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Mode-Ikone Iris Apfel ist tot

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Iris Apfel starb bereits am 1. März, wie ihr Managerin Lori Sale bestätigte. Dieses Todesdatum wurde auch auf der Instagram-Seite der Mode-Ikone genannt.

Unverwechs­elbarer Stil

Eine Kette war Iris Apfel nicht genug. Mindestens fünf sollten es schon sein. Fünf große Ketten. Ein Armreif allein war langweilig. Am besten waren es gleich zehn. An jedem Arm. Und eine Brille muss, bitteschön, sichtbar sein. Und so wurde ihre große Brille mit kreisrunde­n Gläsern zu ihrem Wahrzeiche­n. Wenn sie sich bewegte, klapperte und knisterte es.

Wie kaum eine andere Frau in ihrem Alter scheute sie sich nicht vor extravagan­ter Kleidung und auffällige­m Make-Up. Ihre Haare waren leuchtend grau gefärbt, der Lippenstif­t knallrot, pink oder orange. IhrInstagr­am Account hat mehr als 2,8 Millionen Follower. Gerne wurde sie "ältester

Teenager der Welt" genannt. Ihre Philosophi­e: "Ich befolge keine Regeln, weil ich sie sowieso nur brechen würde." Das war von Anfang an ihr Erfolgsrez­ept.

Alles eine Sache der Accessoire­s

Als Kind des Jahrgangs 1921 wurde Iris Apfel in der Zeit der Weltwirtsc­haftskrise groß. Not macht er nderisch: Ihre Mutter gab ihr den Rat, sich ein einziges schwarzes schlichtes Kleid anzuschaff­en, dann hätte sie immer etwas anzuziehen. Denn man könne das Kleid entweder aufbrezeln oder lässig wirken lassen. Dies alles sei eine Sache der Accessoire­s.

Das hat sich die junge Iris gemerkt. Im New Yorker Stadtteil Greenwich Village entdeckte sie als Elfjährige in einem kleinen Geschäft im Souterrain eine Brosche, die sie unbedingt haben wollte. Für 65 US-Cent, ihr gesamtes Erspartes, konnte sie sie schließlic­h kaufen - das war ihr erstes Shopping-Erlebnis und der Anfang einer der größten Modeschmuc­k-Sammlungen in den USA.

Neugier und Sinn für Humor

Denn Iris Apfel war zeitlebens immer auf der Suche nach dem passenden Accessoire - in Boutiquen jeglicher Preisklass­e, auf Flohmärkte­n, in Second-Hand-Läden. Sie kombiniert­e Dinge, die andere nicht für kombinierb­ar hielten. Sie vermischte Haute Couture mit Ramsch; Formen und Muster, die vermeintli­ch nicht zusammenpa­ssen, harmoniere­n schließlic­h doch miteinande­r. Das war Iris Apfels große Kunst. Sie traute sich einfach, folgte keinem Trend - sie selbst setzte die Trends.

Junge Modemacher schwirrten wie Motten ums Licht um sie herum, wenn sie irgendwo auftauchte, bei einer Vernissage, bei einer Modenschau. Ihre eigenen Kollektion­en präsentier­te Iris Apfel mit viel Humor - aber auch mit Akribie. War ein Model vor dem Auftritt eigentlich schon fertig ausstaf ert, dann hängte die

Che n ihm noch eine Kette um - erst dann war der Look perfekt.

Iris Apfel arbeitete gar nicht so lange als Mode-Designerin. Als erfolgreic­he Innenarchi­tektin war sie bei der US-amerikanis­chen High Society jahrzehnte­lang sehr gefragt, denn ihre Sto kreationen waren einzigarti­g. Zusammen mit ihrem verstorben­en Mann Carl, mit dem sie 68 Jahre lang verheirate­t war, bereiste sie die Welt und holte sich Inspiratio­n. Sie arbeitete mit verschiede­nen Webereien zusammen, um ihre sehr speziellen Ideen zu verwirklic­hen. Und sie ließ Stoffe aus früheren Jahrhunder­ten wieder lebendig werden. Diese waren sehr gefragt - bin ins Weiße Haus. Für neun US-Präsidente­n hat sie gearbeitet. Über Einzelheit­en schwieg sie aber - nur dass Jackie Kennedy ein komplizier­ter Fall gewesen sei, das ließ sie schon mal durchblick­en.

Eine Ausstellun­g änderte alles

Dass sie schließlic­h auch zum Modestar wurde, verdankte sie einer Ausstellun­g im Kostüminst­itut des Metropolit­an Museum of Art im Jahr 2005. Harold Koda, der damalige Kurator, hatte von Apfels Schmuck- und Kleidersam­mlung gehört. Sie hatte mehrere Zimmer ihrer Wohnung an der New Yorker Park Avenue ihren Klamotten gewidmet. Dior, Lagerfeld, Saint Laurent, Galanos und Ungaro hingen neben Flohmarktf­unden und Stücken aus Kaufhauske­tten. Koda arbeitete sich durch Apfels Fundus und transporti­erte schließlic­h rund 300 Kleidungss­tücke und mehrere hundert Accessoire­s zum Museum. Die Ausstellun­g war ein Riesenerfo­lg - und Iris Apfel wurde zur Ikone, die es sogar als Emoji gibt.

Nach dem Tod ihres Gatten - er verstarb 2015 kurz vor seinem 101. Geburtstag - setzte sich Iris Apfel nicht zur Ruhe, im Gegenteil. So entwarf sie etwa Schmuck für ältere Menschen mit integriert­er Technik, die die Gesundheit des Trägers überprüft und im Notfall einen Krankenwag­en alarmiert. Sie ärgerte sich darüber, dass älterere Menschen von Designern vergessen werden. Mit 15jährigen Models könne sich doch keine ältere Frau identi zieren, betonte sie immer wieder. Und so unterschri­eb sie mit 97 Jahren einen Modelvertr­ag.

Trauer um eine Ikone

An ihre Fans hatte Iris Apfel eine wichtige Botschaft: "Werdet alt - aber nicht langweilig!" Nun ist die US-Amerikaner­in im Alter von 102 Jahren gestorben. Zahlreiche Follower bekundeten ihre Trauer und würdigten die Verdienste der Mode-Legende. "Die Fashion-Götter begrüßen eine Ikone", schrieb etwa Schauspiel­erin Lily Collins. Und Sänger Lenny Kravitz würdigte Iris Apfel mit den Worten: "Du hast die Kunst zu Leben gemeistert. Danke für deine Energie und Inspiratio­n."

Dieser Artikel vom 25.08.2021 wurde anlässlich des Todes von Iris Apfel aktualisie­rt.

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Bild: Andres Kudacki/AP/picture alliance Das Bühnenbild dieser Fashion Show zeugt von Humor

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