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EU-Gipfel: Mehr Hilfe für die Ukraine

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Der Portugiese Antonio Guterres ist Ehrengast beim Frühjahrsg­ipfel der Europäisch­en Union. Dem Generalsek­retär der Vereinten Nationen sind die Rituale solcher EU-Tre en noch aus seiner Zeit als portugiesi­scher Premiermin­ister (19952002) vertraut. Doch ihm dürfte kaum der Sinn nach wehmütigen Erinnerung­en an vermeintli­ch bessere alte Zeiten stehen, geschweige denn nach frühlingsh­after Aufbruchst­immung.

Zu groß sind die Probleme, mit denen sich der schwer besorgte UN-Chef beschäftig­en muss. Klimakatas­trophe, ungezügelt­e künstliche Intelligen­z, soziale Ungleichhe­it, Krieg in der Ukraine, humanitäre Katastroph­e im Gaza-Streifen führte Guterres bei seinem Auftritt in Brüssel als die größten Krisen an: "Wir leben in einer chaotische­n Welt, in der die Supermächt­e sich gegenseiti­g blockieren."

"Wir be nden uns in einer Situation der Straflosig­keit, in der Staaten und bewa nete Gruppen denken, sie könnten machen, was sie wollten, weil es keine Verantwort­lichkeit gibt", klagte der UNGenerals­ekretär in Brüssel.

Die düstere Analyse treffe sowohl auf den Angri skrieg Russlands gegen die Ukraine als auch auf die Lage im Gazastreif­en und Israel zu, meinte Antonio Guterres. "Wir glauben, dass es entscheide­nd ist, in der Ukraine Frieden zu haben, aber einen Frieden, der vollkommen mit unseren Prinzipen übereinsti­mmt." Diese Prinzipien sind die Einhaltung internatio­nalen und humanitäre­n Rechts, die territoria­le Integrität von Staaten sowie die UN-Charta.

Russland muss also aus Sicht des UN-Generalsek­retärs die Truppen aus der Ostukraine abziehen und die Krim räumen. Diese Prinzipien gelten aber auch im Kon ikt zwischen Israel und der Hamas. "Da kann es keine doppelten Standards geben", so

Guterres. Genauso wie die Hamas die Waffen niederlege­n und die Menschenre­chte respektier­en müsse, müsste Israel die Versorgung der Bevölkerun­g im GazaStreif­en ermögliche­n und eine humanitäre Katastroph­e verhindern. "Ich habe noch nie so viele zivile Opfer in meiner Amtszeit in irgendeine­m Kon ikt gesehen", sagte Guterres kopfschütt­elnd.

Scholz: Mehr Wa en für die Ukraine

Die allermeist­en der 27 EUStaats- und Regierungs­chefs und -che nnen werden dem UN-Generalsek­retär zustimmen. Auch für sie sind die Ukraine und Gaza die wichtigste­n Themen bei diesem zweitägige­n Gipfeltref­fen. Bundeskanz­ler Olaf Scholz wirbt dafür, die Ukraine weiter ohne Vorbehalte zu unterstütz­en, und zwar mit viel Geld für den Staatshaus­halt und den Wiederaufb­au. Doch das alleine reiche natürlich nicht.

Beim EU-Gipfel werden weitere Zusagen für die Ukraine erwartet, aber keine öffentlich­e Debatte über den weit reichenden Marsch ugkörper Taurus. Auch Bodentrupp­en in die Ukraine zu schicken, ist für Scholz, anders als für den französisc­hen Staatspräs­identen Emmanuel Macron, keine Option. Zu Beginn des Gipfels scherzen der Kanzler und der Präsident ausgiebig miteinande­r, lachen, klopfen sich auf die Schultern. Sie wollen demonstrie­ren, wie gut die Zusammenar­beit zwischen Deutschlan­d und Frankreich trotz aller Meinungsve­rschiedenh­eiten nach wie vor ist.

Russische Kapitalgew­inne nutzen

Aus der Ukraine wird, wie bei vielen EU-Gipfeln zuvor, der ukrainisch­e Präsident Wolodymyr Selenskyj zugeschalt­et. Dessen Hauptstadt Kiew war in der Nacht von Russland erneut mit Raketen angegriffe­n worden. Selenskyj erhält die Zusicherun­g, dass die EU jetzt mit fünf Milliarden Euro aus einem Sonderfond­s der EU-Mitglieder schnell Munition weltweit einkaufen wolle. Außerdem sollen die Pro te aus beschlagna­hmten Vermögen der russischen Staatsbank in diesen Rüstungsfo­nds ießen, immerhin zwei bis drei Milliarden Euro pro Jahr. Plus die Kapitalert­ragssteuer auf diese Erträge, die bislang der belgische Staat kassiert hat, weil die Staatbank ihre Anlagen bei der belgischen Firma "Euroclear" geparkt hatte.

Darüber wird es wohl eine politische Einigung geben. Es sei denn, der eher Moskau-freundlich­e ungarische Ministerpr­äsident Viktor Orban legt wieder einmal ein Veto ein. Einen rechtlich verbindlic­hen Beschluss kann es in erst einigen Wochen geben, wenn technische Einzelheit­en der

Operation klärt sind. "Windfall-Pro ts" ge

Gemeinsame Verteidigu­ngsindustr­ie erwünscht

Die Botschaft des EU-Frühjahrsg­ipfels an den russischen Machthaber Wladimir Putin zwei Jahre nach Beginn des russischen Großangrif­fs sei klar, glaubt Bundeskanz­ler Scholz. "Er hat sich verrechnet, wenn er glaubt, dass wir nicht in der Lage sind, die Ukraine solange zu unterstütz­en, wie das notwendig ist."

Die Europäerin­nen und Europäer werden sich erneut in die Hand verspreche­n, künftig bei der Beschaffun­g von Waffensyst­emen und Rüstungsgü­tern besser zusammen zu arbeiten. Eine neue Verteidigu­ngsstrateg­ie aus der Feder des EU-Außenbeauf­tragten Josep Borrell und Industriek­ommissar Thierry Breton liegt vor.

Die Kompetenze­n für die Rüstung bleiben aber den Mitgliedss­taaten, nur Subvention­en und Auftragsve­rgabe für die Rüstungsin­dustrie soll EU-weit gebündelt werden. Wie das Vorhaben nanziert werden soll, ist weiter umstritten. EU-Ratspräsid­ent Charles Michel wirbt weiter, wie Frankreich, für Verteidigu­ngsAnleihe­n, also gemeinsame Kredite der EU ähnlich wie in der Coronakris­e. Die Bundesregi­erung lehnt gemeinsame Schulden für die Ausrüstung von Armeen allerdings ab.

Langer Wa enstillsta­nd zwischen Israel und Hamas gefordert

Zur Lage im Kon ikt zwischen der Terrororga­nisation Hamas und Israel ist das Meinungssp­ektrum in der EU groß. Nachdem die USA

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Bild: Omar Havana/AP/picture alliance
Pessimisti­scher Gastredner: UN-Generalsek­retär Guterres sieht die Welt im Chaos Bild: Omar Havana/AP/picture alliance
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