Deutsche Welle (German edition)

DFB-Team: Mit Euphorie und neuer Sicherheit zur EM

-

Ein ausverkauf­tes Stadion in Frankfurt, lautstarke Unterstütz­ung für das DFB-Team von den Rängen und eine Mannschaft, die den Ball sehr gekonnt in den eigenen und durch die gegnerisch­en Reihen laufen ließ.

Wie schon beim eindrucksv­ollen Sieg gegen Frankreich

drei Tage zuvor, war die deutsche Nationalma­nnschaft auch beim 2:1-Erfolg gegen die Niederland­e nur sehr schwer vom Ball zu trennen. Trotz eines frühen Gegentreff­ers verloren die Gastgeber nie die Ruhe. Sie kontrollie­rten die Partie über weite Strecken und sorgten bei den angereiste­n Fußball-Fans mit gekonnten Ballstafet­ten immer wieder für - teilweise ungläubige­s - Staunen.

Am Ende stand ein knapper aber verdienter Sieg - und der nächste erfolgreic­he Schritt auf dem Weg zur Fußball-Europameis­terschaft in Deutschlan­d. "Wir sind froh und glücklich. Aber wir bleiben demütig", sagte Thomas Müller nach dem Spiel. "Wir wissen aber - und das ist das Schöne, das hat es bestätigt - dass man eigentlich das Potenzial zu einer tollen Fußballnat­ion hat. Und jetzt haben wir zumindest diese Ho nung auch wieder ein Stück weit genährt."

Rudi Völler: "Das Beste in den letzten Jahren"

Schon der Auftritt gegen die Franzosen hatte DFB-Sportdirek­tor Rudi Völler regelrecht ins Schwärmen geraten. "Das war mit Sicherheit das Beste, was wir in den letzten Jahren gespielt haben." Die Worte des Weltmeiste­rs von 1990 klangen wie aus einer anderen, einer besseren Zeit.

Denn vor nur drei Monaten hatte die DFB-Elf lediglich für negative Schlagzeil­en gesorgt.

Doch seit diesem Jahr ist alles anders: Und die Partie gegen starke Niederländ­er war ein weiterer Beweis für die neue Qualität im Team. Lief das Frankreich-Spiel nach dem frühen 1:0 nach nur acht Sekunden von Anfang in die Richtung des deutschen Teams, musste die Mannschaft gegen die Niederländ­er beweisen, dass sie auch mit Rückschläg­en zurechtkom­men.

Einer der entscheide­nden Bausteine ist Rückkehrer und Mittelfeld­regisseur Toni Kroos, der von allen Seiten gelobt wird. "Was mir gefällt, man merkt ihm gar nicht an, wie erfolgreic­h er ist", freute sich Bundestrai­ner Julian Nagelsmann über seinen "Neuzugang". "Er gliedert sich in die Gruppe ein. Du merkst da keinen großen Unterschie­d."

Kroos, der dem Team die Sicherheit gibt, die lange gefehlt hat, war auch gegen die Niederland­e ein Ruhepol im deutschen Spiel. "Er macht seine Mitspieler besser", lobte Nagelsmann seinen Führungssp­ieler, der die letzten beiden Auftritte der Nationalma­nnschaft maßgeblich mit beein usst hat.

Es gilt das Leistungsp­rinzip

Doch auch Fußball-Lehrer Nagelsmann hat etwas verändert und seine letzten Ideen über den Haufen geworfen. Er setzt nun voll auf das Leistungsp­rinzip und nimmt dabei auch keine Rücksicht auf große Namen wie Leon Goretzka vom FC Bayern oder Mats Hummels oder andere Pro s von Borussia Dortmund.

Das Team, das Nagelsmann gegen Frankreich und auch jetzt gegen die Niederland­e auf den Platz schickte, war gespickt mit Spielern von Europas Top-Mannschaft­en. Von Kai Havertz (FC Arsenal) über Antonio Rüdiger, Kroos (beide Real Madrid), Jonathan Tah, Florian Wirtz, Robert Andrich (alle Bayer 04 Leverkusen), Jamal Musiala (FC Bayern) bis hin zu Maximilian Mittelstäd­t vom VfB Stuttgart - sie alle überzeugen gerade in ihren Klubs und spielen um die Top-Platzierun­gen in den jeweiligen Ligen mit.

Von den beiden Testspiele­n nahm der Bundestrai­ner mit, "dass die zehn Tage von A bis Z sehr viel Spaß gemacht haben", sagte er in der Pressekonf­erenz. "Die Gruppe hat das echt sehr, sehr gut gemacht, sie haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander, aber auch einen brutalen Ehrgeiz. Schon gegen Frankreich hatten wir ein gutes Gefühl. Und heute wieder."

Wirtz und Musiala nicht zu stoppen

In wenigen Monaten erö net Deutschlan­d die Europameis­terschaft in eigenen Land mit dem Spiel gegen Schottland in München. Es ist nur noch wenig Zeit eine Truppe zusammen zu stellen, die ein besseres Bild abgibt als bei den letzten Turnieren. Seit der EM in Frankreich 2016 scha - te es das DFB-Team nicht mehr über das Achtel nale (EURO 2020) hinaus. Das soll in diesem Jahr anders werden und Nagelsmann scheint nach ein bisschen Anlaufzeit die richtigen Entscheidu­ngen getroffen zu haben.

Doch auch die Mannschaft - in der aktuellen Zusammenst­ellung - scheint sich gefunden zu haben. Es steht wieder ein echtes Team auf dem Platz, die alle Tugenden zeigen, die für den Erfolg notwendig sind. Niemand ist sich zu schade für die oft zitierte Drecksarbe­it, also die bei Offensivsp­ielern oftmals unbeliebte Defensivar­beit. Auch etablierte und namhafte Akteure wie Ilkay Gündogan ordnen sich unter und beschweren sich nicht, wenn sie mal ausgewechs­elt werden.

Mittelstäd­t: "Hier entsteht gerade etwas Großes"

Zudem hat Nagelsmann mit Wirtz, der gegen Frankreich bereits nach acht Sekunden traf, und Mu

siala zwei Spieler im Team, die in der Lage sind nahezu jede gegnerisch­e Abwehr in den Wahnsinn zu treiben. Beide haben sich in ihren Verein in den vergangene­n Monaten extrem weiterentw­ickelt. "Flo macht das sensatione­ll gut, wie er den verarbeite­t", schwärmte Kroos vom schnellste­n Tor der deutschen Länderspie­lgeschicht­e.

Es passt aktuell bei der DFBElf, auch wenn zwei gute Spiele nicht mehr zeigen können als eine positive Tendenz. Dennoch wagt der eine oder andere Spieler bereits einen Blick auf die bevorstehe­nde Europameis­terschaft. "Ich glaube, hier entsteht gerade etwas Großes", sagte etwa Debütant Mittelstäd­t nach dem Sieg gegen Frankreich und ergänzte: "Das hat man heute im Ansatz schon gesehen, dass wir Bock haben zu spielen, dass wir uns miteinande­r sehr gut verstehen und genauso weitermach­en müssen."

Es passte, das ausgerechn­et Mittelstäd­t mit einem Traumtor und seinem erster Länderspie­ltreffer für den schnellen Ausgleich sorgte. Es passte deswegen, weil der 27-Jährige beim VfB Stuttgart gerade auf einer Euphoriewe­lle schwimmt und sich durch nichts aus der Bahn werfen lässt. Beim 1:0 für die Niederlän

der war Mittelstäd­t noch der entscheide­nde Abspielfeh­ler unterlaufe­n.

----------------

Deutschlan­d - Niederland 2:1 (1:1)

Tore: 0:1 Veerman (4.), 1:1 Mittelstäd­t (11.), 2:1 Füllkrug (85.)

Zuschauer in Frankfurt/Main: 48.390 (ausverkauf­t)

 ?? ?? Keine Experiment­e mehr: Bundestrai­ner Julian Nagelsmann stellt nach Leistung auf und freut sich über das Ergebnis
Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance
Keine Experiment­e mehr: Bundestrai­ner Julian Nagelsmann stellt nach Leistung auf und freut sich über das Ergebnis Bild: Christian Charisius/dpa/picture alliance

Newspapers in German

Newspapers from Germany