Deutsche Welle (German edition)
Hoeneß und Rummenigge - die wahren Bayern-Chefs
Der FC Bayern dreht das Rad zurück. Die langjährigen Vereinsgranden Uli Hoeneß und KarlHeinz Rummenigge übernehmen in turbulenten Zeiten auch formal wieder das Ruder beim frischgebackenen deutschen Fußballmeister. Während der ehemalige Weltmeisterspieler, Klubmanager, Vereinspräsident und Aufsichtsratsvorsitzende Hoeneß ohnehin noch als ordentliches Mitglied des Aufsichtsrats aktiv war, hat das Gremium drei Tage nach dem Bundesliga nale die Erweiterung um Ex-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge beschlossen.
"Seine Erfahrung, seine Fachkompetenz und sein internationales Netzwerk werden uns enorm helfen, damit der FC Bay ern auch in Zukunft weiter erfolgreich ist", wurde der Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Hainer in einer Vereinsmitteilung zitiert. Die Ent scheidung wird man dann der Gesellschafterversammlung vorlegen, deren Plazet gilt als gesichert.
Rummenigge hatte den Stab nach knapp 20 Jahren im Amt Ende 2021 an Oliver Kahn weitergegeben. Seitdem kriselte es sportlich beim FC Bay ern auf hohem Ni
veau. Darüber konnten auch die beiden gewonnenen Meistertitel nicht hinwegtäuschen.
Mit dem letzten Spieltag wurde die
Trennung von Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic be
kannt, die von Salihamidzic soll dem Vernehmen nach reibungslos verlaufen sein, Kahn dagegen habe, so heißt es, "sehr emotional" reagiert. Ihm wurde vom Verein die Mitreise zum Spiel in Köln und die Teilnahme an der Meisterfeier untersagt. "Es war kein angenehmes Gespräch", erklärte Hoeneß, bis vor dreieinhalb Jahren Bay ernPräsident, im "Kicker". Kahn habe sich auf den bisherigen Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen eingeschossen. Dreesen hatte kürzlich schon seinen geplanten Abschied vom Verein bekanntgegeben, den er nun rückgängig machte.
Neuer Sportvorstand spätestens bis Weihnachten
Doch ausgerechnet Kahns Widersacher Dreesen soll nun das entstandene Machtvakuum als neuer CEO füllen. Er warb gleich an seinem ersten Wochenende im Amt für ein "Füreinander" und "Miteinander". Den Posten des Sportvorstandes will Hoeneß spätestens bis Weihnachten neu besetzen.
Um die Kandidatensuche wird er sich zusammen mit Vereinspräsident Herbert Hainer, Dreesen und Rummenigge kümmern. Bis dahin könnte auch Trainer Thomas Tuchel stärker mit in die sport lichen Planungen einbezogen werden.
Rekordnationalspieler Lothar Matthäus begrüßt die Einberufung von Karl-Heinz Rummenigge in den Aufsichtsrat: "Seit zwei Jahren erkläre ich regelmäßig, dass Kalle dem Klub mehr fehlt als jeder andere", schrieb die Vereinslegende in ihrer Sky-Kolumne. "Uli Hoeneß hat den Verein erschaffen, aber Kalle hat ihn repräsentiert wie kein Zweiter."
Hoeneß: Kahn-Verp ichtung war ein Fehler
Im Kicker hat Hoeneß, zu dessen Vertrauten auch Hainer und Dreesen zählen, die Kahn-Entlassung begründet: Er habe die Erwartungen als CEO nie erfüllt, "die große Enttäuschung liegt darin, dass ich gedacht habe, er könnte das Amt qua seiner Persönlichkeit allein ausfüllen, doch er hat sich statt - dessen mit seinen Beratern umgeben." Diese hätten für "die katastrophal schlechte Stimmung" im Klub gesorgt. Auch bei drei Titeln wäre die Entscheidung nicht anders ausgefallen. Im Nachhinein sei es ein Fehler gewesen, Kahn das Amt des Vorstandsvorsitzenden zu überlassen.
In der aktuell turbulenten Lage zeigt sich, welche Rolle Hoeneß und Rummenigge immer noch beim FC Bay ern spielen, obwohl sie sich ja aus dem operativen Geschäft zurückgezogen hatten. Präsident Hainer betonte, welchen Fußball-Sachverstand Rummenigge habe, "den wollen wir auch wieder stärker nutzen". Deswegen habe er "mit dem Karl-Heinz auch in den letzten Tagen intensiv gesprochen". Die Berufung in den Aufsichtsrat ist da nur die logische Konsequenz. Das Zentrum der Macht aber liegt weiter am Tegernsee, dem Wohnsitz des inzwischen 71-jährigen Uli Hoeneß, der offenbar immer noch die großen Personalentscheidungen quasi im Alleingang tri t.
Weil sein Knie kaputt ist, muss der Weltmeister von 1974 seine Karriere als Spieler 1979 im Alter von nur 27 Jahren beenden. Bay - ern-Präsident Willi Ho mann macht Uli Hoeneß zum jüngsten Vereinsmanager der BundesligaGeschichte. Eigentlich wollten die Verantwortlichen des deutschen Fußball-Rekordmeisters Rudi Assauer nach München holen, doch der sagte ab.
Noch als Spieler beweist Hoeneß sein Managertalent. 1978 vermittelt er den Bay ern einen Sponsorenvertrag mit einem Unternehmen aus seiner Heimatstadt Ulm. Einziger Verwendungszweck für das Geld: die Rückkehr seines Spezis Paul Breit ner (r.) von Eintracht Braunschweig an die Isar. Mit Breit ner teilte sich Hoeneß in seinen Anfangstagen in München eine WG.
Verbindlichkeiten in Höhe von sieben Millionen D-Mark drücken den deutschen Fußballrekordmeister, als Hoeneß seinen Job als Klubmanager antritt. "Das Wichtigste war, den FC Bay ern schuldenfrei zu machen", erinnert sich Hoeneß. "Da habe ich den KarlHeinz Rummenigge verkauft." Elf Millionen Mark spült der Transfer in die Kasse - und der Verein ist auf einen Schlag schuldenfrei.
Hier stoßen sie noch mit Bier an, doch wenig später iegen die Fetzen zwischen Hoeneß (l.) und Willi Lemke (r.). Der Manager des SV Werder Bremen - Mitte der 1980er-Jahre zweimal Vizemeister, einmal Meister - stichelt gegen die Bayern und gegen Hoeneß, dem er eine "Arroganz, die nicht zu überbieten ist" vorwirft. Hoeneß nennt Lemke einen "Volksverhetzer", durch den er "hassen gelernt" habe.
Legendär ist auch der Streit zwischen Hoeneß (r.) und dem Kölner Trainer Christoph Daum (2.v.l.) 1989 im "Aktuellen Sportstudio" des ZDF. "Du überschätzt dich maßlos. Du musst mal nach oben schauen. Das ist ein Ball, kein Heiligenschein", sagt Hoeneß mit Blick auf die Studiodekoration. "Um dein Maß an Überschätzung zu erreichen, muss ich hundert Jahre alt werden", kontert Daum.
"Die vorzeitige Trennung von Heynckes 1991 war mein schwerster Fehler", sagt Hoeneß später. "Ich bin sicher, dass er uns noch weit gebracht hätte." Hoeneß macht seinen Fehler später wieder gut. Dreimal holt er Heynckes, mit dem ihn eine lange Freundschaft verbindet, später noch als Trainer nach München. Mit großem Erfolg ...
... Unter Trainer Heynckes gewinnen die Bay ern 2013 das Triple aus deutscher Meisterschaft, DFBPokal und Champions League. Als sich Hoeneß mit den Trophäen des erfolgreichen Jahres (links von ihm auch noch der UEFA-Supercup) präsentiert, liegt der Wechsel vom Managerposten auf den Präsidentenstuhl des FC Bay ern bereits vier Jahre zurück (2009).
Auch dafür steht Uli Hoeneß: Er hilft, wo er kann. Vereine wie der FC St. Pauli und sogar Liga-Konkurrent Borussia Dortmund pro - tieren von seiner Großzügigkeit. Auch ehemalige Teamgefährten wie der ehemalige alkoholkranke Gerd Müller und Spieler wie Sebastian Deisler (Burnout-Syndrom) oder Dietmar Hamann (Alkohol