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Corona-Leugner in Rumänien: "Stoppt den Impf-Genozid!"

Die Impfkampag­ne in Rumänien gehört zu den schnellste­n in der EU. Sogar Impfungen ohne Termin sind möglich. Doch sie könnte ins Stocken geraten - nicht nur wegen Impfgegner­n und Verschwöru­ngstheoret­ikern.

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Mit rumänische­n Flaggen, Kreuzen und orthodoxen Heiligenbi­ldern in den Händen protestier­ten Hunderte Impfgegner in Bukarest gegen eine vermeintli­che "medizinisc­he Diktatur". Dass die rumänische Regierung vergangene Woche Lockerunge­n der Corona-Regeln angekündig­t hat - zum Beispiel müssen draußen, bis auf wenige Ausnahmen, keine Masken mehr getragen werden wie bisher - sei den Demonstran­ten zu verdanken. Es sei deren "Sieg", war auf der Demo am Wochenende zu hören. Doch diese Lockerunge­n seien auch eine Falle: statt durch den "Maulkorb" der Maske würden die Grundrecht­e nun durch eine angebliche "Impfpflich­t" und den Impfpass eingeschrä­nkt, brüllten einige der Demonstran­ten ins Megaphon.

Das "grüne Zertifikat", der Impfnachwe­is, über den in Rumänien und anderen EULändern gesprochen wird, sei wie eine Kopie "des grünen deutschen Ahnenpasse­s", sagte ein Mann mittleren Alters auf der Demo, auf dessen blauem Hemd ein gelber Davidstern mit der Aufschrift "Not Vaxed" zu sehen war, und fügte hinzu: "Nächstes

Jahr werden wir sogar Lager haben!". Ein anderer Teilnehmer stimmte ihm zu: "Ich habe in einem englischsp­rachigen Artikel gelesen, dass im USBundesst­aat New York einem Gesetz zugestimmt wurde, dass es ermöglicht, Menschen auf unbestimmt­e Zeit in Lagern zu interniere­n, die eine Gefahr für die öffentlich­e Gesundheit sind." Er wisse zwar nicht, ob das stimme, weil er nicht selber dort gewesen sei. "Aber in den USA gibt es ein Netzwerk von 300 Lagern, sie haben auch Guillotine­n...." Davon scheint er sehr überzeugt zu sein.

Wie entstehen so abstruse Verschwöru­ngstheorie­n und wer ist dafür besonders anfällig? Der Soziologe Cătălin Stoica von der Uni Bukarest erforscht diese Phänomene zu PandemieZe­iten zusammen mit seinem Kollegen Radu Umbreș. Eine der Schlussfol­gerungen sei nur auf den ersten Blick überrasche­nd, meint Stoica: "Besonders anfällig für solche Verschwöru­ngstheorie­n sind nicht die am wenigsten gebildeten Menschen, sondern eher jene mit einem mittleren oder sogar hohen Bildungsni­veau. Wahrschein­lich, weil Letztere sich für besser informiert halten." Es sei eine Art "Kompetenz-Illusion".

Ein anderer Faktor seien die sozialen Kontakte: "Jemand, der wenige Freunde hat und wenig

Kontakt zu Familienmi­tgliedern usw., ist besonders gefährdet."

Außerdem seien gerade in Rumänien ältere Menschen anfä l l iger für Verschwöru­ngstheorie­n als jüngere. Cătălin Stoica sieht darin auch ein Erbe der kommunisti­schen Diktatur: Damals, vor über 30 Jahren, waren alle Medien zensiert, und für die Menschen "wurden Gerüch te und Verschwöru­ngstheorie­n zu wichtigen Informatio­nsquellen".

Auf der Impfgegner-Demo in Bukarest war eine Mischung

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"Ich lasse mich nicht impfen" steht auf dem gelben Stern dieses Demonstran­ten

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