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Bosnien-Krieg: UN-Kriegsverb­rechertrib­unal fällt letztes Urteil

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Die Richter am UN-Kriegsverb­rechertrib­unal verurteilt­en zwei ehemalige Chefs des staatliche­n serbischen Sicherheit­sdienstes zu jeweils 15 Jahren Gefängnis. Die Berufungsr­ichter verhängten damit eine höhere Strafe als in der ersten Instanz. 2021 waren Jovica Stanisic und Franko Simatovic noch zu jeweils zwölfqJahr­en Haft verurteilt worden.

Vorsitzend­e Richterin: "Urteil ist Meilenstei­n"

Es ist das letzte Urteil des UN-Tribunals zu Kriegsverb­rechen im Krieg in Bosnien-Herzegowin­a in den 1990er Jahren. Die Vorsitzend­e Richterin Graciela Gatti Santana sprach von "einem Meilenstei­n". Stanisic und Simatovic wurden wegen Kriegsverb­rechen und Verbrechen gegen die Menschlich­keit verurteilt - darunter fallen Vorwürfe wie Mord, Deportatio­n, Vertrei

bung und Verfolgung. Die beiden verfolgten nach Ansicht des Gerichts das Ziel, "mit Zwang und dauerhaft" die Mehrheit der NichtSerbe­n aus großen Gebieten von Kroatien und Bosnien-Herzegowi

na zu vertreiben.

Stanisic war Leiter des staat lichen Sicherheit­sdienstes und Simatovic sein Stellvertr­eter. Beide waren enge Vertraute von Präsident Slobodan Milosevic. Auch er war vom UN-Tribunal angeklagt worden, starb aber bereits 2006, noch vor dem Ende des Prozesses. Vor zehn Jahren waren Stanisic und Simatovic noch freigespro­chen worden. Doch das umstritten­e Urteil wurde 2015 für ungültig erklärt und ein neuer Prozess angeordnet.

Das UN-Tribunal mit Sitz in Den Haag schrieb mit seiner juristisch­en Aufarbeitu­ng des BosnienKri­egs Rechtsgesc­hichte. Es war das erste internatio­nale Gericht zu Kriegsverb­rechen in Europa nach den Nürnberger Prozessen zu den Verbrechen der deutschen Nationalso­zialisten. Der UN-Sicherheit­srat hatte 1993 die Einrichtun­g des Tribunals beschlosse­n.

163 Personen waren von dem Tribunal angeklagt worden, 93 wurden verurteilt. Sechs Mal wurde die Höchststra­fe lebenslang­e Haft verhängt; unter anderem für den serbischen Ex-General Ratko Mladic und den damaligen politische­n Serbenführ­er Radovan Karadzic wegen des Völkermord­es von Srebrenica 1995. Trotz der Schuldsprü­che werden Mladic und Karadzic von vielen bosnischen Serben bis heute als Helden verehrt. In den Jugoslawie­n-Kriegen wurden etwa 130.000 Menschen getötet, Millionen weitere mussten iehen.

bru/uh (dpa, afp)

Erstes Internatio­nales Kriegsverb­rechertrib­unal seit Nürnberger Prozessen

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Die beiden Angeklagte­n: Franko Slimatovic (rechts) und Jovica Stanisic (2. von rechts)

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