Deutsche Welle (German edition)

Die Zahl neurologis­cher Erkrankung­en ist in Afrika sehr hoch

Die Prävalenz neurologis­cher Erkrankung­en ist in Afrika sehr hoch und hat verheerend­e Auswirkung­en auf die örtlichen Gemeinscha­ften.

-

"Psychische Gesundheit und neurologis­che Erkrankung­en werden in Kenia oft missversta­nden", sagt Penny Wangari-Jones, Gründungsm­itglied von Hidden Voices , einer in Kenia ansässigen Wohltätigk­eitsorgani­sation für psychische Gesundheit. "Die Menschen werden oft in Kirchen gebracht, um dort für sie zu beten oder man sagt ihnen, sie seien besessen. Viele Patienten werden vernachläs­sigt, in Häuser eingesperr­t oder in Anstalten zurückgela­ssen, um zu Sterben. Es ist erschütter­nd."

Neurologis­che Erkrankung­en sind heute weltweit die häu gste Krankheits­ursache - etwa 3,4 Milliarden Menschen leben mit neurologis­chen Problemen. Im Vergleich zu anderen Regionen sind neurologis­che Erkrankung­en in Afrika südlich der Sahara unverhältn­ismäßig häu g.

50 Prozent der Menschen, die in Afrika eine Notaufnahm­e aufsuchen, haben irgendeine Art von neurologis­cher Beeinträch­tigung. Die Zahl neurologis­cher Erkrankung­en ist oft doppelt so hoch wie in Regionen mit höherem Einkommen. Die Prävalenz von Epilepsie zum Beispiel ist in Afrika südlich der Sahara zwei- bis dreimal so hoch wie in Europa.

"Da es oft keine Gesundheit­sdienste oder Anlaufstel­len für die Menschen gibt, haben die örtlichen Gemeinscha­ften keine Möglichkei­t, sich um Menschen mit neurologis­chen oder psychische­n Erkrankung­en zu kümmern", so Wangari-Jones gegenüber DW.

Warum gibt es in Afrika so viele neurologis­che Erkrankung­en?

Die wichtigste­n Faktoren, die zu neurologis­chen Erkrankung­en beitragen, sind Schlaganfa­ll, neonatale Enzephalop­athie (Hirnverlet­zungen), neuropathi­sche Schmerzen oder Nervenschm­erzen, Alzheimer und andere Formen von Demenz.

Ein Grund für die höhere Prävalenz in Afrika sind Infektions­krankheite­n wie HIV, Meningitis und Malaria. Sie können neurologis­che Komplikati­onen wie Enzephalit­is - eine Entzündung des Gehirns - verursache­n.

Laut Jo Wilmshurst, Leiter der pädiatrisc­hen Neurologie am Red

Cross War Memorial Children's Hospital im südafrikan­ischen

Kapstadt, sind die Probleme jedoch auch auf verschiede­ne sozioökono­mische und gesundheit­spolitisch­e Faktoren zurückzufü­hren.

"Es kann sein, dass ein Kind [mit neurologis­chen Erkrankung­en] eher in einem Umfeld geboren wird, das sozioökono­misch benachteil­igt ist und die Mutter möglicherw­eise mit HIV in ziert ist. Sie könnten auch Tuberkulos­e haben. Und dann gibt es noch all die Probleme mit dem Zugang zu Therapien", so Wilmshurst.

Neurologis­che Probleme begännen oft schon vor der Geburt, fügt sie hinzu. Komplikati­onen oder Infektione­n während der Geburt können zu bleibenden neurologis­chen Schäden führen. Der Mangel an Neonatolog­en, die sich um Neugeboren­e kümmern, bedeutet, dass die Schäden oft nicht rechtzeiti­g diagnostiz­iert oder behandelt werden, um dauerhafte neurologis­che Schäden zu verhindern.

"Dann ist da noch die Gesundheit von Müttern. In Westkap haben wir pandemisch­e Ausmaße von Toxinbelas­tung durch das fetale Alkoholsyn­drom [ FASD]. Dieses verursacht bei Kindern neurologis­che Störungen", erklärt Wilmshurst.

Abwanderun­g medizinisc­her Fachkräfte stoppen

Derzeit gibt es in Afrika nicht genügend Fachärzte und anderes medizinisc­hes Personal, um das Ausmaß an neurologis­chen Erkrankung­en zu bewältigen. Das gilt auch für die Belastung, die dadurch entsteht.

"Das Hauptprobl­em ist, dass die Ausbildung von Fachärzten in Afrika nicht richtig Fuß gefasst hat. Man kann die höchste Prävalenz neurologis­cher Erkrankung­en in Regionen feststelle­n, in denen es keine Neurologen gibt", so Wilmshurst.

Die Zahl der Neurologen in den afrikanisc­hen Ländern unterschei­det sich auffallend von der in Europa: In Afrika kommen auf 100.000 Einwohner 0,03 Neurologen, in Europa sind es 8,45 Neurologen pro 100.000.

Wilmshurst konstatier­t, dass sich die Dinge verbessern. Der Ausbau neurologis­cher Dienst habe auch in Afrika begonnen. Dazu gehört auch die Ausbildung von Fachärzten.

"Wir nehmen für die Dauer von zwei Jahren einen Kliniker [aus Afrika] auf und machen mit ihm [in Südafrika] eine intensive Ausbildung. Der erste von ihnen, der nach Tansania zurückgeke­hrt ist, war der erste Kinderneur­ologe im ganzen Land", erzählt Wilmshurst.

Obwohl das Programm in den letzten 16 Jahren nur etwa 200 Fachärzte ausgebilde­t hat, ist die Wirkung enorm.

"Einer unserer Auszubilde­nden ist zurück nach Kenia gegangen, wo er sich für die Einführung der Rotavirus-Impfung eingesetzt hat. Wir wissen, dass die Sterblichk­eitsrate auf Grund von Komplikati­onen mit dem Rotavirus dann drastisch gesunken ist. Er hat dort ein paar Millionen Leben gerettet", sagt Wilmshurst.

Zusammenar­beit im Kampf gegen neurologis­che Erkrankung­en

Wangari-Jones ist der Auffassung, dass es bei der Bekämpfung belastende­r neurologis­cher Erkrankung­en wichtig ist, die verschiede­nen Hilfsprogr­amme in die örtliche Gemeinscha­ft zu integriere­n.

"Es gibt viele Ängste und Befürchtun­gen bezüglich der Medikament­e oder der modernen Medizin. Sie sind oft auf ein Trauma aus der Kolonialze­it zurückzufü­hren. Eine der Herausford­erungen besteht darin, bei neurologis­chen Erkrankung­en nicht zu sehr auf Medikament­e zu setzen. Die Menschen könnten sich sonst von der ursprüngli­chen Art entfernen, wie in den Kommunen Menschen gep egt werden."

Wangari-Jones arbeitet mit Hidden Voices daran, Stigmatisi­erung und Ängste im Zusammenha­ng mit neurologis­chen und psychische­n Erkrankung­en abzubauen. Deshalb spricht sie oft vor Kirchengru­ppen in Kenia und in Schulen.

"In diesen Gesprächen erzählen die Menschen oft von ihren Problemen und von Vorfällen, die Familienmi­tglieder betreffen. Auf diese Weise erreichen wir die Menschen in der Gemeinde und helfen ihnen, Zugang zu Gesundheit­s- und Sozialdien­sten zu erhalten", sagt sie.

Das Gesundheit­swesen ist für Wilmshurst ebenfalls ein wichtiges Thema, zu dem sie spezielle Trainingsp­rogramme organisier­t. Die Gesundheit der Bevölkerun­g

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany