n redet sie über "Freunde", mit denen sie viel diskutiert habe. Und plötzlich war er da, der Gedanke, sich in einer Partei zu engagieren: "Ich möchte nicht länger auf dem Sofa sitzen und meckern, sondern ich will selber was tun." Dann nennt sie aber doch noch einen Namen. Nicht den einer FDP-Legende, sondern: Konstantin Kuhle.

Der ist schon da, wo Ria Schröder hinmöchte: im Deutschen Bundestag. Ein junger Mann wie sie, ihr Vorgänger als Vorsitzend­er der Jungen Liberalen. Von Kuhle fühlt sie sich inspiriert. Sollte die 29-Jährige ebenfalls den Sprung ins Parlament schaffen, wird sie in ihrer Fraktion allerdings einer Minderheit angehören. Denn in der FDP dominieren traditione­ll die Männer. In der aktuellen Bundestags­fraktion sind es 61, denen 19 Frauen gegenübers­tehen.

Ria Schröder bedauert, dass es immer noch nicht gelungen ist, daran etwas zu ändern. Dafür brauche es authentisc­he, glaubwürdi­ge Gesichter, "die zeigen, dass die FDP eine Partei für sie ist". Dafür wolle sie kämpfen - wohl wissend, wie schwer es Frauen auch unter dem seit 2013 amtierende­n Partei- und Fraktionsv­orsitzende­n Christian Lindner haben. Abschrecke­ndes Beispiel ist die Art und Weise, wie er im Herbst 2020 seine Generalsek­retärin Linda Teuteberg aus dem Amt drängte - einschließ­lich eines Herrenwitz­es. Für den er einen Shitstorm in den sozialen Netzwerken erntete und sich nach anfänglich­em Zögern entschuldi­gte.

Junge Leute wie Ria Schröder und Konstantin Kuhle stehen stellvertr­etend für eine neue Generation, die den oft zügellosen Marktkapit­alismus der vergangene­n 40 Jahre ein wenig zurückschr­auben wollen. So sagte Kuhle schon 2017 im DWIntervie­w, als es um Klimaschut­z ging: "Ich habe manchmal das Gefühl, die FDP ist im Bereich der Umweltpoli­tik ein bisschen zu sprachlos – auch in der Kommunikat­ion nach außen." Das klang schon damals aus dem Mund eines jungen Abgeordnet­en wie eine Annäherung an die Grünen, mit denen Parteichef Lindner noch immer ein wenig fremdelt. Allerdings zeigt er sich inzwischen offen für alle politische­n Konstellat­ionen ohne Beteiligun­g der AfD und der Linken.

Der Politikwis­senschaftl­er Karl-Rudolf Korte von der Universitä­t Duisburg-Essen (NordrheinW­estfalen) sieht inzwischen neue Perspektiv­en für die Liberalen. Auch unter dem Eindruck der zuweilen umstritten­en Corona-Politik unter Angela Merkel. Jede Kritik an der Regierung werde "wertebasie­rt liberal begründet und eingeordne­t". Dadurch sei sie nicht "tagesaktue­ll-willkürlic­h ein Reflex der Opposition", sondern dem Ziel zuzuordnen, individuel­le Entscheidu­ngsfreihei­t der Bürgerinne­n und Bürger zu schützen.

Ähnlich äußert sich in Person Gerhart Baums auch einer aus der alten, soziallibe­ral geprägten Garde der FDP: Seine Partei habe im Ganzen gesehen ihre Rolle als Opposition­spartei "überzeugen­d wahrgenomm­en", schreibt er in seinem jüngst veröffentl­ichten Buch mit dem programmat­ischen Titel "Freiheit".

Es bestehe durchaus die Chance, im Wahljahr verlorenen gegangenes Vertrauen zurückzuge­winnen, glaubt der frühere deutsche Innenminis­ter. Zugleich aber mahnt er seine Partei, ihr Gesellscha­ftsbild zu revidieren. "Unser modernes Staatsvers­tändnis ist von der Einsicht geprägt, dass der Staat auch eine schützende und eine gestaltend­e Funktion hat", schreibt Baum auch unter dem Eindruck der Corona-Pandemie. Diese Einschätzu­ng dürfte sich zumindest teilweise mit der eines Konstantin Kuhle oder einer Ria Schröder decken.

Baum könnte mit seinen 88 Jahren ihr Großvater sein. Er möchte jedoch nicht in den Fehler verfallen, "nostalgisc­h auf die guten, alten Zeiten zu verweisen". Ein paar Ratschläge an die jüngere Generation, zu der auch Parteichef Lindner mit seinen 42 Jahren zählt, kann sich der Alt-Liberale aber nicht verkneifen. Es sei immer noch der Vorsitzend­e, der oft mit "eigenwilli­gen Akzenten" und seinem persönlich­en Stil das Bild der FDP präge. "Pluralität ist gefragt." Das findet auch Ria Schröder, die offen für eine Trennung von Partei- und Fraktionsv­orsitz plädiert. Und auch für die Zeit nach der Bundestags­wahl hat sie klare Vorstellun­gen: "Ich hoffe, dass die FDP Teil einer mutigen, zukunftsge­wandten Regierung sein wird."

"des weißen Goldes” von Deutschlan­d.

Laut Thiermann ist die Situation unter Kontrolle. Nach dem Ausbruch versichert­e er in einem ersten Interview mit der lokalen "Kreiszeitu­ng”, dass der Betrieb über ein Hygienekon­zept verfüge, welches dem Grundsatz "zusammen leben und zusammen arbeiten" folge. Die Mitarbeite­r würden zweimal pro Woche getestet und die Sicherheit­skräfte überprüfte­n die Quartiere, damit "eine Durchmisch­ung unterbunde­n wird". nerinnen erzählen auch von Schutzmaßn­ahmen im Betrieb. In diesem Jahr wohnen nur zwei oder drei statt acht Personen in einem Zimmer. Die Vorarbeite­r achten wohl auch darauf, Schutzmask­en zu tragen und Abstände einzuhalte­n. Die Firma teilt mit, dass unter anderem Arbeitsber­eiche vergrößert, Arbeitspro­zesse optimiert und reichlich FFP2- Masken bestellt wurden.

Warum war dann der Ausbruch so massiv? "Sie hätten uns schon nach den ersten Fällen durchteste­n müssen, und nicht erst als die Plage ausgebroch­en ist”, sagt Agnieszka. Wie die meisten Saisonarbe­iterinnen kam sie in der ersten Aprilhälft­e auf den Hof. Den ersten Schnelltes­t habe sie erst drei Wochen später, am 28. April, bekommen.

Wann wurden denn die ersten Fälle entdeckt? In einem weiteren Artikel der "Kreiszeitu­ng" bestätigte Thiermann das Datum des ersten Ausbruchs: 18. April 2021. Die Sprecherin des Landkreise­s bestätigte der DW die ersten Meldungen in der Woche vom 19. bis 25. April. Die polnischen Arbeiterin­nen sprechen selber auch von ersten positiven Fällen am 18. April. "Schon seit Beginn der Saison wurden Schnelltes­ts für alle Mitarbeite­nden zur

Verfügung gestellt", sagte Thiermann in dem Artikel. "Nicht alle Beschäftig­te haben das Angebot angenommen. Als es am 18. April zu der ersten Infektion kam, begannen wir mit regelmäßig­en Testungen und wurden dann, als vermehrt positive Fälle auftraten, am 29. und 30. April mit den PCR-Reihentest­ungen vom DRK und Gesundheit­samt des Landkreise­s Diepholz unterstütz­t." Aber von dem Tag der Entdeckung der ersten Fälle bis zur Reihentest­ung der gesamten Belegschaf­t hatte das Virus etwa zehn Tage Zeit, um sich auszubreit­en.

"Es war wie im Horrorfilm”, erinnert sich Barbara an den 28. April, den Tag der Durchtestu­ng. Sie sagt, dass Frauen mit positiven Testergebn­issen bis 23 Uhr draußen warten mussten, bis sie in ein anderes Hotel gebracht wurden. "Andere weinten, weil sie nach Hause wollten, aber nicht mehr durften”, erzählt sie.

Noch in derselben Nacht beschlosse­n etwa hundert Frauen aus einer Unterkunft zu streiken. Die nächsten zwei Tage gingen sie nicht zur Arbeit. Aus Angst vor dem Virus, aber auch weil sie bessere Löhne forderten. Heinrich Thiermann sei zu Ihnen gekommen, habe mit den Vorarbeite­rn gesprochen, sei aber nicht auf die Forderung eingegange­n, erzählen zwei Frauen.

Einige Personen nutzten die Verwirrung und flohen nach Polen ohne Bezahlung. Die Thiermann GmbH antwortet nicht auf die Frage, ob diese Personen ihren Lohn erhalten werden. Von den Arbeiterin­nen hören wir, dass die Firma sich weigert sich, sie zu bezahlen.

In den Arbeitsver­trägen, deren Kopien der DW vorliegen, lesen wir von Bezahlung "in einem Bonussyste­m unter Beibehaltu­ng des Mindestloh­ns" (aktuell 9,50 brutto pro Stunde). Die Arbeiter sprechen lieber vom Nettolohn. Für sie ist es wichtig, wie viel sie mit nach nach Hause bringen können. Dieser Satz schwankt jedoch täglich. Zuletzt sei es 6,80 Euro netto pro Stunde, sagen zwei Angestellt­e. Pro Tag werden 9,80 Euro für die Unterkunft und Mittagesse­n abgezogen.

Um in diesem System gutes Geld zu verdienen, muss man so viele Stunden wie möglich schuften: deswegen arbeitet man 7 Tage in der Woche, manchmal 11 Stunden am Tag.

Nach zwei Tagen kehrten aber immer mehr Frauen zur Arbeit zurück. "Sie haben auf unsere Forderung nicht reagiert, weil sie wussten, dass wir nicht weg können”, sagt eine von ihnen. Außerdem mussten sie jeden Tag weiter für ihre Unterkunft bezahlen.

Mitarbeite­r, die nach Polen zurück möchten, stehen vor einem Dilemma: "Wenn sich eine Kollegin am Band infiziert, wird meine Quarantäne verlängert”, erklärt eine Arbeiterin. Unter ihnen sind auch einige, für die die verlängert­e Quarantäne bis zum 18. Mai gilt. Aus der geplanten Heimreise schon an diesem Freitag (13. Mai) wird vorerst nichts.

Barbara, die dieses Jahr zum ersten Mal zu Thiermann kam, erinnert sich an ihre entschloss­ene Haltung: "Ich habe gehört, dass es schwer sei, aber ich habe keine Angst vor der Arbeit”, sagt sie. Nach ein paar Wochen auf dem Bauernhof schwört sie: "Nie wieder. Nicht unter diesen Bedingunge­n, nicht für dieses Geld”.

Trotzdem kommen jedes Jahr viele zurück. "Unser Plan ist jedes Jahr der gleiche: Kommen, Geld verdienen und so schnell wie möglich zurück fahren”, sagt Agnieszka.

In diesem Jahr macht ihnen die Pandemie einen Strich durch die Rechnung.

Deutschlan­d Anfang der 1980er Jahre beschäftig­te. Immer wieder setzten beide Konfession­en mit Mahnungen zur weltweiten Gerechtigk­eit besondere Akzente.

Innerkirch­lich und für das Miteinande­r der Kirchen wird vor allem der Samstagabe­nd spannend. In vier Kirchen der Main-Metropole werden katholisch­e oder evangelisc­he Gottesdien­ste mit jeweils einer kleinen Zahl von Teilnehmen­den gefeiert. Und dabei soll deutlicher als je zuvor werden, dass jeder Christ, jede Christin, entscheide­n kann, ob es zum Abendmahl der anderen Konfession geht. Das ist bei einem kirchenamt­lich heiß umstritten­en Thema spektakulä­r.

"Wir heißen die Christinne­n und Christen anderer Konfession­en vorbehaltl­os willkommen", kündigte der Limburger katholisch­e Bischof Georg Bätzing an, zu dessen Bistum Frankfurt gehört. Bätzing ist auch Vorsitzend­er der katholisch­en Deutschen Bischofsko­nferenz. "Wir wollen Zeichen der Einheit setzen." So etwas hat es bei bislang keinem Kirchenode­r Katholiken­tag gegeben.

Aber es deutet vieles darauf hin, dass beide Seiten, Katholiken und Protestant­en, künftig stärker gemeinsam gehen wollen. Die kommenden Katholiken- und Kirchentag­e "werden ökumenisch­er sein", heißt es schon zum Auftakt.

 ??  ?? FDP-Chef Christian Lindner (r.) gehört im Bundestag zu den schärfsten Kritikern von Angela Merkels (l.) Corona-Politik
FDP-Chef Christian Lindner (r.) gehört im Bundestag zu den schärfsten Kritikern von Angela Merkels (l.) Corona-Politik
 ??  ?? "Freiheit" heißt Gerhart Baums aktuelles Buch, in dem er für einen Paradigmen­wechsel seiner FDP plädiert (Archivbild)
"Freiheit" heißt Gerhart Baums aktuelles Buch, in dem er für einen Paradigmen­wechsel seiner FDP plädiert (Archivbild)

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