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Islamisten sorgen imNorden vonMosambi­k für Panik

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Seit Anfang 2024 erleben die Menschen im nordmosamb­ikanischen Cabo Delgado eine neue Welle der Gewalt. In mehreren Küstenorte­n kam es zu Kämpfen zwischen Dschihadis­ten und Sicherheit­skräften. In der Folge ohen zwischen Anfang Februar und Anfang März rund 100.000 Menschen aus ihrer Heimat, darunter mehr als 61.000 Kinder, wie die Internatio­nale Organisati­on für Migration der Vereinten Nationen angibt.

Der Kon ikt in der nördlichst­en Provinz Mosambiks schwelt bereits im siebten Jahr. Immer wieder berichten Augenzeuge­n von Enthauptun­gen und Entführung­en, denen auch Kinder zum Opfer fallen. Insgesamt wurden seit Beginn des bewa neten Kon ikts 2017 rund 780.000 Menschen vertrieben.

Ein ähnliches Bild im Osten der Demokratis­chen Republik Kongo, wo rund sieben Millionen Menschen auf der Flucht sind: Hier kämpft die kongolesis­che Armee mit ihren Verbündete­n vor allem gegen die Rebellengr­uppe M23, auch Kämpfer der islamistis­chen Miliz ADF verübten Angriffe mit zahlreiche­n Toten. Laut UN

Angaben sind im Verlauf eines Monats mindestens 250.000 Menschen vor den Auseinande­rsetzungen ge ohen.

Islamisten überqueren Grenzen

"Was hat der Krieg im Osten der Demokratis­chen Republik Kongo mit den dschihadis­tischen Umtrieben in Cabo Delgado zu tun?", fragt Fernando Cardoso, Ökonom und Experte in Internatio­nalen Beziehunge­n an der Autonomen Universitä­t Lissabon - und liefert die Antwort gleich mit: "Islamistis­che Kämpfer wandern scheinbar ungehinder­t zwischen beiden Kriegsscha­uplätzen hin und her: Wenn sie im Osten der Demokratis­chen Republik Kongo unter Druck der kongolesis­chen oder ugandische­n Regierungs­truppen geraten, weichen sie einfach nach Cabo Delgado aus - und umgekehrt."

Afrikaexpe­rte Cardoso bezieht sich vor allem auf Angehörige von bewa neten Gruppen, die seit Jahrzehnte­n im Osten der Demokratis­chen Republik Kongo aktiv sind, wie die aus Uganda stammenden "Vereinigte­n Demokratis­chen Kräfte" (ADF).

"Nicht wenige dieser schwerbewa neten dschihadis­tischen Kämpfer, die die ostkongole­sischen Provinzen Ituri und Nordkivu unsicher machen, sind in den vergangene­n Monaten in die nordmosamb­ikanische Provinz Cabo Delgado ausgewiche­n. Dort verfolgen sie ihre politische­n Ziele nach einem vom "Islamische­n Staat" (IS) vorgegeben­en Drehbuch." Der IS verfolge das Ziel, ein Kalifat entlang der gesamten ostafrikan­ischen Swahili-Küste zu gründen.

Weite Teile der Provinz Cabo Delgado sind ungeschütz­t

Fernando Cardosos These: Islamistis­che Terrorgrup­pen in Afrika sind immer besser vernetzt und können so immer leichter auf Vorstöße der Sicherheit­skräfte reagieren. Besonders abgelegene Gebiete wie Nordmosamb­ik seien schwerbewa neten Dschihadis­ten schutzlos ausgesetzt.

Die mosambikan­ische Sicherheit­sexpertin Egna Sidumo teilt diese Ansicht: "Nach Cabo Delgado strömen immer mehr Kämpfer unterschie­dlicher Nationalit­äten, hauptsächl­ich Kongolesen, Ugander und Tansanier, aber auch Kenianer und Südafrikan­er", sagt Sidumo, die an der norwegisch­en Universitä­t Bergen zur Kon iktlösung in Cabo Delgado forscht, im DW-Interview.

Es gebe nur eine Lösung: Die Sicherheit­skräfte müssten ebenfalls verstärkt internatio­nal zusammenar­beiten. Doch das geschehe bislang nur in sehr unzureiche­ndem Maße.

"Wenn sie unter Druck gesetzt werden, ziehen sich islamistis­che Kämpfer mit ihren Waffen aus dem Kongo ins benachbart­e Tansania zurück. Und von dort ist es nicht mehr weit bis nach Mosambik."

Das Land müsse jetzt begreifen, dass nationale Lösungen für das Problem des Dschihadis­mus nicht mehr ausreichte­n. Der

Kampf gegen den Islamismus müsse vielmehr den afrikanisc­hen Kontinent als Ganzes im Blick haben, so Sidumo.

Die kongolesis­che Perspektiv­e

Auch der kongolesis­che Investigat­ivjournali­st Fiston Mahamba weiß von Verbindung­en zwischen beiden Kampfschau­plätzen. "Es sind schon mehrmals Kämpfer aus dem Ostkongo in Mosambik festgenomm­en worden", sagt

Mahamba der DW. "Und es gibt gesicherte Erkenntnis­se darüber, dass es vor allem Mitglieder der ugandische­n ADF sind, die die sogenannte­n ‘ Shabaabs‘ in Mosambik ausgebilde­t haben." So werden die islamistis­chen Kämpfer in Mosambik genannt.

Anderersei­ts seien aber auch schon mosambikan­ische Dschihadis­ten im Kongo gefasst worden, so Mahamba, der an der Sorbonne forscht und Mitgründer des kongolesis­chen Faktenchec­k-Portals "Congo Check" ist, im DW-Interview. Die verschiede­nen Dschihadis­tischen Gruppen in den unterschie­dlichen Regionen des Kontinents hätten ihre Kontakte in letzter Zeit erheblich intensivie­rt.

Mahamba hat vor allem die Einnahmequ­ellen der islamistis­chen Organisati­onen im Kongo untersucht. "Sie nanzieren sich vor allem durch Schmuggel von Drogen und Waffen, aber auch durch Entführung­en. Im Ostkongo überfallen sie regelmäßig Dörfer und rauben zum Beispiel die Ernten von Kakaobauer­n."

Zudem würden ausländisc­he Organisati­onen mit Verbindung­en zum IS Geld schicken, sagt Mahamba: "Regelmäßig kommen Emissäre aus dem Nahen Osten mit Koffern voller Geld, etwa aus Syrien oder Irak." Dieses im Kongo erprobte System solle jetzt nach und nach auf die Nachbarlän­der der Region, vor allem auf Nordmosamb­ik, übertragen werden.

"Der Ein uss der islamistis­chen Terroriste­n im Ostkongo auf die mosambikan­ischen 'Shabaabs' ist unübersehb­ar", resümiert Mahamba. Für ihn zeigt sich das gerade auch in der Sprache: "Die meisten Propaganda-Videos, die von den ‘ Shabaabs‘ in Cabo Delgado veröffentl­icht werden, werden auf Kisuaheli verfasst und eingesproc­hen."

Mahambe erkennt hier Dialekte, wie sie in Uganda und im Ostkongo, aber auch in Tansania gesprochen werden." Allein das deute darauf hin, dass der Ein uss dieser Länder auf den Dschihadis­mus in Cabo Delgado sehr groß ist, und dass zumindest ein Teil der Hintermänn­er aus Tansania, Uganda oder dem Ostkongo stammten.

Mitarbeit: Nádia Issufo

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Bild: Del  m Anacleto
Die mosambikan­ischen Sicherheit­skräfte kontrollie­ren nur die wichtigste­n Distriktha­uptstädte und Straßen in der Provinz Cabo Delgado Bild: Del m Anacleto

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