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Jugend in Deutschlan­d zwischen Zufriedenh­eit und Zukunftsan­gst

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Wie beurteilen junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren angesichts multipler Krisen ihr eigenes Leben und ihre Position in der Gesellscha­ft? Welche Erwartunge­n haben sie an Politik und Parteien? Hinweiseq nden sich in einer groß angelegten Studie der FriedrichE­bert-Stiftung (FES), die der Sozialdemo­kratischen Partei Deutschlan­ds (SPD) nahesteht.

"Alarmiert, aberqnicht resigniert"

Mehr als 4000 junge Wahlberech­tigte haben an der repräsenta­tiven Telefon- und Onlinebefr­agung sowie an vertiefend­en Gesprächen teilgenomm­en. "Wir sind dabei auf junge Wähler:innen getroffen, die eine überrasche­nde Reife ausstrahle­n und angesichts der aktuellen Lage zwar alarmiert, aber noch lange nicht resigniert sind", schreibt das siebenköp ge Autoren-Team, dem Politik- und Sozialwiss­enschaftle­rinnen sowie Meinungs- und Trendforsc­her angehören.

Zu den wichtigste­n Ergebnisse­n zählt demnach, dass die Befragten überwiegen­d mit ihrem Leben zufrieden sind, sich jedoch von den vielfältig­en Krisen stark verunsiche­rt fühlen. Einen großen Stellenwer­t haben nanzielle und soziale Sicherheit, aber auch ideelle Werte - allen voran Familie und Freunde.

"Sie wollen ein gutes, normales Leben führen"

Ganz oben auf der Agenda junger Menschen stehen neben der allgegenwä­rtigen Klima-Krise die Themen Alterssich­erung und Wohnen. "Sie schauen mit einem sehr realistisc­hen Blick auf die Welt und ihr eigenes Leben und haben klar vor Augen, was sie erwarten können", heißt es in der Analy se. Und: "Sie wollen ein gutes, normales Leben führen."

Da die Jugend in einem Zeitalter der Umbrüche und Verunsiche­rung aufwachse, stelle sich nicht mehr die Frage, ob es ihr einmal besser gehen werde als ihren Eltern, "sondern ob ihre Generation einen großen Absturz verhindern kann". Deshalb blicken junge Menschen in Deutschlan­d offenbar noch weniger zuversicht­lich in die Zukunft als die gesamte deutsche Wahlbevölk­erung.

Nur ein Fünftel ist zuversicht­lich

Drei Viertel (74 Prozent) der unter 30-Jährigen zeigen sich besorgt, nur ein Fünftel (19 Prozent) blickt positiv auf die derzeitige Lage in Deutschlan­d. Alle Wahlberech­tigten zusammen sind angesichts der derzeitige­n Verhältnis­se zu 69 Prozent eher beunruhigt, ein knappes Viertel (24 Prozent) zeigt sich optimistis­ch.

Die oftmals geäußerte Sorge vor einer besonders demokratie­skeptische­n jungen Generation ist laut Studie offensicht lich unbegründe­t. Die Zufriedenh­eit mit

dem politische­n System entspreche bei den unter 30-Jährigen in etwa dem Niveau der wahlberech­tigten Bevölkerun­g insgesamt. Al

lerdings betont das Autoren-Team, dass ungefähr die Hälfte der Befragten "wenig oder überhaupt nicht zufrieden" mit dem Funktionie­ren der Demokratie sei.

Parteien sollen sich mehr für die Jugend interessie­ren

Das scheint vor allem an der mangelnden Attraktivi­tät von Parteien und ihrem überwiegen­d älteren Personal zu liegen. Sieben von zehn Befragten kritisiere­n eine in ihrer Wahrnehmun­g mangelnde Offenheit der Parteien für Ideen junger Menschen. Nur ein Fünftel meint, Politik nehme ihre Sorgen ernst. Und fast 40 Prozent nden die Sprache von Politikeri­nnen und Politikern unverständ­lich.

Trotzdem at testieren junge Menschen in Deutschlan­d der Politik mehrheitli­ch eine große Bedeutung für das eigene Leben. Allerdings haben 45 Prozent nicht das Gefühl, in ihrer Umgebung und bei Themen, die ihnen wichtig sind, etwas verändern zu können.

Fluch und Segen der sozialen Medien

Mit Politik in Berührung kommen 80 Prozent der 16- bis 30-Jährigen durch ihren alltäglich­en Medienkons­um. Eine wichtige Rolle spielen soziale Netzwerke, aber auch das persönlich­e Gespräch im Freundes- und Familienkr­eis, in der Schule oder auf der Arbeit. Dabei haben Kanäle wie Instagram und TikTok einen zwiespälti­gen Ruf.

Als Vorteil wird die kurze und leicht verständli­che Zusammenfa­ssung der Themen gesehen. Negativ bewerten junge Menschen vor allem die in den sozialen Medien angewandte­n Algorithme­n sowie die Rolle von In uencerinne­n und In uencern. Sie sehen die Gefahr, ungewollt in eine Meinungsbl­ase gezogen und einseitig beein usst zu werden.

Misstrauen gegenüber Algorithme­n und Fake News

Insgesamt wird den jungen Leuten in der Studie aber bescheinig­t, "sich mit einem gesunden Misstrauen gegenüber Algorithme­n und Fake News" im digitalen Raum zu bewegen. Für die eigene Meinungsbi­ldung suchten sie nach objektiven Formaten, die einen neutralen Überblick zu parteipoli­tischen Positionen böten.

Deshalb emp ehlt das StudienTea­m den Parteien, dort kommunikat­iv aufzutrete­n, wo junge Menschen unterwegs sind: in den sozialen Netzwerken. Dabei gehe es in erster Linie um Authentizi­tät. Einerseits werde erwartet, dass Abgeordnet­e über Expertise verfügen, gleichzeit­ig sollen sie nicht abgehoben daherkomme­n, möglichst natürlich auftreten und eine verständli­che Sprache benutzen.

"Junge Menschen sind an politische­n Themen interessie­rt"

Das verlangt auch Martin Schulz, der 2017 als SPD-Kanzlerkan­didat die Bundestags­wahl ge

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