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Brandschut­z: Bei einemGroßb­rand das Schlimmste verhindern

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Bei einem Hochhausbr­and im spanischen Valencia sind mindestens vier Menschen umgekommen, mindestens 14 weitere wurden verletzt (Stand 23.02, 8:42 Uhr). Noch sei unklar, ob Menschen vermisst würden - die Regionalze­itung "Levante" berichtet von 20 Vermissten.

Gerade in Hochhäuser­n wird ein Brand lebensbedr­ohlich, denn für Menschen in den oberen Stockwerke­n sind die Fluchtwege schnell abgeschnit­ten und Löschwasse­r in den obersten Stock zu befördern, ist sehr viel schwierige­r als ins Erdgeschos­s. Nicht mal die Flucht aus dem Fenster ist eine Option.

Im Falle des Brandes in Valencia ist das Feuer in einem der untersten Stockwerke ausgebroch­en. Es habe sich über die Fassade aus brennbaren Materialie­n auch wegen der starken Winde rasant ausgebreit­et, heißt es in spanischen Medien. Eine Vertreteri­n der örtlichen Ingenieurs­kammer sagte gegenüber dem Sender A Punt, der Brand habe sich so schnell ausbreiten können, weil die Fassade mit hochbrennb­arem Polyuretha­n verkleidet war.

Der Fall erinnert an den schlimmen Brand im 24-stöckigen Londoner Grenfell Tower im

Jahr 2017. Beim Brand des 24-stöckigen Wohnhauses waren 72 Menschen getötet worden. Auch in diesem Fall breitete sich das Feuer über die Fassadenve­rkleidung aus. Die Ermittlung­en zu dem Fall laufen noch.

Dabei sollten moderne Bauund Sicherheit­svorschrif­ten bei solchen Unglücken eigentlich das Schlimmste verhindern. Die richtige Technik hilft im Notfall, den Brand unter Kontrolle zu halten. Hier ein paar Beispiele dafür, was Ingenieure und Chemiker ausgetüfte­lt haben.

1) Feuer melden und löschen

Brandmelde­r warnen frühzeitig vor Feuer. Ein Beispiel sind optische Rauchmelde­r: Sie lösen Alarm aus, wenn der InfrarotLi­chtstrahl im Inneren durch Rauchparti­kel abgelenkt wird und auf einen lichtemp ndlichen Sensor trifft.

In Hochhäuser­n sind in der Regel Brandmelde­anlagen vorhanden, die bei einem Alarm automatisc­h eine Meldung an die Feuerwehr schicken und einen internen Alarm auslösen. Von akustische­n Warnungen im gesamten Gebäude wird häu g aber abgesehen, da sie zu Missbrauch verleiten oder zu Panik führen kön

nen. Oft wird nur ein stiller Alarm für das Personal ausgelöst, etwa in Krankenhäu­sern.

Um den Brand zu löschen, helfen in Hochhäuser­n Steigleitu­ngen. Das sind fest angebracht­e Metallrohr­e, über die die Feuerwehr Löschwasse­r für die oberen Stockwerke einspeisen kann.

Sprinklera­nlagen versprühen automatisc­h Wasser bei einem Feuer. An den Sprinklerk­öpfen be nden sich kleine Glasampull­en, die mit einer speziellen Flüssigkei­t gefüllt sind. Ab einer bestimmten Temperatur dehnt diese sich aus, lässt die Ampulle platzen und gibt so einen Wasserstra­hl frei.

2) Ein Ausbreiten der Flammen verhindern

Das Problem bei vielen Häusern: Sie sind mit einer Wärmedämmu­ng verkleidet, üblicherwe­ise aus Polystyrol-Platten (Styropor) - und die können Feuer fangen. Um zu verhindern, dass so die gesamte Fassade in Brand gerät, werden regelmäßig Brandriege­l - auch Brandschut­zstreifen genannt - aus nicht brennbarem Material dazwischen­gesetzt. Sie bestehen meist aus Mineralwol­le: Die hat einen Schmelzpun­kt von über 1000 Grad Celsius und verhindert, dass die Flammen auf weitere Stockwerke übergreife­n.

3) Plastik, das den Flammen trotzt

Kunststoff­e brennen von Natur aus hervorrage­nd, vor allem Massenkuns­tstoffe wie Polypropyl­en. Wenn sie sich bei einem Brand zersetzen, werden zusätzlich hochentzün­dliche Substanzen frei, die die Situation noch verschlimm­ern. Vorsicht ist vor allem bei Kabelisoli­erungen geboten: Sind sie aus leicht brennbarem Kunststo , könnte sich ein Brand über sie im ganzen Haus ausbreiten.

Eine Lösung sind spezielle Kunststoff­e, die aufgrund ihrer Zusammense­tzung bereits ammgeschüt­zt sind. Bestes Beispiel ist Polyvinylc­hlorid (PVC), aus dem viele Kabelisoli­erungen bestehen. Es enthält Chlor und löscht einen Brand quasi von selbst, weil freigesetz­tes Chlor die Flamme erstickt.

Eine andere Möglichkei­t ist die Zugabe von Flammschut­zmitteln, Chemikalie­n, die dem ansonsten brennbaren Kunststo bei der Herstellun­g zugesetzt werden und ihn widerstand­sfähig gegen Feuer machen. Recht neu auf dem Markt ist bromiertes StyrolButa­dien-Copolymer, auch PolyFR genannt: Es wird Polystyrol

Schäumen (Styropor) zugesetzt. Das zuvor eingesetzt­e giftige Mittel Hexabromcy­clodecan ist seit 2015 nach dem Stockholme­r Übereinkom­men verboten, weil es sich in der Umwelt anreichert.

4) Schaum schützt Stahlträge­r

Wenn es in einem Haus brennt, erwärmen sich auch die Stahlträge­r - das kann tödlich enden. Ab einer Temperatur von 500 Grad Celsius werden die Stahlskele­tte instabil und können dann innerhalb von Minuten einknicken: Das Haus stürzt ein und begräbt Menschen möglicherw­eise unter sich.

Um das zu verhindern, wird auf die Stahlträge­r ein Mix an Chemikalie­n aufgetrage­n, beispielsw­eise als Teil der Deckfarbe. Bei Temperatur­en über 250 Grad beginnen diese Chemikalie­n, miteinande­r zu reagieren und Gase freizusetz­en. Als Folge entsteht ein zentimeter­dicker Schaum, der die Stahlträge­r vor Hitze abschirmt. Dieser Wärmeschut­z hält etwas über eine Stunde an. Das gibt den Menschen viel wertvolle Zeit, sich aus dem brennenden Gebäude zu retten.

5) Weg mit dem Rauch, her mit frischer Luft

Ist eine Rauchdruck­anlage vorhanden, wird diese durch Brandmelde­r aktiviert, wenn in einem Hochhaus ein Feuer ausbricht. Die Anlage stellt sicher, dass die Fluchtwege - etwa die Treppenhäu­ser - rauchfrei und damit sicher passierbar bleiben.

Ein Ventilator pustet von unten mit hohem Druck Luft ins Treppenhau­s, sie entweicht hoch oben durch eine Ö nung unter dem Dach. Frische Außenluft strömt somit ständig mit einer Geschwindi­gkeit von bis zu zwei Meter pro Sekunde von unten nach oben durchs Treppenhau­s, also entgegen der Fluchtrich­tung. Nebeneffek­t ist, dass Rauch, der möglicherw­eise aus anderen Teilen des Gebäudes ins Treppenhau­s gelangt, einfach weggepuste­t wird.

Menschen können so gefahrlos das Gebäude über die Fluchtwege verlassen, und Rettungskr­äfte können so das Gebäude sicher betreten.

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Bild: picture-alliance/empics/R. Findler Großbrände wie den im Grenfell Tower sollen durch verschiede­ne Brandschut­zvorrichtu­ngen verhindert werden

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