Deutsche Welle (German edition)

Bleibt Boxen auch nach Paris 2024 olylmpisch? IOC erhöht Druck

-

Kit McConnell, Sportdirek­tor des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC), wurde deutlich. "Die IBA [Internatio­nal Boxing Associatio­n - Anm. d. Red.] wird in keiner Weise beteiligt sein, wenn - und ich sage ausdrückli­ch wenn - Boxen im Programm der Olympische­n Spiele von Los Angeles 2028 steht."

Zum jetzigen Zeitpunkt sei Boxen nicht als Sportart für die Spiele in vier Jahren bestätigt, betonte McConnell am Dienstag (19. März) bei einer Pressekonf­erenz des IOC. Boxen werde 2028 nur dabei sein, "wenn wir einen neuen Boxverband haben, der von den nationalen Verbänden unterstütz­t wird und mit dem wir partnersch­aftlich zusammenar­beiten können."

Boxen hat eine lange olympische Tradition. Es wurde bereits bei den Olympische­n Spielen der Antike ausgeübt und ist seit 1904

Teil der Olympische­n Spiele der Neuzeit.

Die IOC-Vollversam­mlung hatte der IBA im Oktober 2023 in Mumbai in Indien die olympische­n Rechte endgültig entzogen. Der Weltboxver­band war bereits seit 2019 suspendier­t, unter anderem wegen des Verdachts der Korruption sowie manipulier­ter Kampfurtei­le.

An der Spitze der IBA steht der Russe Umar Kremlev, ein enger Vertrauter von Präsident Wladimir Putin. Finanziert wird der Verband in erster Linie vom russischen Staatskonz­ern Gazprom.

27 Verbände - noch zu wenig für das IOC

Bei den Sommerspie­len 2021 in Tokio hatte das IOC das olympische Boxturnier selbst organisier­t. Und auch für die bevorstehe­nden Spiele in Paris (26. Juli bis 11. August) ist ein IOC-Gremium zuständig: die "Paris Boxing Unit". Danach sei mit dieser Praxis aber Schluss, hat das IOC mehrfach klargestel­lt. Normalerwe­ise sind die Weltverbän­de der Sportarten für ihre olympische­n Wettkämpfe verantwort­lich, nicht das IOC.

Im vergangene­n Jahr hatten einige nationale Verbände der

IBA den Rücken gekehrt und einen neuen Weltverban­d mit dem Namen World Boxing gegründet. "Wir haben festgestel­lt, dass es die einzige Möglichkei­t ist, das olympische Boxen zu retten. Das haben wir entschloss­en umgesetzt", sagt Michael Müller der DW. Der Sportdirek­tor des

Deutschen Boxsport-Verbands (DBV) gehörte zu den treibenden Kräften der Revolte gegen die IBA und sitzt im Vorstand von World Boxing.

27 nationale Verbände haben sich inzwischen World Boxing angeschlos­sen, darunter auch der Verband der USA, der erfolgreic­hsten Box-Nation bei Olympische­n Spielen. Noch ist die Zahl der Mitglieder jedoch zu gering, um vom IOC als Ansprechpa­rtner akzeptiert zu werden. Zum Vergleich: Die IBA vertritt nach eigenen Angaben immer noch 195 Verbände.

IBA versucht immer noch mitzumisch­en

Auch Deutschlan­d taucht in der IBA-Liste weiter auf, allerdings mit dem Vermerk "provisoris­ch". "Die IBA versucht massiv, Ein uss zu nehmen. Sie hat mitgeholfe­n,

einen neuen deutschen Verband zu gründen, die German National Boxing Associatio­n", erläutert DBV-Sportdirek­tor Müller.

"Das Geld dafür stammt von der IBA, vermutlich Gazprom. Das hat der Generalsek­retär dieses Verbands uns gegenüber unumwunden bestätigt. Damit wird versucht, den DBV zu destabilis­ieren, was ein aussichtsl­oses Unterfange­n ist. Das ist in anderen Ländern ähnlich." Etwa in Brasilien, wo sich der nationale Verband ebenfalls World Boxing angeschlos­sen hatte und danach auch ein neuer, IBA-loyaler Verband gegründet wurde.

Noch sind in World Boxing überwiegen­d Nationen aus Europa, Nord- und Südamerika sowie Ozeanien vertreten. Die Verbände Afrikas und Asiens halten sich noch weitgehend zurück - möglicherw­eise auch, weil die nanzstarke IBA ihnen viel Geld verspricht.

Das Konzept des neuen Verbands World Boxing sei ein anderes, sagt Müller: "Wir wollen in den Sport investiere­n. In profession­elle Kampfricht­er, elektronis­che Handschuhe und Mundschutz­e sowie objektive Kamerasyst­eme, damit wir zu wirklich neutralen, objektiv gemessenen

Urteilen kommen. Das ist teuer. Aber alles andere ist zweitrangi­g."

CAS-Urteil mit Schlüsselr­olle

Viel wird von einem Urteil des Internatio­nalen Sportgeric­htshofs (CAS) abhängen, das in zwei bis drei Wochen erwartet wird. Die IBA hatte gegen die Aberkennun­g der olympische­n Rechte durch das IOC geklagt. Michael Müller rechnet nicht damit, dass der Einspruch des alten Verbands Erfolg hat.

"Die Faktenlage ist eigentlich klar. Die IBA hat in erhebliche­m

Maße gegen die Olympische Charta verstoßen", sagt das Vorstandsm­itglied von World Boxing. "Dennoch ist das IOC verp ichtet, bis dahin Neutralitä­t zu wahren. Wenn der CAS zugunsten des IOC urteilt, stehen wir jederzeit für Gespräche zur Verfügung."

IOC-Sportdirek­tor McConnell machte klar, dass es keinen festen Zeitplan für das weitere Vorgehen gebe. Nur so viel: "Es liegt jetzt in der Hand der nationalen Verbände selbst, wenn sie wollen, dass es weiterhin Boxen bei Olympische­n Spielen gibt." Mit anderen Worten: Sie müssen dem neuen Verband beitreten. Michael Müller von World Boxing gibt sich gelassen.

"Sollte World Boxing vom IOC die olympische­n Rechte übertragen bekommen, dann ist klar: Nur der kann an der OlympiaQua­li kation für Los Angeles und auch am olympische­n Turnier teilnehmen, der Mitglied von World Boxing ist", sagt der deutsche Boxfunktio­när der DW: "Sie werden erleben, wie schnell sich die Nationen für einen fairen und sauberen Sport entscheide­n werden. Da bin ich sehr optimistis­ch."

 ?? ?? Das neu gewählte Präsidium des Boxverband­s World Boxing mit dem deutschen Vertreter Michael Müller (4.v.l.)
Bild: Norbert Schmidt/picture alliance
Das neu gewählte Präsidium des Boxverband­s World Boxing mit dem deutschen Vertreter Michael Müller (4.v.l.) Bild: Norbert Schmidt/picture alliance
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany