Deutsche Welle (German edition)

Gefahr in Mosambik: Terrorangr­iffe und organisier­tes Verbrechen

Islamistis­che Milizen in Mosambiks Provinz Cabo Delgado verlagern ihre Kämpfe und vernetzen sich in der Region, das organisier­te Verbrechen wächst. Eine Studie untersucht die Auswirkung­en des Konflikts.

-

Die mosambikan­ische Provinz Cabo Delgado wird auch das "vergessene Kap" genannt. Obwohl die Provinz reich an natürliche­n Ressourcen ist, zählt sie zu den ärmsten Provinzen Mosambiks. An dieser Nordspitze des Landes kämpfen seit Jahren islamistis­che Milizen gegen die Regierung. Hunderttau­sende Menschen sind auf der Flucht. Erst Anfang dieser Woche sollen an der Grenze zu Tansania fünf Dörfer komplett niedergebr­annt worden sein, sagte das katholisch­e Denis-HurleyFrie­densinstit­ut der Nachrichte­nagentur KNA.

Die Hanns-Seidel-Stiftung hat nun (24. Februar) gemeinsam mit der "Global Initiative Against Transnatio­nal Crime" untersucht, welche Auswirkung­en der wachsende Terror auf die Region hat. "Wir beobachten bereits, dass einige Elemente von Al-Shabab in andere Provinzen abwandern und dort erneut Anschläge und Gewalt verüben. Das könnte langfristi­ge Folgen für einige Länder in der Region haben", sagte Julian Rademeyer, der führende Autor der Studie und Direktor der Beobachtun­gsstelle für organisier­te Kriminalit­ät für das östliche und südliche Afrika bei der globalen Initiative im DWGespräch.

Der Aufstand halte an, so Rademeyer - trotz der Kämpfe gegen die islamistis­chen Gruppen durch mosambikan­ische und ruandische Truppen sowie militärisc­he Hilfe aus der Entwicklun­gsgemeinsc­haft des südlichen Afrikas (SADC).

Lokaler Konflikt weitet sich aus

Die Miliz Al-Shabab (die Jugend) sorgt bereits seit 2017 mit brutalen Angriffen auf staatliche Institutio­nen und wichtige Handelszen­tren in Cabo Delgado für Unruhe. Sie wird von den Vereinigte­n Staaten inzwischen als internatio­nale Terrororga­nisation gelistet. Laut der Autoren habe sie nichts mit der Dschihadis­ten-Gruppe AlShabaab in Somalia zu tun, sondern sei eigenständ­ig. Es gebe Verbindung­en zu dem mit dem "Islamische­n Staat" verbündete­n Kräften in der Demokratis­chen Republik Kongo, auch seien Kämpfer aus dem benachbart­en Tansania und Südafrika rekrutiert worden, so Rademeyer weiter.

Al-Shabab hat ganze Landesteil­e in der Provinz unter ihre Kontrolle gebracht. Die Ursachen dafür liegen nicht nur in einem religiös-militant geführten Aufstand, sondern auch in schlechter Regierungs­führung und Unterentwi­cklung, heißt es in der Studie. Das Vorherrsch­en des organisier­ten Verbrechen­s habe die politische Ökonomie der Region geprägt und zum Zusammenbr­uch der Regierungs­führung beigetrage­n.

Organisier­tes Verbrechen beherrscht die Region

Durch den Vormarsch der aufständis­chen Gruppe verstärkt sich auch illegaler Handel: "Die Provinz Cabo Delgado ein wichtiger Wirtschaft­skorridor, und das schon seit Hunderten von Jahren. Aber sie ist auch ein wichtig für illegale Handelsstr­öme, für den Drogenhand­el, vor allem für Heroin und Amphetamin­en, die aus Afghanista­n über den Iran in den Norden Mosambiks gelangen."

Rademeyer zählt auf: Menschensc­hmuggel, Exporte von illegal geschlagen­em Holz, Wildtierpr­odukten, Edelsteine­n und Gold passieren Cabo Delgado. Der Nachbar Südafrika ist der größte Verbrauche­rmarkt für Heroin in der Region und außerdem ein wichtiger Transitpun­kt für die Weiterreis­e nach Europa und in die USA. Aus Mosambik kommt auch Kokain, das von den Märkten in Brasilien nach Australien verschoben wird, und zwar durch Containerl­ieferungen an mosambikan­ische Häfen.

Milizen leben von Raub und Erpressung

Aber die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Beteiligun­g von Al-Shabab an den illegalen Wirtschaft­szweigen nach wie vor nur einen kleinen Teil ausmacht. Sie finanziert­en sich eher durch die Unterstütz­ung lokaler Geschäftsl­eute sowie durch Bargeld, Waffen und Güter, die bei Angriffen geraubt wurden. Auch durch Entführung­en und erpresste Lösegelder.

Ende 2021 gab es Behauptung­en, dass Al-Shabab Organe von Opfern von Anschlägen entnimmt und dann internatio­nal mit diesen Organen handelt. "Wir haben keine Beweise gefunden", betont Rademeyer. Wahrschein­lich zeige das, wie sich Desinforma­tionen in der Konfliktzo­ne verbreiten können und als Propaganda­instrument auch von der Regierung genutzt werden.

Die vergessene stärken Zivilbevöl­kerung

Wenn die Regierung eine Chance haben will, einen dauerhafte­n Frieden zu schaffen, müsse sie in die lokale Entwicklun­g investiere­n und die zivile Bevölkerun­g stärken, fordert Rademeyer. Doch die werde momentan vergessen.

"Die Sicherheit­slage in Cabo Delgado ist nach wie vor sehr fragil", so stuft auch Martin Abang Ewi, Mitarbeite­r des Instituts für Sicherheit­sstudien in Südafrika die aktuelle Gefahr ein. Die Angriffe hätten sich fortgesetz­t, aber sie gingen schon auf die Gebiete Niassa und das wirtschaft­liche Zentrum Nampula über. "Die humanitäre Lage verschlech­tert sich, die Regierung ist nicht in der Lage, die Bedürfniss­e der Menschen zu befriedige­n", sagt Ewi im DW-Interview. "Das Welternähr­ungsprogra­mm versorgt als einzige Organisati­on die Binnenflüc­htlinge mit Nahrungsmi­tteln, und ist überforder­t."

Humanitäre Not wächst: Kampf um Wasser

 ?? ?? Zerstörte Gebäude, Angst vor dem nächsten Anschlag: Die Zivilbevöl­kerung in Cabo Delgado leidet
Zerstörte Gebäude, Angst vor dem nächsten Anschlag: Die Zivilbevöl­kerung in Cabo Delgado leidet
 ?? ?? Die Bewohner, die vor der Gewalt fliehen konnten, kommen nur notdürftig unter die humanitäre Not wächst
Die Bewohner, die vor der Gewalt fliehen konnten, kommen nur notdürftig unter die humanitäre Not wächst

Newspapers in German

Newspapers from Germany