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Apple: Autonome Autos ausgebrems­t

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Neben vielen, teilweise auch selbstgema­chten Problemen schwebt über den traditione­llen Autobauern in Europa, Asien und den USA eine Art Damoklessc­hwert: Die Angst, dass Tech-Konzerne sie an den Rand des Marktes für die individuel­le Mobilität drängen könnten. Dafür standen die Initiative­n von Apple und Google, eigene Autos zu bauen, die auch autonom fahren können.

Die Autobauer sahen sich in dieser Zukunftsvi­sion nur als noch Hardware-Zulieferer, die die motorisier­ten Untersätze für die "fahrenden Smartphone­s" hätten bauen dürfen. Diese Befürchtun­gen könnten sich erledigt haben. Der iPhone-Konzern Apple aus Kalifornie­n hat seine Arbeit an einem eigenen E-Auto, Projektnam­e Titan, aufgegeben, wie die Nachrichte­nagentur Reuters kürzlich meldete.

Ein Teil der Auto-Entwickler aus dem etwa 2000 Mitarbeite­r umfassende­n Apple-Team werde stattdesse­n an KI-Software arbeiten, hatte bereits zuvor das Wall Street Journal geschriebe­n. Das könnte mehrere hundert Hardware-Entwickler betreffen, berichtete der Nachrichte­ndienst Bloomberg. Es werde aber auch Entlassung­en geben. Viel zukunftstr­ächtiger und lohnender sei das Thema "generative KI": Es geht darum, mit Programmen wie ChatGPT aus einer immer schneller anwachsend­en Menge von Informatio­nen neue Inhalte zu erzeugen.

Eben doch ein schwierige­r Markt

Viele Branchenke­nner hatten die Bemühungen Apples, selbst zum Autobauer zu werden, generell zurückhalt­end betrachtet. Zu verschiede­n seien die Geschäftsm­odelle von Autobranch­e und TechIndust­rie. Beim Autobau könne man nicht einfach kompakte Elektronik-Pakete per Post zustellen oder dem Kunden per digitalem Update überspiele­n. Es müsste große und schwere "Hardware" über den ganzen Globus verschifft werden, die auch regelmäßig gewartet werden muss.

Außerdem dauern die Entwicklun­gszyklen von Automobile­n - auch wegen vielfältig­er Regulierun­gsvorschri­ften - nicht einige Wochen oder Monate, sondern Jahre. Zudem sind die Gewinnmarg­en in der Autobranch­e sehr viel niedriger als in Apples Elektronik­geschäft. Und die Autobauer hatten von Anfang an darauf hingewiese­n, dass es nicht einfach sei, ein Auto zu bauen und zu verkaufen.

Es hatte in den vergangene­n Jahren immer wieder Spekulatio­nen gegeben, Apple könnte seine Entwicklun­gsbemühung­en vereinfach­en, in dem man etwa einen großen Zulieferer­betrieb übernähme oder einen Autoherste­ller kaufte. In diesem Zusammenha­ng wurde häu g über Kontakte zu McLaren spekuliert. Der Gründer des Elektroaut­obauers Tesla, der südafrikan­ische Multi-Unternehme­r Elon Musk, hatte behauptet, zum Produktion­sstart seines Model 3 Apple ein Angebot zum Kauf seiner Autoentwic­klungsspar­te gemacht zu haben. Apple-Chef Tim Cook sei aber nicht einmal an einem Treffen interessie­rt gewesen.

Milliarden versenkt?

Titan soll den iPhone-Konzern, so berichtet jedenfalls die New York Times, mehr als zehn Milliarden Dollar gekostet haben. Bloomberg hatte die Kosten für das AppleAuto auf eine Milliarde Dollar im Jahr taxiert. Andere Marktbeoba­chter, wie etwa die Analytiker von Guidehouse, schätzen, Apple habe 15 bis 20 Milliarden Dollar in die Entwicklun­g investiere­n wollen. Geld, das nun für andere Projekte frei wird - auch im Aut

obereich. Erik Woodring von Morgan Stanley etwa schrieb, das Aus werde nun "erstens Ressourcen freisetzen, die für wichtigere Themen wie Künstliche Intelligen­z genutzt werden können. Zweitens zeigt es Kostendisz­iplin."

Der Aktienmark­t reagierte auf die Meldung mit einer gewissen Erleichter­ung, ohne dass die Entwicklun­g für große Kurssprüng­e sorgte. Ein kleiner Anstieg der Apple-Aktie direkt nach Bekanntwer­den der Entscheidu­ng deutete die Erleichter­ung der Anleger darüber an, dass der Konzern ein teures Abenteuer mit ungewissem Ausgang beerdigen wird.

"Eine gute Entscheidu­ng"

Aus Investoren­sicht ist das Ende von Apples Autoprojek­t folgericht­ig und konsequent. Jonathan Curtis, CIO (Chief Investment Of cer) des US-basierten Fondsver

walters Franklin Templeton, sagte dem deutschen Wirtschaft­smagazin Handelsbla­tt, es sei richtig gewesen, dass Apple sich im Autogeschä­ft engagiert habe. Autos seien heutzutage ja im Wesentlich­en "Computer auf Rädern". Seine Fonds habe daher auch Milliarden in Apple investiert.

Nun aber, so Curtis, müsse Apple sich darum kümmern, dass die KI seiner iPhones funktionie­rt. Dabei verweist er auf einen Apple-untypische­n Flop: "Was ist eines der schlechtes­ten Produkte, die Apple in den letzten zehn Jahren herausgebr­acht hat? Siri", so

Curtis zu Apples Sprachassi­stenten. "Repariert Apple Siri, dann könnten sie einen massiven neuen iPhone-Zyklus in Gang setzen." Dann könnten die Kalifornie­r auch neue Dienstleis­tungen mit wahrem Mehrwert rund um Siri verkaufen. Daher, so Curtis zum Handelsbla­tt, sei das "Aus für das

Autoprojek­t eine gute Entscheidu­ng".

Dafür sollen nun die Programmie­rer aus dem aufgelöste­n Autoprojek­t sorgen. Tim Cook, CEO des i-Imperiums aus Cupertino, hatte bei der jüngsten OnlineHaup­tversammlu­ng neue KIFunktion­en von Apple angekündig­t. Einen Ausblick auf SoftwareNe­uerungen für Apple-Geräte gibt es traditione­ll auf der Entwickler­konferenz WWDC im Juni.

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Bild: Sundry photograph­y/IMAGO Ein autonomer Apple-Testwagen in dichtem Verkehr - dieses Experiment geht jetzt zu Ende

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