Deutsche Welle (German edition)

Wahltermin für den Senegal steht fest

- Adaptiert aus dem Französisc­hen von Martina Schwikowsk­i

Der ins Stocken geratene Wahlprozes­s im Senegal scheint wieder in Gang zu kommen: Präsident Macky Sall hat Präsidents­chaftswahl­en für den 24. März

angekündig­t. Der Verfassung­srat, Senegals oberste Wahlbehörd­e, stimmte dem Vorschlag des Präsidente­n zu. Das Gremium hatte zuvor entschiede­n, dass die Wahl vor dem 2. April statt nden muss - wenn Salls Amtszeit abläuft.

Für den Analysten Maurice Soudiek Dione, Politikwis­senschaftl­er an der Universitä­t Gaston Berger in Saint-Louis, hat der Verfassung­srat damit die senegalesi­sche Demokratie gerettet: "Er hat die repräsenta­tive Demokratie durch die konstituti­onelle Demokratie gestärkt." Der Nachrichte­nagentur AFP liegt ein Dokument vor, wonach der Ausschuss ein alternativ­es Wahldatum im Juni ablehnt. Darin heißt es auch, dass die Liste der 19 bereits zugelassen­en Präsidents­chaftskand­i

daten nicht mehr geändert werden darf.

Harsche Kritik an Macky Sall

Kritiker, Opposition­sparteien und zivilgesel­lschaftlic­he Gruppen hatten die Entscheidu­ng Salls, die Wahlen zu verschiebe­n, heftig kritisiert. Sie waren ursprüngli­ch für den 25. Februar angesetzt, wurden aber nach einer hitzigen Parlaments­sitzung auf den 15. Dezember verschoben.

Der Regierungs­experte und Mitglied der Widerstand­sfront FIPPU, Mame Diarra Ndiaye Sobel, ist der Ansicht, dass die

Präsidents­chaftswahl­en im Senegal trotz der Verzögerun­gen fristgerec­ht durchgefüh­rt werden können: "Wenn alle Beteiligte­n es wollen, ist es immer noch möglich", sagte Sobel der DW. Bei den Wahlen gehe es darum, die Demokratie und die Stabilität Senegals zu retten, betonte er. "Die politische­n Akteure müssen möglicherw­eise Opfer bringen."

Zeitplan für die Wahlen einhalten

Bei der Ankündigun­g des Wahltermin­s löste Sall die Regierung auf und ersetzte Amadou Ba als Premiermin­ister. Sall entband Ba von seinen Aufgaben, damit er sich auf den Präsidents­chaftswahl­kampf konzentrie­ren kann. Sidiki Kaba wurde zu Bas Nachfolger ernannt.

Der von Sall ursprüngli­ch für die Wahl vorgesehen Termin im Dezember hätte es ihm ermöglicht, noch Monate nach Ablauf seiner Amtszeit im Amt zu bleiben. Die Opposition bezeichnet­e diesen Schritt als "verfassung­smäßigen Staatsstre­ich" und rief zu Protesten auf - die später zu mehreren Todesfälle­n und Verhaftung­en führten. Der Verfassung­srat lehnte die Verschiebu­ng jedoch ab.

Djibril Gningue ist Exekutivdi­rektor der Plattform der zivilgesel­lschaftlic­hen Akteure für die Transparen­z der Wahlen im Senegal. Im DW-Gespräch zeigt er seinen Stolz auf die Unabhängig­keit des Verfassung­srats: "Rechtlich gesehen hatte Präsident Sall nur zwei Möglichkei­ten: Entweder er hält die Wahlen vor dem 2. April ab - oder er bleibt bis zum 2. April und tritt dann zurück."

Die Demokratie setzt sich durch

Das Verfassung­sgericht habe klare Vorschrift­en für den Verlauf des Wahlprozes­ses erteilt, sagte Analyst Dione der DW: "Falls es eine zweite Runde gibt und diese Wahlperiod­e die Amtszeit des Präsidente­n überschrei­tet, führt der amtierende Präsident die Amtsgeschä­fte bis zur Einsetzung seines Nachfolger­s weiter." Ein Datum für einen zweiten Wahlgang gibt es nicht.

Viele Menschen in Senegal sind erleichter­t, dass endlich ein konkreter Wahltermin feststeht - nur neun Tage vor Ablauf der Amtszeit des Präsidente­n. Der Student Bassirou Diof fürchtet allerdings, dass es wegen des Fastenmona­ts Ramadan zu Schwierigk­eiten kommen könnte: "Es ist ein Monat, in dem das Land anders funktionie­rt als sonst. Und da die Wahlen in der Mitte des Ramadan statt nden, wird sich das unweigerli­ch auswirken."

Dennoch herrscht weitgehend Ho nung auf politische Neuerungen nach der Wahl. Im Laufe von Salls Amtszeit sei deutlich geworden, dass er politische Verspreche­n nicht eingehalte­n habe, betont Politikwis­senschaftl­er Dione. Er habe ef ziente Reformen versäumt und das falle ihm jetzt, wenige Wochen vor seinem Abgang, auf die Füsse. Präsident Sall habe sein Image und das seiner Koalition stark beschädigt, und das auf der Grundlage fadenschei­niger Gründe wie der Bestechung von Richtern des Verfassung­srates - ohne jeglichen Beweis.

Amnestie für politische Gefangene

Das senegalesi­sche Parlament hat am Mittwoch (06.03.2024) auch ein Gesetz verabschie­det, das politische­n Gefangenen Amnestie gewährt. Alle Personen, die seit 2021 bei Protesten festgenomm­en wurden, werden vor den nächsten Wahlen freigelass­en. Amnesty Internatio­nal schätzt, dass in den letzten drei Jahren unter der Regierung Sall mehr als 1.000 Opposition­elle und Aktivisten inhaftiert worden sind.

Die Verabschie­dung des umstritten­en Amnestiege­setzes sollte auch die Entlassung der Opposition­spolitiker Ousmane Sonko und Bassirou Diomaye Faye aus dem Gefängnis zur Folge haben. Rechtsanwa­lt Alimou Barro, Gründungsm­itglied der 2023 aufgelöste­n Partei PASTEF ("African Patriots of Senegal for Work, Ethics and Fraternity"), unterstütz­t die Präsidents­chaftskand­idatur von Bassirou Diomaye Faye und fordert dessen sofortige Freilassun­g: "Er sollte die gleichen Chancen wie ein erklärter Präsidents­chaftskand­idat haben, da er weder angeklagt noch verurteilt wurde", so Barro zur DW.

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Bild: John Wessels/AFP Wegen der Wahlversch­iebung in Senegal kam es zu Demonstrat­ionen und gewaltsame­n Auseinande­rsetzungen

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