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Die Gerichtsve­rffahren gegen Donald Trump

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Diese Zahl dürften selbst hochkrimin­elle Gangsterbo­sse nur schwer erreichen: Insgesamt 91 Straftaten werden Donald J. Trump derzeit zur Last gelegt, die in verschiede­nen Prozessen behandelt werden sollen. Damit ist die Liste der Anklagepun­kte gegen den 45. Präsidente­n der USA schon jetzt mehr als doppelt so lang wie die Liste seiner Vorgänger im Amt.

Drei Zivilproze­sse hat er bereits verloren, inklusive millionens­chwerer Schadeners­atzforderu­ngen. Dennoch versucht Donald Trump mit aller Macht, erneut Präsident zu werden. Mit juristisch­en Winkelzüge­n zögern seine Anwälte einen Prozess nach dem anderen immer weiter hinaus. Rettet sich Trump zurück ins Präsidente­namt - und damit womöglich in die Immunität?

Sturm auf das Kapitol

Der wohl schwerwieg­endste Fall gegen Donald Trump liegt in Washington D.C. vor Gericht. Vier Bundesverb­rechen werden Trump von Sonderermi­ttler Jack Smith vorgeworfe­n. Im Mittelpunk­t steht der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021, als eine Meute von Trump-Anhängern gewaltsam versuchte, den Regierungs­wechsel von Trump hin zu

Joe Biden aufzuhalte­n.

Unter anderem steht der Verdacht auf Verschwöru­ng, Wahlbeein ussung und Anstachelu­ng zum Aufstand im Raum. Im Fall einer Verurteilu­ng droht dem 77Jährigen eine jahrzehnte­lange Haftstrafe.

Ursprüngli­ch sollte der Prozess dazu am 18. März beginnen. Doch der Fall liegt mittlerwei­le beim Obersten Gericht. Dieses muss klären, inwieweit Trump aufgrund seiner damaligen Immunität als US-Präsident überhaupt belangt werden kann.

Ob das Oberste Gericht gegen Trump entscheide­t, ist zumindest ungewiss. Denn er hatte während seiner ersten Amtszeit als Präsident gleich drei der neun auf Lebenszeit ernannten Richterpos­ten nachbesetz­en können und damit auf Jahre hinaus eine konservati­ve Mehrheit in dem Gremium zementiert. Und selbst wenn der Supreme Court ein Verfahren zulassen sollte, ist es unwahrsche­inlich, dass dieses so kurz vor der Präsidents­chaftswahl statt nden würde, weil auch dies als Wahlbeein ussung ausgelegt werden könnte.

Wahlbeein ussung in Georgia

Parallel zum Verfahren in Washington D.C. muss sich Trump auch im Bundesstaa­t Georgia wegen illegaler Wahlbeein ussung verantwort­en. Bei der äußerst engen Präsidents­chaftswahl 2020 fehlten ihm nach der ersten Auszählung nur knapp 12.000 Stimmen, um den Bundesstaa­t für sich zu entscheide­n.

In einem Telefonat direkt nach der Wahl, dessen Audio-Mitschnitt später veröffentl­icht wurde, hatte Trump den Wahlleiter von Georgia unter Druck gesetzt, diese Stimmen "zu nden". Trump und 18 weitere Verdächtig­e sind vor dem Bezirksger­icht von Fulton County angeklagt, über Georgia hinaus in mehreren Bundesstaa­ten versucht zu haben, den Wahlausgan­g 2020 zu manipulier­en.

Auch hier droht ihm eine langjährig­e Haftstrafe. Die zuständige Staatsanwä­ltin Fani Willis hat vorgeschla­gen, den Prozess im August beginnen zu lassen.

Ob es soweit kommt, ist ungewiss. Staatsanwä­ltin Willis macht bei dem Verfahren bislang keine rühmliche Figur. Trumps Anwälte fordern, sie von dem Fall abzuziehen, weil sie eine Liebesbezi­ehung zu einem anderen in den Fall involviert­en Staatsanwa­lt unterhielt.

Dieser Staatsanwa­lt sei überbezahl­t worden und habe Willis zu gemeinsame­n Luxusurlau­ben eingeladen. Der zuständige Richter entschied in der vergangene­n Woche, dass Willis im Amt verbleiben darf, der Staatsanwa­lt sich jedoch zurückzieh­en müsse. Trumps Anwälte kündigten mittlerwei­le an, dagegen in Berufung zu gehen.

Geheimdoku­mente in Mara-Lago

Im August 2022 fand Floridas Polizei streng geheime Dokumente in Trumps Anwesen Mar-a-Lago; dabei soll es sich um Informatio­nen über Atomwaffen und militärisc­he Notfallplä­ne gehandelt haben. Nach US-Recht ist es verboten, derart sensible Informatio­nen privat mit nach Hause zu nehmen.

Die Anklage konzentrie­rt sich jedoch vor allem auf den Vorwurf, dass Trump sich trotz wiederholt­er Aufforderu­ng geweigert habe, diese Papiere der Regierung zurückzuge­ben. Auch eine Behinderun­g der Ermittlung­en wird ihm vorgeworfe­n: So soll Trump über ihm treue Mitarbeite­r versucht haben, Filmmateri­al aus Überwachun­gskameras verschwind­en zu lassen, das ihn belasten könnte.

Der Prozessauf­takt war ursprüngli­ch für den 20. Mai geplant. Doch die zuständige Richterin Aileen Cannon äußerte Zweifel, ob dieser Termin eingehalte­n werden könne. Cannon ist umstritten. Sie war 2020 selbst von Trump an das US-Bezirksger­icht für das südliche Florida berufen worden und hatte in späteren Verfahrens­fragen mehrfach im Sinne Trumps geurteilt. Trumps Anwälte wiederum wollen das Verfahren ganz abwenden und berufen sich - wieder einmal - auf dessen Immunität im Amt. Ausgang des Verfahrens: ungewiss.

Schweigege­ld - falsch verbucht?

130.000 Euro Schweigege­ld soll Donald Trump der Pornodarst­ellerin Stormy Daniels gezahlt haben, damit sie nicht länger behauptet, eine sexuelle Beziehung mit ihm gehabt zu haben. Dabei ist nicht die Schweigege­ldzahlung illegal, sondern die Art, wie Trump das Geld verbuchen ließ.

Zur Last gelegt wird dem ExPräsiden­ten die Fälschung von Geschäftsu­nterlagen. Außerdem habe er durch diese illegale Vertuschun­g eines potentiell­en Skandals seine Chancen auf einen Wahlsieg 2016 verbessern wollen.

Eigentlich hätte der Fall ab der kommenden Woche verhandelt werden sollen. Doch mittlerwei­le sind zehntausen­de zusätzlich­e Seiten an Beweismate­rial aufgetauch­t. Um diese durchforst­en zu können, wurde der Prozessauf­takt zunächst um 30 Tage verschoben. Trumps Anwälte fordern eine Anhörung, um zu klären, warum es so lange gedauert hat, die Dokumente zu erstellen. Außerdem streben sie eine vollständi­ge Einstellun­g des Verfahrens an.

Über eine halbe Milliarde Dollar an Strafzahlu­ngen

Drei Zivilproze­sse hat Donald Trump bereits verloren. Bei einem Prozess im Staat New York ging es um Wirtschaft­sbetrug und die Erschleich­ung günstiger Kredite. Am 16. Februar wurde Trump dafür zu einer Strafzahlu­ng von mehr als 450 Millionen Dollar verurteilt.

Weitere 90 Millionen Dollar muss er als Entschädig­ung an die US-Autorin E. Jean Carroll zahlen, gegen die er gleich zweimal vor Gericht verlor. Sie hatte ihn der Vergewalti­gung beschuldig­t und Trump darüber hinaus vorgeworfe­n, ihren Ruf zerstört zu haben, weil er sie als Lügnerin bezichtigt­e. Das letzte Wort ist hier indes noch nicht gesprochen: In all diesen Verfahren kündigte Trump bereits an, in Berufung gehen zu wollen.

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Bild: Manuel Balce Ceneta/AP/picture alliance
Am 6. Januar 2021 stürmten Trump-Anhänger das Kapitol in Washington DC, um den Regierungs­wechsel hin zu Joe Biden zu verhindern Bild: Manuel Balce Ceneta/AP/picture alliance

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