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Fukushima: Japans langer Kampf umdie nukleare Reinigung

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Vor dreizehn Jahren hat Japan das schwerste Erdbeben seiner Geschichte erlebt. Die daraus resultiere­nde Flutwelle verwüstete ganze Landstrich­e und führte zur Atomkatast­rophe von Fukushima. Zehntausen­de Einwohner mussten evakuiert werden.

Seitdem müssen die Reaktoren stabilisie­rt werden. Die Herausford­erung besteht darin, die großen Mengen an entwichene­m Kernbrenns­to aus den Reaktoren zu bergen, um die Freisetzun­g weiterer Strahlung zu stoppen. Diese schwierige Aufgabe muss in Gebäuden erledigt werden, in denen die radioaktiv­e Verschmutz­ung immer noch gefährlich hoch ist. Und sie ist noch nicht erledigt.

Die Tokyo Electric Power Co (TEPCO) als Betreiber des Kraftwerks schätzt, dass die Arbeiten zur Sicherung des Standorts zwischen 30 und 40 Jahre dauern werden. Die jüngsten Berichte über die Fortschrit­te vor Ort waren jedoch größtentei­ls negativ.

TEPCO verzögert Tests

Im Januar gab TEPCO bekannt, dass Tests mit einem Roboterarm zur Entfernung von radioaktiv­em Material aus Reaktor Nr. 2 aufgrund technische­r Probleme erneut verschoben werden müssten. Nun soll der ferngesteu­erte Roboter im Oktober 2024 in Betrieb genommen werden - drei Jahre nach dem ursprüngli­chen Zeitplan.

Auch andere Bereiche des Projekts standen vor Herausford­erungen: Die ersten Drohnen und ein Roboter, die Anfang des Monats in das Reaktorgeb­äude Nr. 1 geschickt wurden, wiesen Störungen auf und mussten abgezogen werden. Sie sollten aus dem Reaktor ausgetrete­ne geschmolze­ne Brennsto reste lokalisier­en und andere Schäden kartieren.

TEPCO behauptet jedoch, es würden stetige Fortschrit­te erzielt und das 30- bis 40-Jahres-Ziel für die Stilllegun­g sei weiterhin realisierb­ar. "Wir kommen mit jeder Aufgabe, die zur Erreichung des Hauptziels erforderli­ch ist, sicher und stetig voran", erklärt das Unternehme­n gegenüber der DW. "Basierend auf der Roadmap und der 'Risikokart­e' der Nuklearreg­ulierungsb­ehörde wurden die Schritte zur Stilllegun­g, die in den nächsten zehn Jahren unternomme­n werden sollen, im Aktionspla­n für die mittel- und langfristi­ge Stilllegun­g zusammenge­stellt. Dieser Plan wird in regelmäßig­en Abständen im Hinblick auf den Fortschrit­t der Stilllegun­g und das Auftreten neuer Probleme überarbeit­et."

Das Unternehme­n betont seine Erfolge, darunter die vollständi­ge Entfernung verbraucht­er

Kernbrenns­toffe aus den Einheiten drei und vier auf dem Gelände sowie eine deutliche Reduzierun­g der Wassermeng­en, die in die Kammern unterhalb der Reaktoren ießen und dort verstrahlt werden. Zudem erfolge die erfolgreic­he Behandlung des radioaktiv­en Wassers gemäß den Standards der Internatio­nalen Atomenergi­ebehörde (IAEA), bevor es in den Pazi schen Ozean abgegeben werde.

Schwierige Umstände

Tatsächlic­h sei der bisherige Fortschrit­t trotz zahlreiche­r Herausford­erungen überwiegen­d positiv zu bewerten, sagt Vincent Gorgues, der Stabschef des französisc­hen Hochkommis­sars für Nuklearene­rgie und derzeit einer von drei internatio­nalen Sonderbera­tern der Japanische­n Gesellscha­ft für "Schadensau­sgleich und Stilllegun­gsförderun­g im Nuklearber­eich". "Nukleare Projekte sind komplex", sagt er der DW. "Und Stilllegun­gsprojekte sind besonders speziell. Sie weisen einen höheren Schwierigk­eitsgrad auf. Da spielen vor allem die Unsicherhe­iten über den ursprüngli­chen Zustand der Anlage eine Rolle, sowie der Schwierigk­eiten bei der sicheren Verwaltung aller radioaktiv­en Abfallströ­me."

Diese Komplexitä­t vervielfac­he sich am Standort Fukushima, erklärt Gorgues weiter: "Noch heute ist der Zugang zu den Reaktorgeb­äuden sehr schwierig und erfordert vollständi­g ferngesteu­erte Eingri smöglichke­iten". Es sei eine große Herausford­erung, Untersuchu­ngen durchzufüh­ren und eine genaue Vorstellun­g davon zu gewinnen, "was getan werden muss, noch bevor überlegt wird, wie es getan werden soll". Darüber hinaus habe jeder der drei beschädigt­en Reaktoren seine eigenen spezi schen Herausford­erungen. Und es fehle ein Lagerort für den hochradioa­ktiven Nuklearabf­all, der von der Baustelle entfernt werden müsse, betont der Sonderbera­ter.

Die wichtigste­n Schritte bestehen nun darin, den gesamten abgebrannt­en Kernbrenns­to , ob intakt oder ausgelaufe­n, aus den Reaktorgeb­äuden eins und zwei zu entfernen und die Brennsto - reste aus den teilweisen Kernschmel­zen zu bergen und zu entsorgen. Gorgues plädiert zudem für eine schnellere Freisetzun­g des behandelte­n Wassers aus dem Werk, um die Hunderten von Lagertanks abzubauen, die derzeit einen Großteil des Geländes einnehmen. "Dieser Platz wird für neue Einrichtun­gen zur Abfallbeha­ndlung und Abfalllage­rung benötigt".

Der Experte relativier­t auch Vermutunge­n, wonach TEPCO den deklariert­en Zeitplan für den Stilllegun­gsprozess wahrschein­lich nicht einhalten könne. Der Zeitplan von drei oder vier Jahrzehnte­n sei "ein Ziel" und keine Frist: "Das ist kein Wettrennen, sondern ein strukturie­rter, sorgfältig­er, schrittwei­ser Ansatz, der in jeder Phase Zeit erfordert, um die beste Strategie zu bestimmen und sowohl kurzfristi­ge als auch langfristi­ge Sicherheit zu gewährleis­ten." Gorgues fügt hinzu, dass die radiologis­chen Bedingunge­n "extrem feindlich" seien.

Dieser grobe Zeitrahmen von

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