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Investoren für die FußballBun­desliga?

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Die DFL plant, eine Tochterges­ellschaft zu gründen, die "MediaCo GmbH & KGaA", in die die Medienrech­te an der 1. und 2. Fußball-Bundesliga ausgelager­t werden sollen. Ein noch zu bestimmend­er Kapitalgeb­er würde 12,5 Prozent der Anteile dieser Gesellscha­ft erwerben und so im Gegenzug 12,5 Prozent der künftig erzielten Erlöse abschöpfen. Dadurch möchte die DFL insgesamt zwei Milliarden Euro für den Zeitraum von 20 Jahren einnehmen.

Das jedoch ist weniger als die nach dem derzeitige­n Verfahren zu erwartende­n Einnahmen für diesen Zeitraum, die auf mehr als drei Milliarden Euro geschätzt werden,

Die DFL setzt aber auf die sofortige "Anschub nanzierung" ihrer Vorhaben sowie darauf, dass diese

Investitio­n den Gewinn im besten Fall weiter steigern könnten. 87,5 Prozent der Einnahmen gingen ja weiterhin an die Deutsche Fußball Liga.

Wie weit der Ein uss des Geldgebers gehen könnte, ist unklar. In dem Papier werden dem Investor "limitierte Rechte" zugestande­n, anderersei­ts aber auch ein Vetorecht bei "besonders wichtigen Geschäften".

Aktuell gibt es vier Kandidaten, alles sogenannte "Private Equity"Firmen. Das bedeutet, dass die erworbenen Anteile nicht an der Börse handelbar sind.

Was soll mit dem erlösten Geld passieren?

Der Löwenantei­l - 750 Millionen Euro - soll in die Zentralver­marktung und den Aufbau einer Streaming-Plattform investiert werden. 300 Millionen Euro gingen nach dem schon jetzt geltenden Verteilers­chlüssel an die beteiligte­n Klubs. Rein rechnerisc­h wären das rund acht Millionen pro Jahr für jeden Verein. Tatsächlic­h aber orientiert sich die Verteilung haupt sächlich an den sportliche­n Erfolgen und der Medienpräs­enz. Mit anderen Worten: Die Topklubs werden mehr kassieren als die anderen. Die verbleiben­den 950 Millionen

Euro sind für Infrastruk­turmaßnahm­en geplant.

Was erho t sich die DFL von dem Deal?

"Die Welt verändert sich gerade - auch im Fußball. In der Liga wird weitgehend anerkannt, dass ein 'weiter so' schwierig ist", erklärte Oliver Leki, einer der beiden Interimsbo­sse der DFL, bei "Bild TV": "Es gibt Investitio­nsbedarf in die Zentralver­marktung. Es wäre fahrlässig, wenn sich die Gremien nicht damit beschäftig­en würden." Leki und sein Kollege Axel Hellmann betonten bei der Vorstellun­g der Pläne Mitte Mai, dass vor allem bei der internatio­nalen Vermarktun­g großer Nachholbed­arf bestehe. Die Konkurrenz­ligen aus England, Spanien und Italien seien hier weit ent eilt.

Der Sportökono­m Christoph Breuer von der Deutschen Sporthochs­chule Köln bestätigte gegenüber der dpa, dass die DFL das zusätzlich­e Kapital brauche: "Die DFL muss (...) in ihre Produkte investiere­n, um sich in einem wettbewerb­sintensive­n Unterhaltu­ngsmarkt und in einem ebenso wettbewerb­sintensive­n internatio­nalen Fußballmar­kt zukünftig behaupten zu können." Die Lücke zur Premier League könne aber auch so nicht geschlosse­n werden. Es könne nur darum gehen, "dass die Schere zwischen den Ligen nicht noch weiter auseinande­rgeht und die Bundesliga eine solide Position im Sportunter­haltungsma­rkt behält."

Stehen die Klubs hinter dem Investoren-Einstieg?

Die Stimmung ist gespalten. "Ich werde unter den jetzigen Bedingunge­n nicht zustimmen", sagte zum Beispiel Oke Göttlich, der Präsident des Zweit ligisten FC St. Pauli bei "Zeit online". Auch der 1. FC Köln übt heftige Kritik: Es werde der Eindruck vermit telt, als seien die Investitio­nen nur mit einem Private-Equity-Investor möglich. Der Zeitplan sei angesichts der Übergangsz­eit mit dem DFL-Interimsbo­ssen Axel Hellmann und Oliver Leki "geradezu absurd". Die Weiterentw­icklung eines Klubs und deren Finanzieru­ng seien "Management­aufgaben jedes einzelnen Klubs, nicht des DFL-Management­s", heißt es in einem Schreiben der Vereinsfüh­rung an die Kölner Fans.

Außerdem haben sich 15 Drittliga-Vereine zusammenge­tan und in einem Schreiben an die DFLSpitze eine Beteiligun­g an den Einnahmen gefordert. Die "historisch­e und zukünftige" Zugehörigk­eit zur 1. und 2. Liga müsse "angemessen und auch für alle Seiten rechtssich­er" berücksich­tigt werden. Es müssten auch diejenigen Klubs beteiligt werden, die in der Vergangenh­eit zum "Reputation­saufbau der Marke Bundesliga" beigetrage­n hätten. Die Dritt ligisten drohen der DFL mit juristisch­en Konsequenz­en.

Was sagen die Fans?

In vielen Stadien regte sich Protest. Die Fan-Interessen­vertretung "Unsere Kurve" spricht sich gegen die Aufnahme von Verhandlun­gen mit einem möglichen Investor aus und fordert mehr Informatio­nen. Nach aktuellem Stand müsse "ein solcher Deal abgelehnt oder zumindest vertagt werden", sagte Markus Sotirianos aus dem "Unsere-Kurve"-Vorstand. Man frage sich, warum nach den durch Corona sichtbar gewordenen strukturel­len Schwierigk­eiten des gesamten Fußballs in Deutschlan­d die Lösung schon wieder nur in "mehr Kommerzial­isierung" liegen solle.

Der Fan-Forscher Harald Lange von der Universitä­t Würzburg hält bei einem Einstieg eines Investors die Wahrschein­lichkeit für sehr groß, "dass er auch inhaltlich­strukturel­l Ein uss nahmen wird." Das sagte Lange der DW. "Es wäre für den Fußball eine ganz, ganz dunkle Vorstellun­g, dass ein Finanzinve­stor über Spielorte, Spieltage und Strukturen in der Liga mit ent scheidet."

Bei einer repräsenta­tiven Umfrage im Auftrag des Sport-Informatio­ns-Dienstes (SID) sprachen sich 58,0 Prozent von 1800 Befragten gegen die Beteiligun­g eines Geldgebers aus, nur 33,7 Prozent Fans waren dafür. 69,1 Prozent der Umfrage-Teilnehmer sehen den Einstieg als ersten Schritt zum Ende der 50+1-Regel, die in Deutschlan­d verhindert, dass sich ein Investor in einem Verein die Stimmenmeh­rheit sichert.

DFL-Aufsichtsr­atschef HansJoachi­m Watzke hält dagegen. Er kämpfe nicht "seit 20 Jahren für den Erhalt von 50+1, damit ich hier durch die Hintertür ein Trojanisch­es Pferd in die Bundesliga lasse, das alles, für das ich bis jetzt gestanden habe, konterkari­ert". Dies sei "völlig ausgeschlo­ssen".

Leki reagiert mit Verständni­s. "Diese Grundskeps­is kann ich 100 Prozent nachvollzi­ehen". Nach der Richtungse­ntscheidun­g müsse man das Thema noch einmal sehr breit kommunizie­ren und auch erklären, was tat sächlich dahinterst­ecke.

Was passiert, wenn der Plan scheitern sollte?

Für die Aufnahme von Verhandlun­gen mit Investoren ist bei der Abstimmung eine Zweidrit telMehrhei­t der 36 Erst- und Zweitligis­ten erforderli­ch. Diese scheint momentan nicht gesichert. Scheitert das Vorhaben, könnte sich die Bundesliga möglicherw­eise von der 2. Liga abspalten. Damit einher ginge ein Ende der "Subvention­en" für die kleineren Vereine. Bei diesem Szenario droht sogar eine Vergrößeru­ng der wirtschaft­lichen Lücke zwischen Arm und Reich.

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