Deutsche Welle (German edition)
Es bleibt dabei: Keine Taurus in die Ukraine
Die CDU/CSU-Opposition im Deutschen Bundestag ist ein weiteres Mal mit einer Abstimmung zur Lieferung der Marsch ugkörper an die Ukraine gescheitert. Allerdings haben zwei Abgeordnete der Regierungspartei FDP für den Antrag gestimmt und sich damit gegen Bundeskanzler Olaf Scholz von der SPD gestellt. Auch einige andere Abgeordnete der Koalition sprachen sich für die Taurus-Lieferung aus, auch wenn sie schließlich gegen den Oppositionsantrag stimmten.
Sie haben mit ihrem Widerspruch gezeigt, wie wenig Scholz' Machtwort wert ist. "Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das", hatte der Sozialdemokrat gesagt. Er lehnt die Lieferung der deutschen Marsch ugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern an die Ukraine ab. Er glaubt, die Waffen könnten nur unter Mitwirkung deutscher Soldaten eingesetzt werden und das könne Deutschland in den Krieg hineinziehen. Auch in einer parlamentarischen Fragestunde sagte er noch einmal zu Taurus: "Das ist eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will."
Von den Abweichlern in den eigenen Reihen ging der Grünenpolitiker Anton Hofreiter besonders weit. Der hatte zusammen mit dem CDU-Außenexperten Norbert Röttgen einen Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschrieben. Darin werfen sie Scholz einen "katastrophalen Defätismus" und eine Falschaussage vor. Wenn Scholz behaupte, Taurus-Lieferungen machten Deutschland zur Kriegs
partei, sei dies "faktisch und rechtlich falsch".
Starker Tobak für den Bundeskanzler, so etwas von einem Mitglied der eigenen Regierungskoalition zu lesen. Die Zahl der Abweichler in den eigenen Reihen nimmt offenbar zu, auch wenn die meisten von ihnen dann doch nicht für den Antrag der CDU/CSU gestimmt haben. Auch die grüne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte zuvor erkennen lassen, dass sie ebenfalls für die Lieferung ist.
Scharfe Angri e der CDU
Währenddessen gerät die Ukraine militärisch immer mehr in Be
drängnis. Und das hat Auswirkungen auch auf Deutschland, meint der CDU-Sicherheitspolitiker Roderich Kiesewetter: "Es muss klar sein: Wenn Putin nicht in der Ukraine gestoppt wird, erhöht sich die Kriegsgefahr für uns alle massiv!", so Kiesewetter gegenüber der DW.
Kiesewetter lässt Scholz' öffentlich geäußerte Bedenken nicht gelten, spricht von "Scheingründen": "Was wirklich dahintersteckt? Entweder er lässt sich von russischer Desinformation selbst abschrecken, oder aber er will nicht, dass die Ukraine den Krieg gewinnt, sondern einen DiktatScheinfrieden mit Putin verhan
deln" - ein Vorwurf, den Scholz entschieden zurückweisen würde.
Die Idee eines Ringtauschs
Auch die Partner Deutschlands versuchen, auf den Bundeskanzler einzuwirken und seine Sorgen wegen einer Taurus-Lieferung zu zerstreuen. So lässt sich etwa die Äußerung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg deuten, der im Zusammenhang mit der Taurus-Debatte sagte: "Die Ukraine hat das in der Charta der Vereinten Nationen verankerte Recht auf Selbstverteidigung." Dazu gehöre die militärische Hilfe der NATO-Staaten für die Ukraine. Er begrüßt die Lieferung von Marsch ugkörpern vom Typ Storm Shadow und Scalp durch Großbritannien und Frankreich. Sie haben jedoch nur eine etwa halb so große Reichweite wie Taurus.
Als Kompromiss bot der britische Außenminister David Cameron kürzlich einen Ringtausch an. Danach könnte Deutschland Taurus an Großbritannien und Großbritannien noch mehr seiner Storm Shadow an die Ukraine liefern. Für Bundesaußenministerin Baerbock wäre das "eine Option".
Ein Ex-General stärkt Scholz den Rücken
Auch ein solcher Ringtausch kommt für Scholz allerdings nicht infrage. Manche spekulieren, dass er bereits die kommenden Wahlen vor Augen habe und als Friedenskanzler auftreten wolle. "Besonnenheit ist nicht etwas, was man als Schwäche quali zieren kann, wie einige das tun, sondern Besonnenheit ist das, worauf die Bürgerinnen und Bürger einen Anspruch haben", sagte Scholz in der Fragestunde des Bundestages.
Unterdessen bekommt er Unterstützung von einem ehemaligen Bundeswehrgeneral. Helmut Ganser beklagt im "Journal für Internationale Politik und Gesell