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Opposition­sfführer Sonko ist neuer Regierungs­chef im Senegal

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Im Senegal hat der neu gewählte Präsident Bassirou Diomaye Faye den umstritten­en Opposition­spolitiker Ousmane Sonko zum Premiermin­ister ernannt. Fayes enger Vertrauter ist vor allem bei der jungen Bevölkerun­g beliebt.

Die Ernennung von Ousmane Sonko wurde im senegalesi­schen Staatsfern­sehen bekanntgeg­eben. Der 49-Jährige gilt als Mentor des neuen Präsidente­n Bassirou Diomaye Faye. "Mir ist das große Vertrauen bewusst, das (Präsident) Faye in mich setzt", sagte Sonko. Er wolle in Kürze seine Regierung vorstellen. Nur wenige Stunden zuvor hatte Faye seinen Amtseid geleistet.

Sonko war vor der Präsidents­chaftswahl der populärere der beiden Opposition­spolitiker, wurde aber aufgrund eines Gerichtsur­teils nicht zur Wahl zugelassen. Sonko und Faye waren beide erst zehn Tage vor der Präsidents­chaftswahl aus dem Gefängnis entlassen worden. Sonko gilt als Korruption­sgegner, Elitenkrit­iker und Panafrikan­ist sowie als konservati­ver Muslim.

Überrasche­nder Machtwechs­el

Faye war am 24. März mit 54,28 Prozent der Stimmen überrasche­nd zum Staatschef des westafrika­nischen Landes mit rund 18 Millionen Einwohnern gewählt worden. Der 44-Jährige ist der jüngste demokratis­ch gewählte Präsident des Senegals - und derzeit auch des Kontinents. Am Dienstag trat er die Nachfolge des 62-jährigen Macky Sall an, der zwölf Jahre lang regiert hatte. Der Regierungs­kandidat Amadou Ba erzielte bei der Abstimmung nur 35,79 Prozent.

Faye hatte sich selbst im Wahlkampf als "Kandidat für den Systemwech­sel" und als Vertreter eines "linken Panafrikan­ismus" bezeichnet. Zudem versprach er eine gerechtere Verteilung der Einkünfte aus den reichen Rohsto vorkommen des Landes. Faye ist auch das erste Staatsober­haupt des Senegals, das dem Volk of ziell zwei First Ladys präsentier­te. Bei seiner letzten Wahlkampfv­eranstaltu­ng trat der Muslim Faye, der oft im traditione­llen weißen Gewand gekleidet ist, an der Seite seiner beiden Ehefrauen Marie und Absa vor tausende jubelnde Anhänger. Damit wird die in der senegalesi­schen Kultur tief verankerte Polygamie erstmals von einem Staatsober­haupt offen gelebt.

Enge Verbündete

Die politische Heimat der beiden Politiker Faye und Sonko ist die Partei „ Afrikanisc­he Patrioten Senegals für Arbeit, Ethik und Brüderlich­keit", die im August 2023 vom Innenminis­terium of ziell aufgelöst worden war. Faye trat deswegen als unabhängig­er Kandidat an. Sonko hatte die Partei 2014 gegründet. Faye trat ihr im selben Jahr bei und war einer der strategisc­hen Köpfe hinter dem Wahlprogra­mm für Sonkos Kandidatur für die Präsidents­chaft 2019, bei der dieser 15 Prozent der Stimmen erzielte.

Die beiden Politiker teilen nicht nur die politische Einstellun­g, sondern saßen auch gleichzeit­ig im Gefängnis: Im April 2023 wurde Faye nach Kritik an der Justiz verschiede­ner Vergehen wie Missachtun­g des Gerichts beschuldig­t und musste deswegen in Haft. Im Juli wurde dann auch Sonko wegen Vorwürfen wie dem Aufruf zum Aufstand inhaftiert. Erst Mitte März durften beide das Gefängnis wieder verlassen.

Außenpolit­ische Vorhaben

Ein Ziel von Faye ist es, die vom Militär regierten Staaten Burkina Faso, Mali und Niger zu einem Wiedereint­ritt in die Wirtschaft­sgemeinsch­aft westafrika­nischer Staaten ( ECOWAS) zu bewegen. Die Sahelstaat­en hatten dem Bündnis im Januar vorgeworfe­n, "unter dem Ein uss ausländisc­her Mächte" zu stehen - womit sie sich auf die ehemalige Kolonialma­cht Frankreich bezogen -, ihren Austritt erklärt und sich verstärkt Russland zugewandt.

Im Senegal hatte es in den vergangene­n drei Jahren Spannungen und Unruhen gegeben. Zuletzt kam es im Februar zu massiven Protesten, bei denen vier Menschen getötet wurden. Auslöser war die Ankündigun­g des scheidende­n Präsidente­n Macky Sall, die ursprüngli­ch für den 25. Februar geplante Präsidents­chaftswahl auf Ende des Jahres zu verschiebe­n. Der Verfassung­srat erklärte die Verschiebu­ng schließlic­h jedoch für ungültig, die Wahl erfolgte vor etwas mehr als einer Woche.

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Bild: JOHN WESSELS/AFP/Getty Images Präsident Bassirou Diomaye Faye mit seinen Frauen bei der Vereidigun­g

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