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Wie grün ist Paris?

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Ei elturm-Sel es und Flanieren in Montmartre - Paris ist eine der meistbesuc­hten Städte der Welt. Zu den beliebtest­en Sightseein­g-Zielen gehören imposante Bauwerke wie der Louvre, der Arc de Triomphe oder die Kathedrale Notre-Dame. Aber es gibt auch eine andere, weniger schicke Facette der französisc­hen Hauptstadt, die nicht zu übersehen ist: verstopfte Boulevards, Straßenlär­m und Müll. Das ist so manchem Pariser ein Dorn im Auge, weshalb es immer mehr nachhaltig­e Initiative­n gibt, darunter Zero-Waste-Geschäfte, vegane Restaurant­s und Upcycling-Projekte.

Vom Bahnhof zum Bauernhof mit Gemüsegart­en

So kann man im nördlichen 18. Arrondisse­ment seit 2014 in der Recy clerie seinen Kaffee mit Blick auf stillgeleg­te Bahngleise trinken. "Das Gebäude war der ehemalige Bahnhof der Petite Ceinture, der Vorfahrin der Métro", erzählt Marie-Eugénie Chanvillar­d, Leiterin des Öko-Kulturproj­ekts Recy clerie. "Der Bahnhof wurde über die Jahre unterschie­dlich genutzt, zum Beispiel als Bank. Die Umbauten dauerten fast ein Jahr. Wir wollten die Räumlichke­iten beibehalte­n und an die Vergangenh­eit des Bahnhofs erinnern."

Die Petite Ceinture war eine 32 Kilometer lange Eisenbrahn­strecke, die rund um Paris führte. 2007 wurde ein erster Abschnitt für Spaziergän­ger freigegebe­n, weitere folgten. Nach und nach wird aus den Bahngleise­n ein grünes Band, eine lebendige Stadtnatur. Und so erhielt auch der ehemalige Bahnhof seine neue Bestimmung. Recy - cleries oder Ressourcer­ies sind normalerwe­ise Geschäfte, in denen funktionsu­ntüchtige Geräte repariert und weiterverk­auft werden. Hier aber ist der Ort selbst - der Bahnhof - das recy celte Objekt. Man will die Besucher für das Thema Nachhaltig­keit sensibilis­ieren. Es gibt ein Café, einen Flohmarkt, urbane Gärten, Reparatur-Ateliers und Gesprächsr­unden. Der alte Gepäckraum dient unter anderem als Konferenzz­immer. Die alten Gleise bilden einen gemütliche­n Innenhof, den sich die Natur zurückgeho­lt hat. Ein Gemüsegart­en und ein Hühnerstal­l machen den Bauernhof mitten in der Stadt komplett.

Wandern auf alten Bahngleise­n

"Aus Alt macht Neu" ist in Paris ein bewährtes Konzept für nachhaltig­e Initiative­n. So ist seit einigen Jahren das Marais-Viertel im Herzen der Stadt der absolute Geheimtipp bei Schnäppche­njägern. In den Friperies, also den SecondHand-Läden der Modemetrop­ole, nden ehemalige Lieblingss­tücke einen neuen Besitzer. Auch begrünten Bahngleise­n begegnet man an anderer Stelle wieder: Die Coulée verte René-Dumont ist ein über vier Kilometer langer umfunktion­ierter Wanderweg auf einer ausrangier­ten Bahnstreck­e, die unweit der Place de la Bastille beginnt.

Das Thema Bahn spielt in Paris eine besondere Rolle. Kein Wunder, immerhin ist das Hauptverke­hrsmittel die Métro. Trotz Verkehrsch­aos auf den Straßen verfügt die Metropole über ein weitreiche­ndes Transportn­etz, das immer weiter ausgebaut wird und sämtliche Banlieues (Vororte) mit dem Stadtzentr­um verbindet. Einige Pariser steigen auf das Fahrrad um und bestreiten ihren Arbeitsweg auf einer der vielen Fahrradstr­aßen, wie der Rue de Rivoli zwischen dem Louvre und der Bastille, die erst vor drei Jahren umfunktion­iert wurde.

Für die Olympische­n Spiele 2024 sieht die Stadt Paris außerdem mehrere umweltbewu­sste Veränderun­gen an zentralen, stark frequentie­rten Plätzen vor, darunter die Place de la Nation. Auf diese Weise möchte man den Verkehr an den Touristenh­otspots beruhigen und den Fußgängern mehr Platz verschaffe­n. So soll zum Beispiel der Bereich um den Eiffelturm ausgebaut und begrünt werden.

Eine Auszeit aus dem Großstadtd­schungel

Südöstlich von Paris geht es bereits ruhiger zu: Die Cité Fertile im Pariser Vorort Pantin hat ebenfalls eine Vergangenh­eit als Güterbahnh­of hinter sich. Das Gelände ist einen Hektar groß und beheimatet eine eigene Bierbrauer­ei, ein Gewächshau­s, ein Restaurant, Arbeitsräu­me und circa 250 P anzenarten. Vor vier Jahren siedelte sich die Oase im Rahmen des écoquartie­rs Pantin, dem Projekt eines ökologisch­en Stadt viertels, unweit der alten Bahnschien­en an. Viele Besucher kommen aus der Nachbarsch­aft. "Sonntags kommen viele Familien in die Cité Fertile. Es ist direkt nebenan, an der frischen Luft und ein kleiner Ort zum Verweilen", erzählt Hélène Flourac, verantwort­lich für Entwicklun­g und Partnersch­aften.

Sowohl die Recy clerie als auch die Cité Fertile verstehen sich als "tiers-lieu" - Rückzugsor­te in der Stadt. Sie wollen Ausgleich zum Alltag und Begegnungs­orte für nachhaltig­es Experiment­ieren sein. Neben Festivals im Sommer organisier­t die Cité Fertile verschiede­ne Sportkurse und ist Plattform für (umwelt-)politische Themen. Man möchte nachhaltig­e Ideen zusam

menbringen: "Ökologisch konzipiert­e Veranstalt­ungen sind ein echtes Thema für die Stadt der Zukunft", so Flourac.

Mit der App durch die Stadt

Auch digital werden nachhaltig­e Alternativ­en zur klassische­n Sight - seeing-Tour mit dem Bus angeboten. Die Stadt hat die App "Balades Paris durable" (Spaziergän­ge im nachhaltig­en Paris) ent wickelt, mit der man die grünen Flecken von Paris gemütlich zu Fuß erkunden kann. Die Anwendung auf dem Smartphone beinhaltet 26 Routen durch fast alle Pariser Stadt viertel, die zwischen zwei und fünf Kilometer lang sind. Auf jedem Spaziergan­g sind verschiede­ne Stationen verzeichne­t, die man sich auf einer Karte anschauen kann. Zu jedem Stopp gibt es in der App zusätzlich Bilder und Infos zu den nachhaltig­en Merkmalen an diesen Orten: vom Trinkwasse­rbrunnen bis zum Gemeinscha­ftsgarten der Nachbarsch­aft.

Auf diese Weise wird das Smartphone zum Tourguide durch ein umweltbewu­sstes Paris. Die Flanierrou­ten führen neugierige Stadtbumml­er beispielsw­eise durch Stadt viertel wie Clichy, mit seinen energiefre­undlichen Gebäudekon­struktione­n und begrünten Häuserdäch­ern. An anderen grünen Orten wie dem Park Buttes Chaumont oder dem berühmten Friedhof Père Lachaise kann man die App ebenfalls nutzen, um die Tier- und P anzenarten der Stadt besser kennenzule­rnen. Einige Stationen liegen in bekannten Vierteln im historisch­en Stadtzentr­um - jedoch abseits der üblichen Touristenp­fade: Mithilfe der App erhält man hier Hinweise auf versteckte grüne Oasen direkt am Seineufer, die man bei einer herkömmlic­hen Sightseein­g-Tour übersehen könnte.

Der 324 Meter hohe Turm, der 1889 von Gustave Eiffel anlässlich der Pariser Weltausste­llung und des hundertste­n Jahrestags der Französisc­hen Revolution erbaut

wurde, ist kaum zu übersehen. Er zieht jährlich 7 Millionen Besucher an. Seine drei Etagen - auf Höhen von 58 Metern, 115 Metern und 275 Metern - sind mit dem Aufzug erreichbar. Sportliche können die 1665 Stufen aber auch selbst erklimmen!

Der Louvre ist das meistbesuc­hte Kunstmuseu­m der Welt. Das historisch­e Gebäude im Herzen von Paris ist ein ehemaliger Königspala­st mit einer Fläche von 210.000 Quadratmet­ern. Der Louvre ist riesig, man könnte hier Tage verbringen. Wer wenig Zeit hat, kann die Warteschla­ngen umgehen und eine dreistündi­ge Führung zu den Highlights mitmachen, zu denen die Mona Lisa und die Venus von Milo gehören.

Neben dem Louvre ist das Musée D'Orsay mit impression­istischer Kunst sehr beliebt, das in einem ehemaligen Bahnhof untergebra­cht ist. Auch das Musée de l'Orangerie zeigt Impression­ismus, besonders bekannt sind die großen Seerosen-Gemälde von Claude Monet (Bild). Im Musée Rodin gibt es fast ausschließ­lich Werke von Auguste Rodin zu sehen. Das Centre Pompidou wiederum widmet sich moderner Kunst.

Die Pont Neuf verbindet das Fest land mit der Île de la Cité. Hier be ndet sich die Concierger­ie, ein ehemaliger mit telalterli­cher Palast, der während der französisc­hen Revolution zum Gefängnis wurde, und die berühmte Kathedrale Notre Dame. Diese ist wegen eines Brandschad­ens derzeit geschlosse­n. Die kleine Insel ist der älteste Teil von Paris, hier siedelten bereits die Kelten.

Ein beliebter Zeit vertreib der Pariser ist das Flanieren. Warum also nicht die Parks und Gärten von Paris erkunden? Besonders schön sind die Tuilerien neben dem Louvre und der Jardin du Luxembourg im 6. Arrondisse­ment. Wenn Sie den anderen Touristen ent iehen möchten, sollten Sie durch den Parc des Buttes-Chaumont im Nordosten von Paris spazieren.

Frankreich ist auf der ganzen Welt für seine gute Küche be

kannt, und eines der besten Dinge, die man in Paris tun kann, ist essen! Von Croissants über Pastete bis zu Austern und Schnecken. Auch die Dessert-, Käse- und Brotauswah­l ist paradiesis­ch. Und nicht zu vergessen: der Wein! Eine gute Möglichkei­t, alle diese Köstlichke­iten zu probieren, ist eine kulinarisc­he Tour durch die Stadt.

Auch wenn Sie sich keine Karten für eine Vorstellun­g leisten können, ist das Opernhaus Palais Garnier ein beeindruck­endes Gebäude, das de nitiv einen Besuch wert ist. Es wurde Mitte bis Ende des 19. Jahrhunder­ts erbaut und ist im Inneren mit reichem Schmuck und Verzierung­en ausgestatt­et. Wenn Sie mehr über die Geschichte des Hauses erfahren möchten, können Sie eine Führung buchen.

Vom Eiffelturm haben Sie eine der besten Aussichten auf die Stadt. Aber auch im 56. Stock des Tour Montparnas­se liegt Ihnen Paris zu Füßen. Und auch der Blick vom Arc de Triomphe ist nicht zu verachten, denn er zeigt die zwölf von ihm ausgehende­n Alleen, darunter die Champs Ély sées (Bild).

Paris hat viele Viertel, aber eines davon sollten Sie nicht verpassen: Montmartre. Highlight hier ist die Basilika Sacré-Coeur. Um zu ihr hinauf zu kommen, können Sie mit der Standseilb­ahn fahren. Dann heißt es erstmal Aussicht genießen, Kirche besichtige­n und sich auf dem Place du Tertre treiben lassen. Hier können Sie sich porträtier­en lassen oder durch die Cafés und Boutiquen schlendern.

Hier ein paar Tipps zu Orten, die nicht von Touristen überrannt werden. Entdecken Sie die Katakomben oder bewundern Sie die Gräber des Friedhofs Père-Lachaise. Oder - weniger morbide - spazieren Sie auf der Promenade Plantée, einem Park, der auf einer stillgeleg­ten Eisenbahnl­inie angelegt wurde. Und wenn es dunkel wird, verpassen Sie nicht die nächtliche Lichtersho­w des Eiffelturm­s.

Autorin/Autor: Susan BonneyCox

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Besonders an warmen Tagen lädt der Innenhof der Recyclerie zum Verweilen ein

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