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Welche Folgen hat der Angriff in Tatarstan?

- Bewirken kann.

Werden die ukrainisch­en Drohnenang­ri e auf Ziele in Tatarstan eine Kriegswend­e herbeiführ­en? Experten diskutiere­n, was der Schlag der Ukraine auf Ziele im russischen Hinterland

Die Drohnenatt­acken auf Industriea­nlagen im russischen Hinterland werden den Verlauf des Krieges nicht entscheide­nd ändern, erklärt der Flug- und Drohnenexp­erte der Valeriy Romanenko von der Nationalen Fluguniver­sität in Kiew im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Gemeint: die Attacke ukrainisch­er Verteidigu­ngskräfte gegen Ziele in der russischen Teilrepubl­ik Tatarstan, die sich mehr als 1000 Kilometer jenseits der ukrainisch­russischen Grenze be nden. Zuerst habe auch er geglaubt, dass die jüngsten Angriffe auf eine Ölraf nerie in Nischnekam­sk und eine Drohnenfab­rik in Jelabuga von Drohnen durchgefüh­rt worden seien, sagt Romanenko. Inzwischen sei er aber davon überzeugt, dass diese mit Hilfe eines Leicht ugzeuges mit Bezeichnun­g A-22 erfolgten. Diese Leicht ugzeuge würden seit 1999 in der Ukraine hergestell­t. "Ihre Zahl ist allerdings sehr begrenzt", meint Romanenko.

Doch unabhängig der Frage ob Leicht ugzeug oder Drohne, gebe es keine "Wunderwaff­e", erklärt der Militärexp­erte Wolfgang Richter vom "Austrien Institute for European and Security Policy" der DW. Dennoch könne der jüngste Gegenangri der Ukraine Folgen haben. Zum einen habe die russische Führung bei Kriegsbegi­nn angekündig­t, dass die eigene Bevölkerun­g von den Kämpfen wenig mitbekomme­n werde. Jetzt müsse der Kreml zugeben, dass dies nicht mehr stimme. "Zum anderen könnten die Russen durch die ukrainisch­en Angriffe gezwungen werden, ihre Luftvertei­digung auch in den rückwärtig­en Gebieten besser aufzustell­en." Eine mögliche Folge: Russland könnte die Luftvertei­digung in grenznahen Gebieten entlang der Grenze zur Ukraine oder NATO-Staaten abziehen.

Führen ukrainisch­e Drohnenang­ri e zu Gegenreakt­ionen?

Eine Kriegswend­e seien die Angriffe der Ukraine auf Ziele im russischen Kernland keineswegs, so Richter. Ähnlich sieht es auch Stefan Meister von der Deutschen Gesellscha­ft für Auswärtige Politik (DGAP). Sicher würde die Attacke der Ukrainer die Logistik der Russen sowie den Nachschub schwächen, sagt Meister im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Allerdings glaubt er nicht, dass Russland jetzt bereit sei, Kompromiss­e einzugehen. Im Gegenteil. Spektakulä­re Angriffe der Ukrainer könnten bei den Russen mehr Wut erzeugen und zu Gegenreakt­ionen führen. Moskau verfüge weiterhin über die größeren Ressourcen, die letztlich für den Kriegsverl­auf entscheide­nd seien.

Valeriy Romanenko zitiert Moskau, wenn er davon spricht, dass Russland bis zu 6000 Drohnen verschiede­ner Größe selbst herstellen könne. "Dagegen sind es in der Ukraine vielleicht einige hundert", schätzt er. Die russische Kriegsmasc­hinerie sei weiterhin deutlich größer als die ukrainisch­e.

Angri e auf Russlands Hinterland: eher Medienerfo­lg als Kriegswend­e

Kiew habe nicht nur zu wenig Munition und nicht genügend Waffen. Es herrsche in der Ukraine auch ein Mangel an Truppen, so Meister. Er befürchtet, dass es den russischen Kräften mittelfris­tig gelingen könnte, an einzelnen Frontabsch­nitten einen Durchbruch zu erzielen. Kiew habe die jüngste Zeit nicht dafür genutzt, die Verteidigu­ngslinien massiv aufzubauen.

Seiner Meinung nach haben die spektakulä­ren Angriffe der Ukraine auf Ziele im russischen Hinterland zwar eine Medienwirk­ung, einen psychologi­schen Effekt. Militärisc­h würden sie aber kaum etwas bewirken, sagt Meister.

Auf jeden Fall habe die Ukraine das Recht, die russische Infrastruk­tur zu zerstören, wenn diese die Kampfkraft der russischen Angreifer schwäche, heißt es wiederum aus Kiew von Mykhailo Podolyak. Der Berater des ukrainisch­en Präsidente­n sagte im Interview mit dem Osteuropap­rogramm der DW, die Ukraine werde diese Taktik auch nicht ändern.

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