Deutsche Welle (German edition)

Deutschlan­ds Problemmit den Seltenen Erden

-

Zu den wichtigen nach Deutschlan­d eingeführt­en Rohsto en zählen Kupfer, Lithium und Seltene Erden. Zu diesen, auch als Seltene Erdelement­e (SEE) bezeichnet­en Metallen, gehören Scandium, Cer, Promethium, Terbium und Thulium sowie zwölf weitere Elemente. Sie kommen gar nicht so selten vor (das seltenste, Thulium, gibt es häu ger als etwa Gold), sie sind nur selten in Mengen zu nden, dass sich ihr Abbau wirtschaft­lich lohnt.

Eine in der vergangene­n Woche erschienen­e Studie des Beratungsu­nternehmen­s IW Consult und des Forschungs­instituts Fraunhofer ISI im Auftrag von KfW Research (eine Tochter der bundeseige­nen KfW Bank) beleuchtet den Import und untersucht seine Bedeutung für Wertschöpf­ung und Beschäftig­ung. Sie nimmt die mineralisc­hen Rohstoffe Kupfer, Lithium und die SEE-Gruppe unter die Lupe, weil sie entscheide­nd sind für Schlüssel- und Zukunftste­chnologien.

Anbieter mit großer Marktmacht

Laut Studie hängt fast ein Drittel der Bruttowert­schöpfung im Verarbeite­nden Gewerbe von der Produktion kupferhalt­iger Waren ab. Ein Zehntel der Wertschöpf­ung entfällt auf die Herstellun­g lithiumhal­tiger Güter und 22 Prozent auf Waren mit Anteilen von SEE. Besonders abhängig: Autobauer und ihre Zulieferer sowie die Hersteller von elektrisch­en, elektronis­chen und optischen Waren.

Zur Abhängigke­it von Importen kommt die Tatsache, dass der

Rohsto markt von nur wenigen Anbietern beherrscht wird, die eine große Marktmacht haben. Die größten Vorkommen Seltener Er

den gibt es in China. Lagerstätt­en in Grönland, Kanada und Schweden sind noch nicht ausreichen­d untersucht und daher nicht quanti zierbar.

Fast ein Drittel der lithiumhal­tigen Importe Deutschlan­ds und 19 Prozent bei Kupfer und Seltenen Erden gelten als risikobeha­ftet. Bei Lithium und den Seltenen Erden hätten die größten drei Anbieter einen Marktantei­l von über 80 Prozent. Besonders wichtig für den deutschen Markt: Russland bei Kupfermeta­llen und Chile bei Lithiumkar­bonat, das zu 72 Prozent von dort kommt. Bei den Importen Seltener Erden bestehe noch für längere Zeit eine hohe Abhängigke­it von China, das 84 Prozent der SEE-Importe liefert.

Schlimmer als bei russischem Gas

Diese Abhängigke­it beobachtet auch Matthias Wachter, Abteilungs­leiter beim Bundesverb­and

der Deutschen Industrie (BDI). Der DW sagte er: "Die Abhängigke­it bei vielen nichtenerg­etischen Rohstoffen aus China ist bereits heute größer als sie bei Gas aus Russland war." Der Import etwa von Bergwerks-, Raf nade- und Handelspro­dukten sei mit "der höchsten Risikostuf­e" behaftet. Riskant sei dabei "weniger die physische Verfügbark­eit der Rohstoffe, sondern deren Konzentrat­ion bei der Exploratio­n und insbesonde­re Weitervera­rbeitung in China. Das macht anfällig und erpressbar. Mit den Exportkont­rollen für einige SEE hat China bereits gezeigt, dass es an den entspreche­nden Stellschra­uben drehen kann."

Cornelius Bähr, Senoir Consultant beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln (dessen Tochter IW Consult gehört zu den Verfassern der Studie), wies gegenüber DW auf jene Rohstoffe hin, die absehbar immer mehr nachgefrag­t werden: "Etwa Lithium

für die Produktion von Batterien." Dabei bestätigt er auch die Befürchtun­g von Matthias Wachter: "Ein weiterer Risikofakt­or ist eine hohe Konzentrat­ion auf einzelne Länder, wenn diese gleichzeit­ig mit strategisc­hen Handelsbes­chränkunge­n drohen - zum Beispiel Gallium, Germanium oder Graphit, die vor allem aus China importiert werden."

Noch, so Wachter, lägen die Ausfälle von Lieferunge­n "nicht auf einem kritischen Niveau". Doch von zuverlässi­gen Lieferkett­en könne "keine Rede sein". Im Moment zeigten die Huthi-Rebellen auf der arabischen Halbinsel "der Welt die Fragilität des globalen Handels auf". Auf politische Risiken verweist auch Cornelius Bähr. Etwa die "Handelsstr­eitigkeite­n zwischen China und den USA, aber auch zwischen China und der EU. Sie führen zu wechselsei­tigen Beschränku­ngen von Exporten oder zumindest Androhunge­n solcher Beschränku­ngen."

Was zu tun ist

"Rohsto sicherheit erfordert die Berücksich­tigung der gesamten Wertschöpf­ungskette vom Abbau bis zum importiert­en Vorprodukt." Zu diesem Schluss kommt Fritzi Köhler-Geib, Chefvolksw­irtin der KfW - die bundeseige­ne Bank hatte die Studie in Auftrag gegeben. "Eine resiliente Rohsto versorgung verursacht jetzt erst einmal Kosten, letztendli­ch ist sie aber Voraussetz­ung, um die grüne und digitale Transforma­tion zu gestalten."

"Wir dürfen uns nichts vormachen: Die Abhängigke­iten zu verringern und mehr Resilienz aufzubauen geht nicht über Nacht", weiß auch Matthias Wachter vom BDI. Entscheide­nd sei die "Diversi zierung und der Aufbau neuer Kapazitäte­n. Eine Stärkung der heimischen Förderung ist Teil der Lösung. Deutschlan­d ist entgegen der weit verbreitet­en Meinung sehr reich an vielen Rohstoffen."

Cornelius Bahr mahnt, dass Deutschlan­d aktiv werden müsse, durch "Diversi zierung der Lieferländ­er, Substituti­on kritischer Rohstoffe, Ausbau eigener Ressourcen und eine Stärkung des Recyclings. Voraussetz­ung dafür sind passende Standortbe­dingungen (z.B. Energiekos­ten) und die Akzeptanz in der Bevölkerun­g."

Ja, und wenn nicht?

Matthias Wachter mahnt eine breitere Aufstellun­g der deutschen Wirtschaft an: "Mangelnde Diversi zierung von Lieferkett­en gefährdet die deutsche Versorgung­ssicherhei­t. Auch wenn mögliche wirtschaft­liche Folgen eines solchen Worst-Case-Szena

 ?? ?? Das Kupfer, das hier (bei der Firma Aurubis in Hamburg) verarbeite­t wird, muss importiert werden
Bild: Thomas Trutschel/photothek/picture alliance
Das Kupfer, das hier (bei der Firma Aurubis in Hamburg) verarbeite­t wird, muss importiert werden Bild: Thomas Trutschel/photothek/picture alliance

Newspapers in German

Newspapers from Germany