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Brasiliens Aufschwung an der Seite Chinas und Russlands

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Seit einigen Monaten ist Marcio Pochmann der neue Chef des brasiliani­schen Statistik-Instituts IBGE. Und der von Staatspräs­ident Luiz Inacio Lula da Silva ausgewählt­e Wirtschaft­swissensch­aftler kann seinem Chef gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit erfreulich­en Zahlen dienen: Mit 2,9 Prozent Wirtschaft­swachstum scha te Brasilien 2023 mit einem Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) von 2,17 Billionen US-Dollar das Comeback in die Top Neun der größten Volkswirts­chaften weltweit.

Die Wirtschaft des größten lateinamer­ikanischen Landes konnte damit an den Aufschwung aus dem Vorjahr noch unter dem umstritten­en Vorgänger Jair Bolsonaro anknüpfen: 2022 lag das Wachstum sogar bei 3,0 Prozent. Der ehemalige Präsidents­chaftskand­idat Ciro Gomes kommentier­te deshalb beim US-Nachrichte­nsender CNN bissig: Lula habe einfach "nichts" an Bolsonaros Wirtschaft­spolitik geändert.

Agrarwirts­chaft und China als Motor des Aufschwung­s

Dass Brasiliens Wirtschaft wächst, liegt zunächst an der enorm ef - zienten Agarindust­rie: Bei der Soja- und Maisproduk­tion verzeichne­te die Land- und Viehwirtsc­haft vergangene­s Jahr einen Rekordanst­ieg von 15,1 Prozent. Brasiliens wirtschaft­licher Erfolg hängt aber auch von Lula da Silvas Entscheidu­ng ab, sein Land in den aktuellen geopolitis­chen Kon ikten weiterhin an der Seite Pekings und Moskaus zu platzieren. Das zahlt sich nun ökonomisch aus.

"Brasiliens internatio­naler Handel ist heute ohne China nicht mehr denkbar", sagt Professor Roberto Goulart von der Universitä­t Brasilia im Gespräch mit der DW. "Es ist das wichtigste Zielland für brasiliani­sche Exporte. Im Jahr 2023 wurden Waren im Wert von 104 Milliarden Dollar nach China geliefert. Das ist dreimal so viel wie in die USA."

China habe in den vergangene­n zehn Jahren auch seine Investitio­nen in Brasilien erhöht und seine Präsenz in der brasiliani­schen Wirtschaft diversi ziert: Automobile, Energie und Landwirtsc­haft seien die Sektoren, denen die Chinesen die größte Aufmerksam­keit schenkten, so Goulart. "Russland wiederum ist für Brasilien wirtschaft­lich wichtig, weil es Düngemitte­l exportiert", sagt Goulart mit Blick auf die brasiliani­sche Agrarindus­trie.

Aufgrund des europäisch­en Embargos wegen des russischen

Angri skrieges gegen die Ukraine ist Brasilien zum drittgrößt­en

Importeur von fossilen Brennstoff­en aus Russland geworden. Vor allem russischer Dieselkraf­tsto ist ein wichtiges Importgut geworden. "Schließlic­h sollte man nicht vergessen, dass Brasilien, Russland und China Mitglieder der BRICS und Partner der Neuen Entwicklun­gsbank sind, deren Haupttätig­keitsberei­ch die Infrastruk­tur ist", sagt Goulart. BRICS steht für einen Schwellenl­änderbund aus Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika, der sich zunehmend für neue Mitglieder ö net.

Rückschläg­e trüben das Bild

Rückschläg­e wie beim staatliche­n Ölkonzern Petrobras, der jüngst massiv an Börsenwert verlor, trüben zwar das Bild. Tatsächlic­h weist aber viel daraufhin, dass Brasilien zu einem Motor des Aufschwung­s in Lateinamer­ika werden kann. Fast im Wochentakt gi

bt es Milliarden-Investitio­nszusagen der internatio­nalen Automobili­ndustrie, die Brasilien als Zu

kunftsmark­t betrachten. Das wird mittelfris­tig seine Wirkung nicht verfehlen, auch wenn sich Brasilien wieder deutlich mehr Staatsausg­aben leistet und damit den Haushalt belastet.

Brasilien ist nach allen Seiten o en

Wirtschaft­swissensch­aftler Felipe Rodrigues von der Universitä­t Federal Fluminense (UFF) sieht Brasilien noch aus einem anderen Grund gut aufgestell­t. Denn das Land zeige sich nach allen Seiten

offen. "Brasiliens Handel mit China ist sehr ausgeprägt, aber Brasilien ist eben auch immer noch ein Handelspar­tner der Vereinigte­n Staaten." Allerdings habe die Handelsbil­anz mit den USA rein rechnerisc­h einen Verlust, mit China aber einen Überschuss von 51 Milliarden Dollar erbracht, rechnet Rodrigues vor.

Zudem drängt das Land im Rahmen des südamerika­nischen Staatenbün­dnisses Mercosur auch auf einen Abschluss eines Freihandel­svertrages mit der Europäisch­en Union. Den kann Brüssel zwar derzeit nicht liefern, doch Brasilia hält sich jede Option offen und treibt auch Verhand

lungen mit weiteren asiatische­n Ländern wie Japan voran.

 ?? Bild: Ricardo Stuckert/PR ?? Brasiliens Präsident Lula da Silvas hatte sich dazu entschiede­n, sein Land trotz geopolitis­cher Kon  ikte weiterhin an der Seite Pekings und Moskaus zu platzieren. Die Entscheidu­ng zahlt sich jetzt ökonomisch aus.
Bild: Ricardo Stuckert/PR Brasiliens Präsident Lula da Silvas hatte sich dazu entschiede­n, sein Land trotz geopolitis­cher Kon ikte weiterhin an der Seite Pekings und Moskaus zu platzieren. Die Entscheidu­ng zahlt sich jetzt ökonomisch aus.

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