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Batteriere­cycling fürmehr Unabhängig­keit von China

- Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert

Ein Glasgefäß, gefüllt mit feinkörnig­em schwarzem Pulver, das an den Wänden des Gefäßes entlanggle­itet und im Licht der Fabrik leuchtet, wenn ich das Gefäß in der Hand drehe.

Auf dem Etikett der Dose steht Blackmass, auf deutsch: schwarze Masse. Das klingt irgendwie cool und ein bisschen geheimnisv­oll. Das Pulver enthält wertvolle Batterieme­talle wie Lithium, Nickel und Kobalt, die aus geschredde­rten Elektrofah­rzeugbatte­rien gewonnen werden. Die schwarze Masse könnte der Schlüssel für die Anstrengun­gen der EU im Bereich der Elektrofah­rzeuge sein und ihr helfen, China, den Weltmarktf­ührer bei Herstellun­g und

dem Recycling von Elektrofah­rzeugbatte­rien, einzuholen.

Ich bin in einer vom Unternehme­n Duesenfeld betriebene­n Recyclinga­nlage für Elektroaut­os im norddeutsc­hen Wendeburg, vor den Toren Hannovers. Wendeburg ist eine ruhige Stadt mit vielen typisch deutschen Fachwerkhä­usern mit Vorgärten, umgeben von Wäldern und Feldern.

In dieser kleinen deutschen Stadt erforscht Duesenfeld, wie man das Recycling von Elektroaut­o-Batterien rentabel machen kann.

Recycling - das Bergwerk von morgen

Die Europäisch­e Union, die im Kampf gegen den Klimawande­l stark auf Elektrofah­rzeuge setzt, plant für das nächste Jahrzehnt den Bau Dutzender riesiger Batteriefa­briken, sogenannte­r Gigafabrik­en. Allerdings ist die EU bei den wichtigste­n Rohstoffen, die für die Herstellun­g von Batterien gebraucht werden, fast vollständi­g von Importen abhängig. Das macht sie extrem anfällig für Schocks in den Lieferkett­en. Recycling könnte der EU nicht nur helfen, ihre Abhängigke­it von importiert­en Materialie­n zu verringern, sondern auch die Batterien umweltfreu­ndlicher zu machen. Die EU legt sogar verbindlic­he Mindestmen­gen an recycelten Metallen für neue E-Auto-Batterien fest.

Viele Unternehme­n in Europa, darunter Automobilh­ersteller wie Volkswagen und Mercedes-Benz sowie der schwedisch­e Batteriehe­rsteller Northvolt, investiere­n in das Batteriere­cycling, um es wirtschaft­lich rentabel zu machen.

Mercedes-Benz baut derzeit eine Pilotanlag­e für das Recycling von Elektroaut­o-Batterien in Kuppenheim im Südwesten Deutschlan­ds, die Mitte 2024 in Betrieb gehen soll.

Jörg Burzer, Vorstand bei der Mercedes-Benz Group, sieht den Recyclingp­rozess als "Mine von morgen". "Die Ressourcen verfügbar zu haben, einen nachhaltig­en Prozess zu haben - das ist alles eine strategisc­he Komponente für uns", sagt er im Gespräch mit der DW.

Der Haken daran ist, dass das Verfahren für viele Unternehme­n noch zu teuer ist. Und auch Burzer kann nicht sagen, wann genau sich ihr Recyclingv­erfahren für das Unternehme­m auszahlen wird.

Reststrom für den Betrieb der Fabrik

Duesenfeld meint dagegen, dass sein Recyclingv­erfahren schon jetzt rentabel ist. Julius Schumacher, der Leiter des Anlagenbau­s bei Duesenfeld, demonstrie­rt, wie das geht.

Ein Angestellt­er in einem schwarzen Overall steht in der Mitte von blauen und roten Kabeln. Der Entladeber­eich ist durch gelbes und schwarzes Absperrban­d abgetrennt. E-Auto-Batterien sind aufgrund ihrer hohen Energiedic­hte gefährlich. Der Arbeiter schließt ein Kabel nach dem anderen an, um die aktenkoffe­rgroßen Batterien tiefenzuen­tla

den.

"Dieser Reststrom deckt etwa die Hälfte der Energiekos­ten der Fabrik", so Schumacher, ein großer Vorteil angesichts der hohen Kosten für die Demontage der Batterien. Ein anderer Mitarbeite­r schiebt die entladenen Batterien auf ein Fließband, das zu einem Schredder führt. Das Schreddern ist normalerwe­ise der schwierigs­te Teil. Elektroaut­o-Batterien sind leicht ent ammbar und daher schwer zu recyceln.

Die meisten Recycler verwenden eine von zwei möglichen Methoden: Entweder werden die Materialie­n durch eine thermische Behandlung getrennt, was energieint­ensiv ist. Oder die Batterien werden etwa im Vakuum oder in üssigem Sticksto zerkleiner­t, wobei giftige Gase entstehen können. Beide Methoden haben ihre Schattense­iten.

Duesenfeld glaubt an seine Lösung

Duesenfeld verwendet letztere: Schreddern in einer Sticksto atmosphäre, um zu verhindern, dass sich die Batterien entzünden.

Anschließe­nd werden die Batterien bei niedrigen Temperatur­en in einem Vakuum getrocknet. Das ist im Wesentlich­en derselbe Effekt wie im Hochgebirg­e: Wasser kocht schon bei einer Temperatur unter 100 Grad Celsius, wenn der Außendruck geringer ist.

Der Elektrolyt der Batterien, der in der Batterie als Leiter fungiert, verdampft und wird zurückgeha­lten. Schumacher zeigt auf ein Glasrohr, durch das eine transparen­te Flüssigkei­t, der recycelte Elektrolyt, ießt.

Bei dieser Methode können jedoch immer noch giftige Gase entstehen. Worin besteht also der Unterschie­d?

Schumacher sagt, Duesenfeld schreddert die Batterien unter extrem niedrigen Temperatur­en, "und wir tiefenentl­aden die Batterien, bevor wir sie schreddern. Aufgrund der Kombinatio­n dieser beiden Elemente können keine giftigen Gase entstehen."

Der Recyclingp­rozess des Unternehme­ns sei kohlensto neutral, sagt er, und spricht lauter, um die Maschinen zu übertönen: "Die Reduzierun­g der CO2-Emissionen bedeutet auch eine Reduzierun­g der Produktion­skosten."

Duesenfeld wurde mit dem Deutschen Nachhaltig­keitspreis 2024 ausgezeich­net, mit dem Pioniere der Nachhaltig­keit in der deutschen Wirtschaft geehrt werden.

Lithium - das "weiße Gold"

Vor uns steht ein großes, bewegliche­s Sieb von der Größe eines Esstisches, das die verschiede­nen Materialie­n von den geschredde­rten Batterien trennt: Kupfer, Aluminium, Plastik und die wertvolle schwarze Masse, die die wertvollen Batterieme­talle enthält. Die schwarze Masse wird dann einem chemischen Prozess unterzogen, der Hydrometal­lurgie, um Lithium, Nickel, Mangan und Kobalt zu trennen.

Schumacher überreicht mir ein kleines Glasgefäß, das mit etwas gefüllt ist, das an Puderzucke­r erinnert. Es ist recyceltes Lithium, ein wertvolles Metall, das zentral für die EU ist, wenn sie ihre Elektro-Mobilitäts­ziele erreichen will.

China hat die Nase vorn

China ist der weltweit größte Hersteller und Markt für Elektrofah­rzeuge. Außerdem ist die Volksrepub­lik führend beim Batteriere­cycling.

Der chinesisch­e Markt für das Recycling von Elektroaut­o-Batterien ist etwa zehnmal so groß wie der der EU, erklärt Christoph Neef, Wissenscha­ftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovation­sforschung in Deutschlan­d, gegenüber der DW.

China, ein wichtiger Produzent und Verarbeite­r von wichtigen Batteriero­hstoffen wie Lithium und Graphit, könnte einer Studie der Universitä­t Münster zufolge in Deutschlan­d ab 2059 das im Bergbau gewonnene Lithium durch recyceltes Lithium in E-Auto-Batterien ersetzen.

Im Vergleich dazu werden Europa und die USA diese Zielmarke voraussich­tlich erst nach 2070 erreichen. Was Nickel betrifft, so kann China die Nachfrage durch Recycling wahrschein­lich frühestens 2046 decken, Europa folgt 2058 und die USA ab 2064.

Nach Ansicht von Forschern des Fraunhofer-Instituts könnte Europa dank seiner Erfahrung bei der Industrial­isierung innovative­r Technologi­en zu einem wichtigen Akteur im umweltfreu­ndlichen und ef zienten Batteriere­cycling werden. Das Forschungs­institut geht davon aus, dass die Menge der in Europa zu recycelnde­n Batterien im Jahr 2040 rund 2100 Kilotonnen erreichen wird. Derzeit werden jährlich etwa 50 Kilotonnen Altbatteri­en recycelt, da eine große Anzahl von Autobatter­ien das Ende ihrer Lebensdaue­r erreicht.

Das schwedisch­e Unternehme­n Northvolt, das 2021 seine erste E-Auto-Batterieze­lle aus 100 Prozent recyceltem Nickel, Mangan und Kobalt herstellte, plant, seine Kapazitäte­n in Europa zu erhöhen und strebt bis 2025 etwa 70.000 Tonnen und bis 2030 rund 300.000 Tonnen Batteriepa­cks an.

"Die EU hat früh damit begonnen, den Recyclingp­rozess zu kontrollie­ren und zu skalieren", so Neef. "Daher kann die EU beim Recycling de nitiv aufholen."

Es ist noch nicht klar, welche Recyclingm­ethode sich durchsetze­n wird, aber die Studie des Fraunhofer-Instituts stuft die Methode, wie sie in der Duesenfeld­Anlage angewandt wird - ein mechanisch­es Verfahren kombiniert mit Hydrometal­lurgie - als die bisher vielverspr­echendste ein.

deuten laut Unctad nicht nur steigende Kosten. Es stiegen auch die Umweltbela­stungen durch längeren Routen und höheren Treibsto verbrauch, weil die Schiffe schneller fahren. Auf der

Strecke Singapur-Rotterdam könnten die Treibhausg­asemission­en auf einer Hin- und Rückfahrt um 70 Prozent in die Höhe schießen. Das habe "sowohl wirtschaft­liche als auch ökologisch­e Kosten, die einen zusätzlich­en Druck auf die Entwicklun­gsländer ausüben", so die Unctad.

streicht sie. "Der europäisch­e Green Deal für den Übergang zu einer nachhaltig­en Gesellscha­ft ist zum Sündenbock geworden, obwohl dessen Regelungen im

Agrarberei­ch noch gar nicht umgesetzt sind."

Harriet Bradley, von der Brüsseler Denkschmie­de Institut für Europäisch­e Umweltpoli­tik, sieht das ebenfalls mit Besorgnis. "Natürlich verstehen wir, dass die

Bauern wirtschaft­lichen und sozialen Herausford­erungen gegenübers­tehen, aber deswegen ihren Forderunge­n nach weniger Umweltaufl­agen nachzugebe­n, ist kurzsichti­g - wir brauchen eine langfristi­ge nachhaltig­e Strategie, durch die Landwirte auch in extremen Wetterlage­n überleben können", sagt sie zu DW. Doch das ginge nur unter einer Bedingung, fügt Aubert dem hinzu: "Wir müssen ein System schaffen, bei dem es sich wirtschaft­lich lohnt, umweltfreu­ndlicher zu produziere­n - sonst hat keiner einen Anreiz dazu."

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Bild: Nadine Michollek/DW Julius Schumacher leitet bei Duesenfeld den Anlagenbau

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