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Kopelew-Preis an belarussische Aktivistinnen verliehen
Die belarussischen Bürgerrechtlerinnen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo erhielten den diesjährigen Lew-Kopelew-Preis für Frieden und Menschenrechte in Köln.
Die Belarussinnen Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo sind am Sonntag in Köln mit dem diesjährigen Lew-Kopelew-Preis in Köln ausgezeichnet worden. Außerdem erfolgte auch die Vergabe der Auszeichnung von 2020, die wegen der CoronaKrise noch nicht stattfinden konnte. Diese geht an die russische Medienorganisation OVDInfo sowie an den russischen Historiker Jurij Dmitriev.
Die Rede bei der OnlinePreisverleihung hielt NordrheinWestfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der als Laudator hervorhob, dass es für die Verwirklichung von Menschenrechten und Demokratie das tatkräftige Engagement von Bürgerinnen und Bürgern brauche. Die Trägerinnen und Träger der Lew-Kopelew-Preise dieses und des vergangenen Jahres hätten in dieser Hinsicht Beeindruckendes geleistet.
"Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo haben mit ihrer Entschlossenheit und ihrem Mut eine demokratische Bewegung ins Rollen gebracht, die ganz Belarus erfasst hat", sagte Laschet in einem vorab aufgezeichneten Beitrag. Via Internet appellierte Tichanowskaja an Europa, seine Rolle als Mediator wahrzunehmen und die Regierung in Belarus an den Verhandlungstisch zurückzuholen.
Das Kopelew Forum selbst erklärte: "Swetlana Tichanowskaja, Maria Kolesnikowa und Veronika Zepkalo setzen sich persönlich wie politisch gemeinsam mit großem Mut für echte Demokratie und gegen die offensichtlich manipulierten Präsidentschaftswahlen in Belarus ein. Sie wurden zu Gesichtern der friedlich und gewaltfrei protestierenden Bevölkerung in Belarus." Obwohl der autokratisch regierende Präsident Alexander Lukaschenko die Proteste gegen die letzten Wahlen mit Brutalität niedergeschlagen habe, bleibe der Widerstand der Frauen "persönlich ungebrochen", hieß es des Weiteren.
Tichanowskaja und Zepkalo mussten vor der staatlichen Verfolgung ins Exil flüchten, Kolesnikowa, die eine Zeit lang als klassische Musikerin in Stuttgart gelehrt und gearbeitet hat, widersetzte sich einer Zwangsabschiebung und sitzt derzeit in einem Gefängnis. Tichanowskaja kämpft als ehemalige Präsidentschaftskandidatin mit den anderen Frauen von ihrem litauischen Exil aus für Demokratie sowie freie und faire Neuwahlen in ihrer Heimat. Ihr Mann sitzt Angaben nach in Belarus in Untersuchungshaft.
Die russische Initiative OVDInfo engagiere sich seit zehn
Jahren für die Aufklärung von willkürlichen Verhaftungen und unterstütze die Betroffenen und ihre Familien mit Auskünften und rechtlichem Beistand, hieß es über den einen der Preisträger von 2020. Die Initiative wurde von dem Journalisten Grigorij Ochotin und dem Programmierer Daniil Beilinson gegründet. Trotz staatlicher Behinderung sammelt die Organisation den Angaben zufolge zuverlässige Informationen über Protestaktionen und stellt sie im Internet zur Verfügung.
Der zweite Preisträger, Historiker und Forscher Jurij Dmitriev, kläre über Stalins Terror auf. "Seine Forschungen sind einflussreichen Kreisen des russischen Staatsapparates unbequem in einer Zeit, in der Stalin und sein Wirken, in einer Art historischer Renaissance als großer Führer, in der Öffentlichkeit zunehmend verharmlost werden."
Dmitriev hat zudem in der russischen Provinz Karelien Erschießungsstätten aus den späten 1930er Jahren, der Zeit von Stalins "großem Terror", ausfindig gemacht. Seit Jahrzehnten habe er in der russischen Provinz Karelien Spuren dieses Terrors und der staatlich organisierten Massenmorde mit mindestens 700.000 Toten allein in der zweiten Hälfte der 30er Jahre gefunden und die Namen der Ermordeten ermitteln können, darunter auch Russlanddeutsche.
Seit über vier Jahren ist Dmitriev in Haft, nachdem er unter dem Vorwurf der Kinderpornografie und Pädophilie sowie auf der Basis offenbar fingierter Vorwürfe verurteilt wurde.
Mit dem undotierten Lew-Kopelew-Preis zeichnet das gleichnamige Forum seit 2001 jährlich Menschen, Projekte oder Organisationen aus, die im Sinne des russischen Germanisten, Schriftstellers und Humanisten Lew Kopelew (1912-1997) tätig sind. Ziel des Lew Kopelew Forums ist es, den Austausch zwischen West- und Osteuropa zu fördern. Bisherige Preisträger sind unter anderen der türkische Journalist Can Dündar, die tschetschenische Menschenrechtlerin Sainap Gaschajewa, der Soziologe Lew Gudkow und Kapitän Peter Reisch von der Seenotrettungsinitiative "Mission Lifeline".
kle/sti/ss (kna, epd)
kein Problem gewesen, die alte deutsche Schrift zu entziffern. "Wenn Sie so wollen, ist das, was ich da gemacht habe, externe Provenienzforschung, die sehr günstig ist." Er mache keine individuellen Vorwürfe - die Stiftung Preußischer Kulturbesitz sei eine "verknöcherte, 140 Jahre alte Traditionsvereinigung", die wenn sie das Wort Provenienzforschung in den Mund nehme, immer so tue, als brauchte man "erst einmal fünf Millionen und 20 Stellen, bevor man mit der Recherche anfangen könne". Unter dem Druck von Historikern und Historikerinnen wie Bénédicte Savoy, die zu Raubkunst aus Afrika forscht, sei Bewegung in die Forschung gekommen. Beispielsweise haben sich deutschen Museen dazu verpflichtet, ab 2022 an Nigeria Kulturgüter, die sich in ihren Sammlungen befinden, zurückzugeben.
Insgesamt verfügt die Berliner Sammlung über 65.000 Exponate aus Ozeanien. Einige Exponate stammen nachweislich aus oben genannten kolonialem Raubzug. "Sie werden mit entsprechenden Texten versehen, um die Geschichten hinter den Objekten sichtbar zu machen", sagt Alexis von Poser auf DW-Anfrage. Desweiteren sei man im Gespräch mit den Herkunftsgesellschaften. Von Papua-Neuguinea, in dem das einstige "Schutzgebiet DeutschNeuguinea" lag, seien bislang keine Rückgabeersuche eingegangen.
Es sei auch kaum vorstellbar, so von Poser, dass alle Stücke zurückgefordert werden würden. "Man darf sich jetzt ethnologische Sammlungen auch nicht vorstellen wie eine Ansammlung von Spi t - z e n s t ü c ke n u n d g r o ß e n , wunderbaren Statussymbolen. Es sind Sammlungen von Alltagskultur." Man werde im Gespräch mit den Gegenüber, mit den Partnerinnen und Partnern aus den Herkunftsregionen schauen, was zurückgewünscht wird und was aber auch als Teil der Erzählung dieser gemeinsamen gewaltvollen Vergangenheit auch hier bleiben soll, um z.B. im Humboldt-Forum diese
Geschichten auch erzählen zu können, so Alexis von Poser
Bei aller Kritik am Humboldt Forum und seiner Exponate aus kolonialem Kontext sieht Götz Aly auch eine Chance: Das Museum könne zu einem internationalen Diskussionsforum werden. Das setze aber voraus, dass Eigentumsansprüche aufgegeben werden müssten: "Wir sind die Treuhänder und wir setzen die andere Seite also, zum Beispiel den Staat Nigeria, rückwirkend als Treugeber ein. Und auf dieser Basis reden wir miteinander."
Auf den Fall des Luf-Boots bezogen wünscht sich der Historiker, dass zwei Doubletten von
Zimmerleuten aus der Herkunftsregion angefertigt werden würden. Eine, um sie in Deutschland auszustellen, und eine zweite, um damit zu experimentieren: "Die (Schiffe) können gegen den Wind kreuzen, die sind ohne einen einzigen Nagel erbaut worden und trotzdem fest und hochseetüchtig." Aber wie man sie navigiere, darüber gebe es keine Aufzeichnungen. Das Luf-Boot in der Berliner Sammlung ist das letzte Schiff dieser Art, das einzige auf der Welt. "Es ist ein Weltkulturerbe und es stellt die europäische Kultur in den Schatten", so Götz Aly. Fest steht auch für ihn, dass es unbedingt erhalten werden muss.