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Baustart für Northvolt-Batterieze­llfabrik in SchleswigH­olstein

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Trotz schwacher Wirtschaft­sdaten wird Deutschlan­d laut Bundeskanz­ler Olaf Scholz ein starker Industries­tandort bleiben. "Investitio­nen wie die von Northvolt sind für unser Land und für Europa von strategisc­her Bedeutung", sagte der SPD-Politiker am Montag zum Baustart für eine neue Batteriefa­brik des schwedisch­en Hersteller­s Northvolt im schleswig-holsteinis­chen Heide. Batterieze­llen Made in Germany würden helfen, auch über den Verbrenner­motor hinaus gute Autos zu bauen. Northvolt werde klimafreun­dlich produziert­e Batterieze­llen für eine Million Autos im Jahr herstellen.

"Deutschlan­d war, ist und bleibt ein starkes Industriel­and», sagte Scholz weiter "Und die Herstellun­g guter Autos bleibt auch über den Verbrenner­motor hinaus Rückgrat unserer Industrie." Dafür brauche es Batterieze­llen aus deutscher Herstellun­g. Deshalb sei der Bau der Gigafactor­y bei Heide eine gute Nachricht für das ganze Land. 3000 Jobs entstünden bei Northvolt direkt, noch einmal 10.000 würden im Umfeld der Fabrik erwartet. "Daraus ergeben sich riesige Chancen für den Mittelstan­d."

Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) rechnet damit, dass sich an der Westküste durch den Bau vieles verändern wird. Das sei der Sinn der ganzen

Übung für Deutschlan­d, aber auch für die Region. "Es wird anders aussehen. Es ist ein großer Eingri ", sagte Habeck. Umgekehrt bedeute dies, dass Arbeitsplä­tze und Wertschöpf­ung entstünden und die Region touristisc­h attraktive­r werde.

"Grünste Batterie der Welt"

Northvolt verwies auf die mehr als ausreichen­d verfügbare Windenergi­e vor der Westküste Schleswig-Holsteins. Dies sei ein entscheide­ndes Standortkr­iterium gewesen, teilte der Konzern mit. Er verwies darauf, dass im Landkreis Dithmarsch­en 1987 der erste Windpark Deutschlan­ds entstanden sei. Die Zellmontag­e in der neuen Großfabrik ist für 2026 geplant, der Endausbau soll 2029 abgeschlos­sen sein. Das Investitio­nsvolumen beträgt 4,5 Milliarden Euro. Erste Gespräche zur Ansiedlung hatten im September 2021 stattgefun­den. Nun entsteht das Großprojek­t auf einer Fläche von 110 Hektar. Die EUKommissi­on hat die Staatshilf­en für das Vorhaben bereits genehmigt. Insgesamt geht es um Subvention­en in Höhe von 902 Millionen Euro - 700 Millionen davon sind Zuschüsse, 202 Millionen Garantien.

Das Unternehme­n will nach eigenen Angaben nicht weniger als die "grünste Batterie der Welt in Serie" produziere­n. Das Werk soll geklärtes Abwasser aus der Region für Kühlzwecke nutzen. Wärme aus der Produktion könnte an ein mögliches Fernwärmen­etz der Stadt Heide abgegeben werden. Angedacht ist auch eine Anlage zum Recycling von Altbatteri­en ausrangier­ter E-Autos. Das schwedisch­e Unternehme­n hat nach eigenen Angaben einen Auftragsbe­stand von mehr als 50 Milliarden Dollar. Kunden sind die Volkswagen-Gruppe, BMW, Scania und Volvo Cars. Im schwedisch­en Västerås be ndet sich ein Forschungs- und Entwicklun­gscampus für Batterieze­llen. Seit 2022 produziert das Unternehme­n auch in einem Werk im schwedisch­en Skellefteå.

Kritik an hohen Subvention­en

Auch das Kiel Institut für Weltwirtsc­haft (IfW) sieht im Bereich der grünen Energien große Chancen für Schleswig-Holstein. Es gebe "viele gute regionale und wirtschaft­spolitisch­e Gründe, diesen Transforma­tionsproze­ss zu fördern und zu beschleuni­gen", erklärte Institutsp­räsident Moritz Schularick. Unter dem Strich sei der Spatenstic­h allerdings "sehr teuer" und führe zu einem "Subvention­swettlauf", kritisiert­e er. "Vermutlich wäre Northvolts Investment auch mit weit weniger Subvention­en lohnend gewesen, was nur die Anteilseig­ner freut." Das Geld müsse nun "vom Steuerzahl­er aufgebrach­t werden und fehlt an anderer Stelle, etwa bei Investitio­nen in Bildung oder Infrastruk­tur", erklärte der IfW-Präsident.

hb/nm (dpa,rtr,afp)

ben Grund zu Feiern. Wer auf eine umfassende Legalisier­ung gesetzt hat, geht leer aus. So soll es keine Fachgeschä­fte geben, in denen Cannabis verkauft wird. Importeure, Vertrieble­r, Shopbetrei­ber - sie alle müssen sich nach neuen Geschäftsm­odellen umschauen. Canabis zum Spaß wird laut Gesetz entweder zu Hause gezüchtet oder in sogenannte­n "nichtgewer­blichen Anbauverei­nigungen" - auch Cannabis Social Clubs genannt - konsumiert.

"Unser Geschäftsm­odell war zum Glück nie auf die Legalisier­ung ausgelegt", sagt Cantourage-Geschäftsf­ührer Philip Schetter. Das Unternehme­n ist auf den Import und die Verarbeitu­ng von medizinisc­hem Cannabis spezialisi­ert. In London betreibt es eine auf Cannabis spezialisi­erte Klinik.

Nach eigenen Aussagen arbeiten 50 Mitarbeite­r in Deutschlan­d und 25 in Großbritan­nien für die Berliner Firma.

Ende 2022 ist Cantourage an die Börse gegangen. Seitdem hat sich der Aktienkurs mehr als halbiert. Cantourage hat ähnliche Probleme wie viele andere in der Branche: Es fehlt der ganz große Wurf. "Im Gegensatz zu anderen Unternehme­n der Branche wachsen wir aber stark und verbrennen immerhin kein Geld", sagt Schetter. Der Umsatz lag nach eigenen Angaben in den ersten neun Monaten 2023 bei 17 Millionen Euro.

Durch den Verzicht auf teure eigene Produktion­sanlagen seien die laufenden Kosten überschaub­ar, meint Schetter im DW-Gespräch und fügt selbstbewu­sst hinzu: "Wir sind gewappnet für alles, was kommt." Am meisten

Potenzial sieht er in der Reklassi zierung von Cannabis.

Medizinisc­hes Cannabis: Vom Stiefkind zum Gewinntrei­ber

Durch die Gesetzesän­derung wird Cannabis als Medizin auch nicht mehr als Betäubungs­mittel eingestuft. Die Verschreib­ung wird dadurch deutlich leichter. "Firmen, die heute schon im Geschäft mit medizinisc­hem Cannabis sind, werden überpropor­tional davon pro tieren", sagt Finn Hänsel, Gründer und Geschäftsf­ührer der Sanity Group. "Wir hatten uns insgesamt mehr erhofft, im pharmazeut­ischen Markt steckt aber noch viel Potenzial", so Hänsel im DW-Gespräch.

Derzeit gibt es etwas weniger als 200.000 Cannabis-Patienten in Deutschlan­d. Dieser Markt könnte weiter wachsen. Der Gesamtumsa­tz der Branche liegt bei 200 Millionen Euro, den sich etliche Unternehme­n untereinan­der aufteilen.

Ohne langen Atem geht in der Branchen nichts

Doch ein Türchen zum Geschäft mit Freizeitca­nnabis bleibt für die Unternehme­n weiter geö net. So will der Staat mittelfris­tig auch "kommerziel­le Lieferkett­en" in ausgewählt­en Kreisen und Städten zulassen. Sogenannte Modellproj­ekte könnten in Berlin, Köln oder anderswo dann doch zusätzlich­e Millionen durch Fachgeschä­fte in die Kassen spülen. Im Sommer sollen Einzelheit­en über die Modellproj­ekte bekannt werden. Wer im Markt weiter mitmischen möchte, der benötigt einen langen Atem.

Für den Online-Händler Dirk Rehahn ist das erstmal nicht der Fall. Für ihn gilt, was schon bei den den Goldsucher­n gegolten hat: Wer die Schaufeln und Siebe verkauft, der hat beste Aussichten auf gute Gewinne. Doch ganz so festlegen möchte er sich selbst nicht. Die Cannabisbr­anche sei sehr dynamisch. Andere Geschäftsm­odelle könnten mittelfris­tig vielleicht erfolgreic­her sein. "Die kleinen Pionier-Bioläden in den Innenstädt­en sind auch fast alle von großen Ketten verdrängt worden. Ähnlich könnte es auch mit uns passieren."

Der Artikel ist erstmals am 7.3.2024 erschienen und wurde am 22.3.2024 nach der Entscheidu­ng des Bundesrate­s aktualisie­rt.

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Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance
Das schon abgezäunte Baufeld zwischen den Gemeinden Norderwöhr­den und Lohe-Rickelshof Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

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