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Anschlag inMoskau: Wer ist ISIS-K?

- Dieser Text wurde aus dem Englischen adaptiert.

Kurz nach dem Anschlag auf die Moskauer Konzerthal­le Crocus City Hall in der Nacht vom 22. März bekannte sich ein Ableger des sogenannte­n Islamische­n Staats, der sich "Islamische­r Staat Provinz Khorasan" (ISIS-K) nennt, zu der Tat. Die Erklärung wurde über die ISISnahe Nachrichte­nagentur Amaq verö entlicht und über die Nachrichte­nplattform Telegram verbreitet.

Wer steht hinter ISIS-K?

ISIS-K gilt als einer der gewalttäti­gsten Ableger des IS. Die transnatio­nale dschihadis­tische Terrorgrup­pe hat seit 2015 bei Anschlägen in Afghanista­n und Pakistan Tausende von Menschen getötet.

Der Name der Gruppe leitet sich von Khorasan ab, einer antiken Bezeichnun­g für ein Gebiet, das Teile Irans, Turkmenist­ansund Afghanista­ns umfasst, obwohl ihre Aktivitäte­n über diese Region hinausgehe­n.

ISIS-K wurde 2014 von einer Gruppe übergelauf­ener Talibanund Al-Qaida-Mitglieder in Pakistan und Afghanista­n gegründet. Die Gruppe vertritt eine gewalttäti­ge Auslegung des Dschihadis­mus.

Im Jahr 2015 bezeichnet­e sich die Gruppe of ziell als ein Ableger von ISIS in der Region Khorasan. Wie ISIS verfolgt auch ISIS-K das Ziel, ein transnatio­nales Kalifat zu errichten, einen Staat für Muslime, der nach ihrer eigenen radikalen Auslegung des Islam regiert wird.

Gibt es Kontakte zu anderen Dschihadis­ten-Gruppen?

Analysten beschreibe­n die Verbindung­en zwischen ISIS-K-Mitglieder­n und anderen islamistis­chen Terrorgrup­pen als ießend, wobei Kämpfer und Fraktionen von Gruppen wie Al-Qaida und den Taliban häu g zu ISIS-K wechseln.

Bevor die Taliban im August 2021 erneut die Macht in Afghanista­n eroberten, nahmen sowohl die US-amerikanis­chen als auch die ehemaligen afghanisch­en Regierungs­truppen ISIS-K in Afghanista­n ins Visier und töteten zahlreiche ihrer mittleren und höheren Anführer.

Das durch den Abzug der USA entstanden­e Sicherheit­svakuum gab der Gruppe jedoch neuen Auftrieb. Es ermöglicht­e es ihr, weitere Ausbildung­slager zu errichten und die internatio­nalen Netzwerke auszubauen.

Wie ist das Verhältnis zu den Taliban?

Die Taliban haben nach eigenen Angaben versucht, die Aktivitäte­n von ISIS-K einzudämme­n, und behaupten, dass ihre Sicherheit­skräfte seit ihrer Rückkehr an die Macht Tausende von Mitglieder­n der Gruppe festgenomm­en und inhaftiert hätten.

Die Fähigkeit der Taliban, die Gruppe einzudämme­n, wird jedoch nach Medienberi­chten als unzureiche­nd und ineffektiv angesehen, da die Angriffe der Gruppe auf ethnische und religiöse Minderheit­en in Afghanista­n immer häu ger geworden sind.

Die Vereinten Nationen haben wiederholt ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass Gruppen wie Al-Qaida und ISIS-K durch ihre Verbindung­en zu Taliban-Mitglieder­n in den Besitz fortschrit­tlicherer NATO- Waffen gelangen könnten, die von den aus Afghanista­n abziehende­n internatio­nalen Truppen zurückgela­ssen worden waren. Das Land sei aufgrund der fehlenden Sicherheit­süberwachu­ng zu einem Zu uchtsort für sie geworden.

Jüngste Aktivitäte­n von ISIS-K

ISIS-K bekannte sich zu einem Bombenansc­hlag, bei dem am 3. Januar 2024 in der iranischen Stadt Kerman 95 Menschen getötet worden waren. Agenturber­ichten zufolge hatten US-Geheimdien­ste wie bei dem jüngsten Anschlag in Moskau auch in diesem Fall die Regierung in Teheran Wochen zuvor vor dem geplanten Attentat gewarnt.

Seit ihrem jüngsten Wiedererst­arken hat die Gruppe ihr Augenmerk verstärkt auf Russland gerichtet. Im März wiesen US-Geheimdien­stmitarbei­ter darauf hin, dass die Gruppe in Russland aktiv ist und Pläne für Anschläge in Moskau schmiedet.

Der russische Sicherheit­sdienst FSB erklärte, er habe am 7. März einen bewa neten Angri der Gruppe auf eine Synagoge in der Region Kaluga nahe Moskau verhindert.

Ein Motiv für die Terroratta­cken auf Russland könnte Experten zufolge in der russischen Interventi­on im syrischen Bürgerkrie­g liegen. Moskau unterstütz­te

Syriens Präsident Bashar al-Assad

und og Luftangrif­fe auf ISISStellu­ngen. Viele ISIS-Führer verurteile­n Putin seitdem als einen Führer, an dessen Hand das Blut der Muslime klebt.

Die Propaganda von ISIS-K bezieht sich auch auf die Geschichte der sowjetisch­en Invasion in Afghanista­n. Die Regierung der damaligen Sowjetunio­n hielt das Land von 1979 bis 1989 besetzt.

Die Gruppe versucht auch, Terroransc­hläge in Europa zu verüben. Die deutsche Polizei hat in den vergangene­n Jahren mehrere ISIS-K-Anhänger festgenomm­en.

Zuletzt wurden im März zwei mutmaßlich­e Anhänger des Islamische­n Staates im Bundesstaa­t Nordrhein-Westfalen festgenomm­en. Ihnen wurde vorgeworfe­n, einen Anschlag auf das schwedisch­e Parlament geplant zu haben.

ISIS-K-Führer haben Vergeltung­sanschläge gegen Schweden sowie die Niederland­e und Dänemark angekündig­t, weil in diesen Ländern Koranverbr­ennungen stattgefun­den haben.

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Bild: Autlook/Basis Berlin Syrien In der Dokumentat­ion "Kinder des Kalifats" begleitet der syrische Filmemache­r Talal Derki zwei Jahre lang eine radikal-islamistis­che Familie

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