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Brasiliens Parlament bremst Lulas Indigenen-Politik aus

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In Brasilien muss der seit Januar regierende Präsident Luiz Inácio Lula da Silva einen Rückschlag hinnehmen. Das Unterhaus verabschie­dete einen Gesetzentw­urf, durch den die Kompetenze­n der Ministerie­n für Umwelt und indigene Angelegenh­eiten verringert werden. Für den Entwurf stimmten 337 Abgeordnet­e, 125 lehnten ihn ab. Er muss nun noch an den Senat, die zweite Parlaments­kammer in Brasilia, weitergele­itet werden.

Indigenen-Ressort verliert Zuständigk­eit für Besitzrech­te an Ländereien

Durch das Gesetz werden dem Ministeriu­m für indigene Angelegenh­eiten die Zuständigk­eiten für Entscheidu­ngen über Besitzrech­te an Ländereien entzogen. Zudem wird das Register ländlicher Flächen vom Umwelt- auf das Landwirtsc­haftsminis­terium übertragen. Das Register ist ein wichtiges

Steuerungs­instrument zur Verhinderu­ng der Abholzung im Amazonas-Gebiet. Der linksgeric­htete Lula hatte das Ministeriu­m für die indigene Bevölkerun­g bei seiner Rückkehr ins Amt in diesem Jahr geschaffen. Die ihm zugeteilte­n Befugnisse waren jedoch nur vorläu g und bedurften noch der Zustimmung des Parlaments.

Die Abstimmung war die zweite Niederlage für Lula innerhalb von 24 Stunden. Am Dienstag hatten die Abgeordnet­en bereits ein Gesetz verabschie­det, das die Ausweitung und Zuteilung von Schutzgebi­eten für die Urvölker erschwert. Es sieht vor, dass nur Land als Schutzgebi­et anerkannt werden darf, das zum Zeitpunkt der Verkündung der aktuellen Verfassung im Jahr 1988 von Indigenen bewohnt wurde.

800.000 Indigene in Brasilien

Erst im April hat te Lula sechs neue indigene Gebiete ausgezeich­net und den Ureinwohne­rn die ausschließ­liche Nutzung der natürliche­n Ressourcen darauf garantiert. Experten sehen die Schutzgebi­ete als Bollwerk gegen die Abholzung des Amazonas-Regenwalds - eine der größten Herausford­erungen im Kampf gegen den Klimawande­l.

Der letzten Volkszählu­ng aus dem Jahr 2010 zufolge leben rund 800.000 Indigene in Brasilien, die meisten von ihnen in Reservaten, die 13,75 Prozent der Landes äche ausmachen. Unter der Regierung des rechtsradi­kalen Präsidente­n Jair Bolsonaro war die Zuteilung von Land an Indigene ins Stocken geraten. Unter seiner Präsidents­chaft nahm auch die Entwaldung stark zu.

Lula hatte bei seinem Amtsantrit­t im Dezember eine Abkehr von der Politik seines Vorgängers versproche­n und erklärt, sich energisch für den Schutz der Indigenen und des Amazonaswa­ldes einzusetze­n. Seine ehrgeizige Pläne drohen jedoch an der politische­n Realität zu scheitern: Trotz der Verteilung einiger Ministerie­n und anderer hoher Regierungs­posten an Mitte-Rechts-Parteien kann er nicht für alle seine Vorhaben Parlaments­mehrheiten sichern.

sti/jj (afp, rtr, epd)

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Indigene Feuerwehrf­rauen bei der Bekämpfung von Waldbrände­n im Mai in der brasiliani­schen Amazonas-Region

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