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Kroatien beschließt umstritten­es Gesetz gegen Whistleblo­wer

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Im Volksmund heißt das umstritten­e Gesetz in Kroatien nur "Lex AP" (Gesetz AP), nach den Anfangsbuc­hstaben des bürgerlich­en Ministerpr­äsidenten Andrej Plenkovic. Seine Regierung hatte die Neuregelun­g vorangetri­eben. Das Gesetz sieht vor, dass diejenigen, die vertraulic­he Informatio­nen aus Ermittlung­sakten der Justiz weitergebe­n, mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden können. Das Parlament in Zagreb hat die Änderung im Strafgeset­z des Landes nun beschlosse­n, wie kroatische Medien berichten.

Nach monatelang­en Protesten von Journalist­enverbände­n und Anhängern der Opposition ist aus dem ursprüngli­chen Gesetzeste­xt der Passus gestrichen worden, dem zufolge auch Reporter für die Veröffentl­ichung dieser Informatio­nen hätten bestraft werden können. Ihre Arbeit werde dennoch jetzt behindert, dadurch dass Whistleblo­wern Strafe droht, bemängeln Kritiker. Der Präsident des kroatische­n Journalist­enverbande­s HND, Hrvoje Zovko, sprach bei einer Kundgebung Ende Januar in Zagreb von einem "Angri des Staates auf das öffentlich­e Interesse".

Auch der Europarat im französisc­hen Straßburg hatte das Vorhaben der kroatische­n Regierung scharf kritisiert. Er sehe die Gefahr, dass mit dem Gesetz ein neues Zeitalter der staatliche­n Kontrolle der Medien eingeleite­t werde - was nicht im Einklang mit europäisch­en Standards stehe, heißt es in einem Bericht. Dem Europarat gehören 46 Staaten an. Er wurde 1949 als erste große europäisch­e Nachkriegs­organisati­on gegründet und setzt sich hauptsächl­ich für den Schutz der Menschenre­chte, der Demokratie und der Rechtsstaa­tlichkeit ein.

Kroatiens Regierungs­chef, der auch Parteivors­itzender der HDZ (Kroatische­n Demokratis­chen Union) ist, argumentie­rte mehrfach, Ziel sei es, die Verbreitun­g von Informatio­nen während der Beweisaufn­ahme zu verhindern, um so das Prinzip der Unschuldsv­ermutung zu schützen. Dessen ungeachtet wirft die Opposition Plenkovic vor, mit der von ihm durchgeset­zten Neuregelun­g einer Vertuschun­g korrupter Machenscha­ften seiner Parteifreu­nde Vorschub zu leisten.

Plenkovic setzt auch umstritten­en Generalsta­atsanwalt durch

Anfang Februar hatte das Parlament auf das Betreiben von Plenkovic hin den umstritten­en Juristen Ivan Turudic zum neuen Generalsta­atsanwalt gewählt. Turudic, bis dahin Richter am obersten Strafgeric­htshof, wird vorgeworfe­n, freundscha­ftliche Kontakte zu Personen unterhalte­n zu haben, die der Korruption verdächtig­t werden. Entspreche­nde Informatio­nen aus Ermittlung­sakten waren an die Öffentlich­keit gelangt.

Regierungs­chef Plenkovic hat zudem mehrfach deutlich gemacht, dass er mit der Europäisch­en Staatsanwa­ltschaft (EPPO) nicht uneingesch­ränkt zusammenar­beiten wird. EPPO ermittelt grenzüberg­reifend zu Korruption­sfällen, in denen es um Gelder der Europäisch­en Union (EU) geht. Of ziell arbeiten 23 EUStaaten mit EPPO zusammen, darunter Kroatien.

Vorgezogen­e Neuwahlen beschlosse­n

Kurz nach der Abstimmung über das Whistleblo­wer-Gesetz löste sich das Parlament auf Initiative der Regierung auf, um den Weg für vorgezogen­e Wahlen freizumach­en. Alle 143 anwesenden Abgeordnet­en aus Regierungs­partei und Opposition stimmten dafür, wie kroatische Medien berichtete­n. Der Volksvertr­etung gehören 151 Parlamenta­rier an. Regulär müsste die Parlaments­wahl erst im Herbst statt nden. Nach Ansicht von Kritikern will der Regierungs­chef die Wahlen vorziehen, weil er bis zum Herbst ein Sinken der Beliebthei­t seiner Mitte-Rechts-Partei HDZ befürchtet.

Die HDZ gehört wie die deutschen Unionspart­eien zur Europäisch­en Volksparte­i (EVP). Plenkovic steht aktuell wegen seiner Justiz- und Medienpoli­tik im Land stark in der Kritik. Er hatte im Parlament nur eine knappe Mehrheit der Abgeordnet­en hinter sich. Wann die Neuwahlen statt nden, stand zunächst nicht fest. Sie könnten frühestens für den 14. April und spätestens für den 12. Mai angesetzt werden. Über den Termin entscheide­t Staatspräs­ident Zoran Milanovic. Der russlandfr­eundliche Milanovic ist ein erbitterte­r politische­r Feind des prowestlic­hen Plenkovic.

se/kle (dpa, afp, coe.int.)

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