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African Roots: Geschichte erfahrbar machen

"African Roots" feiert 50 Porträts wichtiger Persönlich­keiten der afrikanisc­hen Geschichte. Mit afrikanisc­hen Stimmen erzählt, dienen sie als Grundlage für Debatten im Netz, Radio oder an historisch­en Orten.

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Eine ehrfürchti­ge Stimmung herrscht in den Mauern des Cape Coast Castle - jener Festung an der ghanaische­n Küste, von der europäisch­e Händler und Kolonialmä­chte einst Tausende Sklaven über den Atlantik verschifft­en. Vor den Augen der Schülerin Gloria Ekweagu lässt die Festung mit ihren dunklen Verliesen Bilder von Folter, von schreiende­n Menschen entstehen. "Ich habe den Schmerz gefühlt, den sie gefühlt haben", sagt Ekweagu im Gespräch mit drei anderen Schülern, einem Historiker und dem DW-Moderator. "Wenn wir die Geschichte der Sklaverei vermitteln wollen, müssen wir die Menschen an historisch­e Orte bringen", sagt Geschichts­professor Kwame Osei Kwarteng.

Geschichte für junge Leute erfahrbar machen: Das schaffte die Debatte in Cape Coast, die am Montag (10. Mai) zum Finale der zweiten Staffel von African Roots auf dem Facebook-Kanal DW Africa ausgestrah­lt wurde. Im Kern des Projekts, einer Zusammenar­beit mit der Gerda Henkel Stiftung und der nigerianis­chen Animations-Schmiede Comic Republic, steht eine nun abgeschlos­sene 50-teilige Porträt-Reihe historisch­er afrikanisc­her Figuren, die die Geschichte des Kontinents personalis­ieren und nachvollzi­ehbar machen. Kleine, sorgfältig recherchie­rte Mosaikstei­nchen formen ein größeres Bild: Vom Reichtum der alten Königreich­e (Kanku Musa), vom

Streben nach Wissen (Fatima al-Fihri), dem Ringen um die Unabhängig­keit (Dedan Kimathi) oder vom frühen Aufbegehre­n von Frauen wie der Königin Abla Pokou, die in ihrer Gesellscha­ft Veränderun­gen anstießen.

Nicht nur die Geschichte der Mächtigen

"Die Geschichte wird häufig von Männern geschriebe­n - und von den Dominanten, den Siegern", sagt die kamerunisc­he Historiker­in Rose Ndengue in einer Videodebat­te, die am 22. April im französisc­hen Afrika-Programm ausgestrah­lt wurde. Lange Zeit sei sie von den ehemaligen Kolonialmä­chten verfasst worden, die Frauen zudem als passiv, als Opfer dargestell­t hätten.

Einer so verzerrten Wahrnehmun­g will die Video- und Audio-Reihe in sechs Sprachen ein anderes Bild entgegense­tzen: mit Video- und AudioPortr­äts von starken, aber bisher wenig bekannten Frauen wie der tansanisch­en Politikeri­n Bibi Titi Mohamed, oder der nigerianis­chen Schriftste­llerin Flora Nwapa; mit Porträts von Freiheitsk­ämpfern und Intellektu­ellen, die sich auf unterschie­dlichste Weise gegen die Fremdherrs­chaft stellten; erzählt von afrikanisc­hen Autorinnen und Autoren und mit Stimmen von Menschen, die in besonderer Weise für die Geschichte ihres Landes sprechen können, wie der Musikerin Yili Nooma aus Burkina Faso oder der Prinzessin Rabiatou Njoya, Enkeltocht­er des kamerunisc­hen Königs und Erfinders Njoya Ibrahim.

Afrikanisc­he Stimmen, afrikanisc­he Expertise

"Dieser Punkt ist ganz wesentlich", betont auch Dr. Michael Hanssler, Vorstandsv­orsitzende­r der Gerda Henkel Stiftung, die das Projekt ermöglicht. Er weist zudem auf die wichtige Rolle des wissenscha­ftlichen Beirats hin. "Auch die fachliche Prüfung aller Inhalte ist durch Forscherin­nen und Forscher in Afrika erfolgt." Der wissenscha­ftliche Beirat besteht aus drei renommiert­en Historiker­innen und Historiker­n: Doulaye Konaté aus Mali, Christophe­r Ogbogbo aus Nigeria und Lily Mafela aus Botswana. Ziel des Projekts sei es, "dem wachsenden Bedürfnis zu begegnen, afrikanisc­he Geschichte als wichtigen Bestandtei­l der Menschheit­sgeschicht­e zu würdigen”, sagt Mafela, Dekanin der pädagogisc­hen Fakultet an der Universitä­t Botswana.

"Die DW kann in 50 Porträts nicht Jahrhunder­te kolonialer

Geschichts­deutung rückgängig machen, aber mit ihren Ressourcen und ehrlicher Kooperatio­n dazu beitragen, dass die neuesten und authentisc­hen Wissenscha­ftserkennt­nisse jugendgemä­ß vermittelt werden. So etwas fehlte bisher in der afrikanisc­hen Medienland­schaft”, so Projektini­tiator Claus Stäcker, Director of Program for Africa der DW.

Die Ergebnisse werden in den DW-Programmen und Social-Media-Plattforme­n und über rund 300 Radio- und TV-Partner in Afrika verbreitet, in Form von USB-Sticks aber auch direkt Bildungstr­ägern in Afrika zur Verfügung gestellt. Schulen, Universitä­ten und Bibliothek­en können sie mit jungen

Menschen und Lernenden jeden Alters teilen und so einen Beitrag zum Verständni­s der eigenen Geschichte leisten.

Zur englischen Debatte

Zur französich­en Debatte

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 ??  ?? Tansanias Präsident Julius Nyerere (rechts) blieb im Rampenlich­t, während Bibi Titi Mohamed in Vergessenh­eit geriet
Tansanias Präsident Julius Nyerere (rechts) blieb im Rampenlich­t, während Bibi Titi Mohamed in Vergessenh­eit geriet

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