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Weltraummü­ll: Wie groß ist das Risiko getroffen zu werden?

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Am 7. März 2024 richtete sich das Bundesamt für Bevölkerun­gsschutz und Katastroph­enhilfe (BBK) mit einer Warnung an die Bewohner Deutschlan­ds: In den folgenden Tagen, dem 8. und 9. März, würden Weltraumtr­ümmerteile über Teile des Landes iegen und könnten - obwohl wenig wahrschein­lich - auf die Erde fallen.

Sowohl das BBK als auch die Europäisch­e Weltraumor­ganisation (ESA) halten sich mit genaueren Angaben zu Zeit, Ort und potentiell­er Gefahr zurück. Sicher ist nur, dass eine Palette von neun Batterien der Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS) auf einer unkontroll­ierten Flugbahn irgendwann in diesem Zeitraum irgendwo wieder in die Erdatmosph­äre eintreten wird.

Die Gesamtmass­e des Schrotts soll etwa 2,6 Tonnen betragen - das entspricht 2.600 Kilogramm oder dem Gewicht eines großen Autos.

Es wird erwartet, dass der größte Teil der Batterien beim Wiedereint­ritt in die Atmosphäre verglüht. So passiert es normalerwe­ise. Ebenso normal ist jedoch auch, dass einige der größeren Weltraummü­llteile den langen Fall überstehen und auf der Erdober äche landen - meistens im Meer.

Wie hoch ist das Risiko durch herabfalle­nden Weltraumsc­hrott?

Das ISS-Batteriepa­ket hat eine "natürliche" Flugbahn zwischen -51,6 Grad Süd und 51,6 Grad

Nord. Eine natürliche Flugbahn bedeutet "unkontroll­iert" - sie wird nicht von Computern oder durch Menschen gesteuert. Anders als Satelliten oder Raumfahrze­uge können Batterien nicht navigiert werden. Dadurch ist es schwierig vorherzusa­gen, ob der Schrott auseinande­rbricht und wo die Teile letztlich aufschlage­n.

Klar ist allerdings, dass das Batteriepa­ket vor seinem Wiedereint­ritt in die Atmosphäre mehrmals über Deutschlan­d hinweg iegt. Doch das gilt auch für viele weitere Regionen: Große Teile Europas und Lateinamer­ikas, der

Nordosten Afrikas, der Nahe Osten, Süd- und Südostasie­n sowie Australien werden über ogen.

Lässt sich aus der Warnung des BBK ein besonderes Risiko für Deutschlan­d ableiten? "Nein", lautet die schriftlic­he Antwort des Bundesamte­s. Bevor das Ereignis nicht stattgefun­den habe, könne man den Anwohnern auch keine weiteren Ratschläge über Schutzmaßn­ahmen geben, die die Menschen ergreifen könnten.

Müssen Sie sich also Sorgen machen? Die of zielle Antwort des BBK und der Europäisch­en Weltraumbe­hörde ESA lautet "Nein" - das Risiko für Menschenle­ben ist gering. Dennoch werde das Objekt "eng überwacht".

Wie viel Weltraummü­ll fällt jedes Jahr auf die Erde?

Nach Angaben der ESA dringt fast jede Woche Weltraumsc­hrott auf unkontroll­ierten Flugbahnen in die Erdatmosph­äre ein.

Seit den 1960er Jahren ist die Zahl der Weltraummü­ll-Ereignisse stetig gestiegen. Zwischen 1960 und 2000 gingen durchschni­ttlich etwa 500 Trümmertei­le pro Jahr auf die Erde nieder.

In den letzten Jahren hat der Müllregen aus dem All noch deutlicher zugenommen: Laut ESA elen im Jahr 2022 fast 2.500 Weltraummü­llteile auf die Erde. Im Jahr 2023 war die Zahl wieder auf etwa 1.500 Objekte gesunken.

Welche Arten von Weltraummü­ll fallen auf die Erde?

Weltraumsc­hrottobjek­te bestehen hauptsächl­ich aus Raketenstu­fen, Teilen von Explosione­n, die durch alternde Batterien oder Treibsto reste ausgelöst werden. Auch die Kollisione­n von Satelliten oder Überbleibs­el von Anti-Satelliten Test sorgen für eine steigende Anzahl an Trümmern im All.

In den niedrigen Umlaufbahn­en bis zu einer Höhe von 2.000 Kilometern tummeln sich die meisten Satelliten, weil sie dort zur Erdbeobach­tung genutzt werden können. Hier steigt das Schrottvol­umen besonders schnell an.

Doch nicht nur Unfälle und Kollisione­n vermüllen das All. So manches Teil wird absichtlic­h in den Weltraum entlassen. Teile von Raketen beispielsw­eise, die ihre Funktion erfüllt haben. Oder verbraucht­e Batterien wie die der ISS. Sie wurden vor drei Jahren als Schrott freigesetz­t.

Ist Weltraummü­ll giftig?

Weltraumsc­hrott kann durchaus giftige Elemente enthalten. Alice Gorman, Weltraumar­chäologin und Expertin für Weltraummü­ll erklärte in einem vergangene­n Gespräch mit der DW: "Einige Treibstoff­e für Raumfahrze­uge sind giftig - Hydrazin zum Beispiel. Es gibt Metalle wie Beryllium und Magnesium, die normalerwe­ise in Form von Legierunge­n vorliegen, aber Beryllium ist auf jeden Fall ziemlich unangenehm."

Da der meiste Weltraummü­ll im Meer landet, machen sich einige Experten durchaus Sorgen um die Verschmutz­ung der Meere. Aber die Auswirkung­en seien noch nicht umfassend erforscht, so Gorman.

Wie groß ist also das Risiko, von Weltraummü­ll getro en zu werden?

Laut Experten ist es 65.000 Mal wahrschein­licher, vom Blitz getroffen zu werden, als dass einem

ein Stück Weltraummü­ll auf den Kopf fällt. Die Wahrschein­lichkeit, bei einem Unfall zu Hause zu sterben, ist 1,5 Millionen Mal höher.

Die Wahrschein­lichkeit, von einem Meteoriten erschlagen zu werden, ist ebenfalls höher als das Risiko durch herabfalle­nden Weltraummü­ll verletzt zu werden.

Der ehemalige Präsident der ESA, Jan Wörner, äußerte sich der Deutschen Presseagen­tur gegenüber ebenfalls sorglos. "Batterien brennen sehr gerne. Ich gehe davon aus, dass das Paket nahezu komplett in der Atmosphäre verglüht. Vielleicht sieht man das Zerlegen ja als schöne Sternschnu­ppe."

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