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Huthi-Angriffe imRotenMee­r gefährden Umwelt und globale Sicherheit

- Bild: PLANET LABS PBC via REUTERS

Angri e auf Frachtschi e, erzwungene Umwege über das Kap der Guten Ho nung, ein erstes versenktes Schi - die jemenitisc­hen Huthis setzen die

zivile Seefahrt unter Druck. Nun warnt das US-Zentralkom­mando gar vor einer "Umweltkata­strophe". Der Mitte Februar von den Huthi-Milizen beschossen­e und Anfang März gesunkene Frachter Rubymar habe einen Ölteppich von 29 Kilometern Länge verursacht, teilte das für den Nahen Osten, OstAfrika und Zentral-Asien zuständige Regionalko­mmando mit. Zudem habe der Anker des untergegan­genen Schi es wichtige Kommunikat­ionskabel durchtrenn­t, berichtet die Nachrichte­nagentur AP unter Berufung auf das amerikanis­che Verteidigu­ngsministe­rium.

Damit haben die Angriffe eine neue Qualität erreicht. Zwar ist eine endgültige Bewertung der Umweltschä­den derzeit noch nicht möglich, doch sei nicht auszuschli­eßen, dass die mehr als 7000 Barrel Öl und 22.000 Tonnen Ammoniumph­osphat-Dünger an Bord in die Gewässer gelangen, twitterte der Experte für maritime Sicherheit, Ian Ralby.

Das hätte massive Folgen, etwa für die Entsalzung­sanlagen, die die gesamte Region mit Trinkwasse­r versorgen. Zudem könnte für den Fall, dass sich ein größerer Ölteppich verbreite, der Fischbesta­nd zurückgehe­n, so Ralby in seinem Podcast "Blue Security".

Das hätte enorme Auswirkung­en auf die lokale Fischerei. Zudem sei durch die schnell ießende Strömung in der schmalen Meerenge nicht ausgeschlo­ssen, dass der Ölteppich noch weiter getragen werde.

Nahost-Experte: Huthis sind antiamerik­anisch und anti-israelisch

Zur Bekämpfung der Angriffe hatten die USA bereits im Dezember vergangene­n Jahres die internatio­nale Militärkoa­lition "Operation Prosperity Guardian" gebildet. Im Rahmen dieser Aktion ist auch die deutsche Fregatte Hessen vor Ort. Doch trotz gezielten Beschusses von Stellungen der Huthi konnte die Allianz deren Angriffe bislang nicht gänzlich unterbinde­n.

Das dürfte auch daran liegen, dass die Huthi nicht allein kämpfen. Hinter ihnen steht der Iran, der sich im Kontext des GazaKriege­s als Schutzmach­t der Palästinen­ser zu inszeniere­n versucht. Die politische Führung des Iran hat Israel wiederholt mit Vernichtun­g gedroht. "Auch die Agenda der Huthi ist klar antiamerik­anisch und klar anti-israelisch", sagt Fabian Hinz, NahostExpe­rte am Internatio­nal Institute for Strategic Studies (IISS) in London. "Es handelt sich um eine hochgradig ideologisi­erte islamis

tische Bewegung, die den Kampf gegen Israel als ebenso wichtig erachtet, wie der Iran es tut." Auf dieser Grundlage funktionie­re die Partnersch­aft zwischen dem Iran und der jemenitisc­hen Miliz.

Ähnlich sieht es der NahostExpe­rte Michael Knights vom USThink Tank The Washington Institute. Die Huthi und die Islamische­n Revolution­sgarden seien "Seelenverw­andte". Darum müsse man in Teheran den Huthi "nicht unbedingt sagen, was sie tun sollen."

Huthis erhalten militärisc­he Unterstütz­ung aus Teheran

Wie weit die Unterstütz­ung aus Teheran geht, zeigte sich Ende Januar dieses Jahres, als die USStreitkr­äfte eine Lieferung mit militärisc­her Hilfe aus dem Iran für die Huthi ab ngen. Diese enthielt einer Mitteilung des United States Central Command (CENTCOM) zufolge Komponente­n für ballistisc­he Mittelstre­ckenrakete­n, Sprengsto , Komponente­n für unbemannte Unter- und Überwasser­fahrzeuge, militärisc­he Kommunikat­ions- und Netzwerkau­srüstung, Baugruppen für Panzerabwe­hrraketen und andere militärisc­he Komponente­n. "Die derzeitige Kampagne im Roten Meer und im Golf von Aden wäre ohne iranische Hilfe nicht möglich", sagt Fabian Hinz.

Auch jemenitisc­he Bevölkerun­g spürt die Folgen der Angri e

Allerdings ist der Schaden nicht nur für die internatio­nale Schi - fahrt enorm. Auch die nach mehreren Kriegsjahr­en ohnehin leidgeprüf­te Bevölkerun­g des Jemen leidet unter den Folgen der Angriffe. Nachdem etwa Verhandlun­gen zwischen Saudi-Arabien - das Land stand über Jahre an der Spitze einer internatio­nalen Koalition gegen die Huthi - im Herbst vergangene­n Jahres auf eine Einigung hinauszula­ufen schienen, treten diese angesichts der Angriffe auf die Schi fahrt nun auf der Stelle. Infolgedes­sen hat das Königreich bereits in Aussicht gestellte humanitäre Hilfe zurückbeha­lten. Auch die durch die Angriffe gestiegene­n Schi fahrtskost­en belasten den Jemen und seine Bevölkerun­g enorm. Das Land ist besonders anfällig für solche Schwankung­en, da es fast vollständi­g von Lebensmitt­elimporten abhängt. Auch Hilfsliefe­rungen sind durch die Attacken eingeschrä­nkt. "Deswegen wird man die Auswirkung­en dieser Krise im

Jemen sehr stark spüren", so Hinz.

Insofern sind die Angriffe auf die internatio­nale Schi fahrt für die Huthi innenpolit­isch riskant. Ein großer Teil lehne ihre Ideologie ab, so Hinz. Allerdings stoße der Kampf gegen Israel in großen Teilen der jemenitisc­hen Bevölkerun­g weiterhin auf Resonanz. "Dies wiederum nutzen die Huthi, um sich in den Augen ihre Anhänger als legitime Widerstand­sbewegung zu inszeniere­n", sagt Hinz.

Ähnlich sehen es auch die Analysten des in der jemenitisc­hen Hauptstadt ansässigen Sanaa Center for Strategic Studies. "Für die Huthi ist dies eine einmalige Gelegenhei­t, aus der weit verbreitet­en Unterstütz­ung für die palästinen­sische Sache Kapital zu schlagen, um ihre schwindend­e Popularitä­t in den von ihnen kontrollie­rten Gebieten zu steigern und gleichzeit­ig der Außenwelt zu beweisen, dass sie die einzige effektive Autorität im Jemen sind", heißt es in einem Report vom Dezember vergangene­n Jahres.

Allerdings sei fraglich ist, inwiefern die Verteuerun­g der Lebensmitt­el der im Jemen verbreitet­en anti-israelisch­en Haltung langfristi­g zusetze, sagt Fabian Hinz.

Ende der Huthi-Angri e wenig wahrschein­lich

Inzwischen könne man die HuthiBeweg­ung als "eine Art nicht-nukleares Nordkorea betrachten", schreibt Michael Knights vom USThink Tank The Washington Institute in seiner Analyse: "ein aggressive­r, gut bewa neter, den Vereinigte­n Staaten feindlich gesinnter Akteur, der sich zudem in einer geogra schen Schlüsselp­osition be ndet."

Lassen sich dessen Angriffe auf die internatio­nale Schi fahrt begrenzen? Fabian Hinz ist skeptisch. Das hänge auch von der Entwicklun­g des Gaza-Krieges ab. "Es scheint mir durchaus denkbar, dass die Huthi im Fall eines Kriegsende­s ihre massiven Angriffe zurückfahr­en würden. Allerdings dürften die Huthi ihre Angriffe auf die zivile Schi fahrt als grundsätzl­iche Handlungsm­öglichkeit betrachten. Und das dürfte sich auch nach einem möglichen Ende des Kriegs in Gaza nicht ändern."

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Der gesunkene Frachter "Rubymar", fotogra ert von einem Satelliten, 25.2.2024

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