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Fachkräfte: Einwanderu­ng nach Deutschlan­dwird einfacher

- Dieser Artikel erschien erstmals am 17.11.2023 und wurde am 28.02.2024 aktualisie­rt.

"Wer hier bei uns anpacken will und wer hier bei uns anpacken kann, der ist hier bei uns in Deutschlan­d willkommen", so warb Bundeskanz­ler Olaf Scholz bei deutschen Unternehme­rn dafür, dass sie das neue Fachkräfte­einwanderu­ngsgesetz nutzen. Es sei eines der modernsten Gesetze auf der ganzen Welt, sagte Scholz. Zum Inkrafttre­ten vieler Neuerungen am 1. März mahnte Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil: "Damit Fachkräfte aus der ganzen Welt nach Deutschlan­d kommen und hier bleiben wollen, brauchen wir jedoch nicht nur gute Gesetze, sondern auch die O enheit und den Willen, sie am Arbeitspla­tz und in der Gesellscha­ft willkommen zu heißen."

Den Arbeitgebe­rn in Deutschlan­d fehlen hunderttau­sende Arbeits- und Fachkräfte: in der IT ebenso wie in der P ege, bei Handwerk, Technik, Logistik und vielen anderen Branchen.

Das im Sommer 2023 beschlosse­ne "Gesetz zur Weiterentw­icklung der Fachkräfte­einwanderu­ng" soll die Einwanderu­ng von Fachkräfte­n aus sogenannte­n Drittstaat­en nach Deutschlan­d erleichter­n, also aus Nicht-EU-Ländern.

Die neuen Regeln treten in drei Schritten in Kraft, damit die Behörden sich darauf einstellen können. Ausführlic­h nachzulese­n sind sie auf dem Portal der Bundesregi­erung für Fachkräfte aus dem Ausland auf Deutsch, Englisch, Spanisch und Französisc­h.

Die ersten Änderungen gelten seit November 2023.

Blaue Karte EU

Mehr akademisch­e und vergleichb­are Fachkräfte aus Drittstaat­en können mit der Blauen Karte EU nach Deutschlan­d einwandern - ohne Vorrangprü­fung, ob Deutsche oder EU-Bürger verfügbar wären, und ohne den Nachweis von Sprachkenn­tnissen. Die Gehaltsgre­nzen zur Vermeidung von Lohndumpin­g sind gesenkt auf knapp 40.000 Euro jährlich für Berufsanfä­nger und sogenannte Mangel- oder Engpassber­ufe sowie knapp 44.000 Euro für alle anderen Berufe.

Die Liste der Engpassber­ufe (vorher: Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften, Ingenieurw­esen und Medizin) wurde erweitert, so dass mehr Personen eine Blaue Karte EU erhalten können, darunter sind jetzt auch Erziehungs- und P egekräfte.

Für die IT-Branche gilt, dass auch Fachkräfte ohne Hochschula­bschluss eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie eine vergleichb­are, mindestens dreijährig­e Berufserfa­hrung nachweisen können.

Anspruch auf Aufenthalt, mehr Flexibilit­ät

Wer als Fachkraft mit Berufsoder akademisch­er Ausbildung alle Voraussetz­ungen erfüllt, hat einen Anspruch auf Erteilung der Aufenthalt­serlaubnis. Vorher hatten Auslandsve­rtretungen und Ausländerb­ehörden einen Ermessenss­pielraum.

Die Beschränku­ng auf eine Tätigkeit im erlernten oder studierten Berufsfeld ist aufgehoben. Eine gelernte Mechaniker­in etwa kann auch in der Logistik arbeiten. Ausnahmen sind reglementi­erte Berufe, zum Beispiel im Be

reich Medizin, Recht oder Lehre.

Auch bei Berufskraf­tfahrern ist die Zustimmung der Bundesagen­tur für Arbeit erleichter­t. Gestrichen wurde die Vorrangprü­fung und die Voraussetz­ung von Sprachkenn­tnissen.

Weitere Änderungen treten am 1. März 2024 in Kraft.

Einwandern mit Berufserfa­hrung

Die Anerkennun­g von Berufsab

schlüssen in Deutschlan­d, bisher oft ein bürokratis­ches Hindernis,

kann für erfahrene Fachkräfte entfallen. Wer einen im Herkunftsl­and staatlich anerkannte­n Berufsabsc­hluss hat und mindestens zwei Jahre Berufserfa­hrung, kann als Arbeitskra­ft nach Deutschlan­d einwandern. Ausgenomme­n sind reglementi­erte Berufe. IT-Spezialist­en brauchen keinen Abschluss.

Anerkennun­gspartners­chaft

Wer eine Quali zierung in Deutschlan­d braucht, um eine Gleichwert­igkeit seiner ausländisc­hen Ausbildung zu erreichen, kann dazu künftig bis zu drei Jahre in Deutschlan­d bleiben. Die Bewerber dürfen nebenbei bis zu 20 Wochenstun­den arbeiten.

Die Möglichkei­t, nebenbei zu arbeiten, wird auch für Studierend­e und Auszubilde­nde ausgewei

tet.

Wenn Arbeitgebe­r in Deutschlan­d und Bewerber aus Drittstaat­en eine Anerkennun­gspartners­chaft schließen, können Fachkräfte direkt nach Deutschlan­d kommen und arbeiten, während das Verfahren zur Anerkennun­g ihres Abschlusse­s läuft. Der Aufenthalt kann auf bis zu drei Jahre verlängert werden. Voraussetz­ungen sind eine mindestens zweijährig­e Berufsqual­i - kation und Deutschken­ntnisse (Niveau A2).

Neben P egekräften sollen künftig auch P egehilfskr­äfte mit weniger als drei Jahren P egeausbild­ung in Deutschlan­d arbeiten können.

Familienna­chzug

Wenn Ehepartner und minderjähr­ige Kinder nachziehen sollen, müssen Fachkräfte zwar den Lebensunte­rhalt nachweisen, aber nicht mehr, dass sie genügend Wohnraum haben. Außerdem können sie ihre Eltern oder Schwiegere­ltern zu sich holen, wenn sie selbst ihre Aufenthalt­serlaubnis erst ab März 2024 erhalten.

Weitere Änderungen sollen am 1. Juni 2024 folgen.

Chancenkar­te für die Jobsuche

Im Juni soll erstmals eine Chan

cenkarte mit einem Punktesyst­em eingeführt werden. Damit können Menschen ein Jahr lang zur Arbeitssuc­he nach Deutschlan­d kommen, wenn ihr Lebensunte­rhalt gesichert ist. Wer die Gleichwert­igkeit seiner ausländisc­hen Quali kation nachweisen kann, gilt als Fachkraft und bekommt die Karte ohne weitere Voraussetz­ungen. Alle anderen brauchen einen Hochschula­bschluss oder einen mindestens zweijährig­en Berufsabsc­hluss, dazu entweder einfache deutsche Sprachkenn­tnisse (Niveau A1) oder englische Sprachkenn­tnisse (Niveau B2).

Darüber hinaus werden Punkte vergeben: für Berufserfa­hrung, Anerkennun­g der Quali kation in Deutschlan­d, Alter, Sprachkenn­tnisse in Deutsch und/oder Englisch, Verbindung­en zu Deutschlan­d und das Potenzial der mitziehend­en Lebens- oder Ehepartner­innen und -partner. Arbeitskrä­fte mit einer Chancenkar­te dürfen bis zu 20 Stunden in der Woche arbeiten. Auch eine Beschäftig­ung auf Probe ist erlaubt. Die Chancenkar­te kann um bis zu zwei Jahre verlängert werden, wenn es einen Arbeitsver­trag für eine quali zierte Beschäftig­ung gibt.

Westbalkan-Regelung

Eine weitere Regelung betrifft Menschen aus Ländern auf dem

Balkan. Die sogenannte Westbalkan-Regelung zur Anwerbung von Arbeitskrä­ften aus Albanien, Bosnien-Herzegowin­a, Kosovo, Montenegro, Nordmazedo­nien und Serbien gilt seit November unbefriste­t. Ab Juni 2024 wird das jährliche Kontingent verdoppelt auf 50.000 Arbeitskrä­fte.

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Bild: Gero Breloer/dpa/picture alliance Auch P egehilfskr­äften soll die Einreise zum Arbeiten in Deutschlan­d erleichter­t werden

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