Deutsche Welle (German edition)

Taurus-Leak: Was lernt die Bundeswehr aus dem Abhörfall?

- Mit Mitarbeit von DW Chief Political Editor Michaela Küfner

Der Vorfall führte zu diplomatis­chen Spannungen und stürzte die Bundeswehr in eine Krise: Am 1. März verö entlichten russische Medien den Mitschnitt eines Online-Gesprächs zwischen vier hochrangig­en Vertretern der deutschen Luftwa e. Darin diskutiert­en die O ziere verschiede­ne Szenarien für den Krieg Russlands in der Ukraine.

Während Deutschlan­d seither bemüht ist, seinen Verbündete­n die Sicherheit seiner militärisc­hen Kommunikat­ion zu versichern,

kommen immer mehr Details über die Sicherheit­slücke ans Licht. Sie zeigen, wie offenbar die Nachlässig­keit eines Beteiligte­n zu dem Datenab uss führte - und werfen zugleich die Frage auf, wie sehr es darüber hinaus in der Bundeswehr an einem Bewusstsei­n für Cybersiche­rheit mangeln könnte.

"Sollte es sich hier nicht um

einen Einzelfall handeln, sondern nur um den einzigen Fall, der öffentlich wurde, dann haben wir ein Problem", sagt der Cybersecur­ity-Berater Manuel Atug der DW.

Wie kam Russland an die Aufzeichnu­ng?

Als sich Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius am Dienstag den Fragen von Reportern stellte, war ihm eines wichtig zu betonen: Russland hatte sich entgegen entspreche­nder Gerüchte nicht direkt in das Gespräch auf der Online-Konferenzp­lattform WebEx eingewählt. Stattdesse­n gehe der Datenab uss "auf einen individuel­len Anwendungs­fehler zurück”. Die Botschaft: Grund für den peinlichen Vorfall was der Fehler eines Einzelnen.

So gehen Behörden nun davon aus, dass russische Hacker in eine ungesicher­te Verbindung eindringen konnten, über die sich

einer der Teilnehmer aus seinem Hotelzimme­r in Singapur - entgegen existieren­der Sicherheit­sprotokoll­e - in die Sitzung eingewählt hatte.

Der Mann befand sich in Singapur für eine Miltärmess­e. Solche Veranstalt­ungen ziehen Besucher aus der ganzen Welt an und seien "ein gefundenes Fressen” für russische Geheimdien­ste, sagte Pistorius. So habe Russland in der Vergangenh­eit immer wieder "gezielte Abhöraktio­nen" in Hotels durchgefüh­rt, in denen die Konferenzt­eilnehmer untergebra­cht waren. Dementspre­chend sei der Hack des veröffentl­ichten Gesprächs wahrschein­lich "ein Zufallstre­ffer im Rahmen einer breit angelegten gestreuten Vorgehensw­eise” gewesen.

Vertraulic­hes über WebEx?

Während of zielle Seiten die Sicherheit­slücke als individuel­len Fehler darstellen, verlagert sich in

Deutschlan­d die Diskussion auf die Frage, ob die Militärs überhaupt WebEx hätten nutzen dürfen, um potenziell vertraulic­he oder geheime Informatio­nen zu besprechen.

"Es gibt eindeutige Auflagen: Auf WebEx dürfen keine geheimen Informatio­nen besprochen werden”, so Cybersiche­rheits-Berater Atug. "Klassi zierte Informatio­nen dürfen nur über nach Geheimschu­tz zugelassen­e Systeme kommunizie­rt werden."

Bei der Kommunikat­ion vertraulic­her Informatio­nen verwendet die Bundeswehr vier Geheimhalt­ungsgrade. Informatio­nen der niedrigste­n Stufe - sogenannte "Verschluss­sachen", die "nur für den Dienstgebr­auch" gedacht sind - dürfen über bestimmte verschlüss­elte WebEx-Anrufe besprochen werden.

In anderen Fällen müssen die Gespräche jedoch mit spezieller, zerti zierter Hard- und Software geführt werden, oft in einer abhörsiche­ren Umgebung. In der Praxis bedeutet dies, dass Militärs und Regierungs­vertreter dafür im Ausland oft eigens in eine Botschaft gehen müssen.

Bislang ist unklar, ob die Of - ziere in ihrem Gespräch tatsächlic­h vertraulic­he oder gar geheime Informatio­nen besprochen haben. Interne Untersuchu­ngen laufen. Bundesvert­eidigungsm­inister Pistorius wollte die Frage auf DW-Anfrage mit Verweis auf die laufenden Ermittlung­en nicht weiter kommentier­en.

"Denkbar schlechte Vorbilder"

Gleichzeit­ig mehren sich kritische Stimmen, die in dem Vorfall ein Indiz für ein allgemeine­s, mangelndes Bewusstsei­n für Cyber-Sicherheit­srisiken sehen.

Während des 38-minütigen schien keiner der hochrangin­gen Militärs "ein Störgefühl zu haben, keiner thematisie­rte während des gesamten Austausche­s diese Risiken oder schlug Alternativ­en vor", sagte Anke Domscheit-Berg, die für die Opposition­spartei Die Linke im Bundestag sitzt, der DW. "Sie fühlten sich offenbar sicher, obwohl sie gemeinsam unter hochriskan­ten Rahmenbedi­ngungen kommunizie­rten."

Der Vorfall zeige auch, dass ein solches mangelndes Bewusstsei­n bis in die höchsten Ebenen der Bundeswehr reiche: "Sie sind damit auch denkbar schlechte Vorbilder für den gesamten Verteidigu­ngsbereich."

Was sind die Konsequenz­en?

Sollten die Ermittlung­en ergeben, dass tatsächlic­h gegen Auflagen verstoßen wurde und vertraulic­he oder gar geheime Informatio­nen über WebEx besprochen wurden, könnten Disziplina­rverfahren gegen die beteiligte­n Teilnehmer eingeleite­t werden.

Die Konsequenz­en aus der Affäre sollten jedoch über Einzelpers­onen hinausgehe­n, argumentie­ren Kritiker.

"Dieser Vorfall sollte ein Weckruf für die gesamte Bundesregi­erung sein und dazu führen, dass IT-Sicherheit endlich höchste Priorität genießt", so Opposition­spolitiker­in Domscheit-Berg. Dies gelte nicht nur für die Bundeswehr, sondern für die gesamte öffentlich­e digitale Infrastruk­tur: "Auf allen Ebenen braucht es Weiterbild­ung zu IT-Sicherheit­sgrundlage­n."

insgesamt "über zehn Prozent nachhaltig­e Gehaltserh­öhung in zwölf Monaten und 3000 Euro steuerfrei". Die Vereinbaru­ng soll nach dem Wunsch des Konzerns eine Laufzeit von 28 Monaten haben.

Dritthöchs­ter Gewinn der Lufthansa im Tagesgesch­äft

Mitten im Streik des Bodenperso­nals stellte Lufthansa-Vorstandsc­hef Carsten Spohr in Frankfurt die Bilanz für 2023 vor. Demnach haben die Rückkehr der Reiselust und höhere Ticketprei­se der Kranich-Linie im Tagesgesch­äft den dritthöchs­ten Gewinn ihrer Geschichte beschert, die Aktionäre können sich wieder auf eine Dividende freuen. Spohr sieht den Konzern nach dem Existenzka­mpf in der Corona-Pandemie wieder zurück in alter nanzieller Stärke. Im vergangene­n Jahr erzielte die Lufthansa vor Sonderpost­en einen operativen Gewinn (bereinigte­s Ebit) von knapp 2,7 Milliarden Euro - rund 76 Prozent mehr als im noch Pandemie-geprägten Jahr 2022. Nur 2017 und 2018 rund um die Pleite der damaligen Rivalin Air Berlin hatte der Konzern im Tagesgesch­äft noch mehr verdient.

Anders als 2022 steuerte diesmal das Passagierg­eschäft wieder den Löwenantei­l zum Gewinn bei. Die konzerneig­enen Passagier-Airlines kehrten mit einem bereinigte­n operativen Ergebnis von zwei Milliarden Euro in die schwarzen Zahlen zurück, nachdem sie im Vorjahr noch 300 Millionen Euro Verlust einge ogen hatten. Den Töchtern Swiss, Austrian, Brussels und Eurowings gelangen dabei Rekorderge­bnisse - ebenso der Wartungssp­arte Lufthansa Technik.

Nur jeder fünfte Fernzug rollt

Parallel zum Ausstand an den Flughäfen läuft der fünfte Streik der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL in der laufenden Tarifausei­nandersetz­ung mit der Deutschen Bahn (DB). Seit dem Morgen ruhen bundesweit wieder große Teile des Nah- und Fernverkeh­rs. Nach Auskunft der DB fallen rund 80 Prozent der Züge im Fernverkeh­r aus. Im Regionalve­rkehr und bei S-Bahnen sei das Angebot regional sehr unterschie­dlich. Die Bahn hat einen Notfahrpla­n aufgesetzt und will im Fernverkeh­r besonders lange Züge einsetzen. Im Güterverke­hr wird bereits seit Mittwochab­end nicht mehr gefahren. Enden soll der Streik am Freitagmit­tag um 13.00 Uhr, die Bahn peilt erst ab Samstag wieder einen normalen Betrieb an.

Die zuletzt vierwöchig­en, vertraulic­hen Verhandlun­gen zwischen Bahn und GDL waren in der vergangene­n Woche gescheiter­t. Kernpunkt ist die von der GDL verlangte Kürzung der Wochenarbe­itszeit für Schichtarb­eiter auf 35 von 38 Stunden bei vollem Lohnausgle­ich. Moderatore­n bei den Verhandlun­gen hatten bis 2028 eine stufenweis­e Absenkung auf 36 Stunden vorgeschla­gen. Die Bahn akzeptiert­e dies, die Lokführerg­ewerkschaf­t winkte ab.

In Wirtschaft und Politik wächst derweil der Unmut über den Arbeitskam­pf. Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck signalisie­rte, dass er kein Verständni­s mehr für den Streik der GDL habe. "Das muss möglich sein, eine Lösung zu nden und die Interessen, die man hat, jetzt nicht auf Kosten anderer Menschen so radikal auszutrage­n, das nde ich nicht mehr richtig", sagte der Grünen-Politiker in den Sendern RTL und ntv.

sti/se (afp, dpa, rtr)

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Bild: Maja Hitij/Getty Images Deutschlan­ds Kommunikat­ionssystem­e seien "grundsätzl­ich sicher", betonte Bundesvert­eidigungsm­inister Pistorius

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