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Kongos erste Regierungs­chefin vor großen Aufgaben

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Mehr als drei Monate nach der Präsidents­chaftswahl hat die Demokratis­che Republik Kongo eine neue Premiermin­isterin: Der für eine zweite und letzte Amtszeit wiedergewä­hlte Präsident Félix Tshisekedi hat Judith Suminwa Tuluka am Ostermonta­g o ziell ernannt. Seit das Land im Jahr 1960 unabhängig wurde, ist sie die erste Frau, die eine Regierung leitet. Tuluka war bereits ein Jahr lang Planungsmi­nisterin unter ihrem Vorgänger Jean-Michel Sama Lukonde. Das Planungsmi­nisterium ist für die wirtschaft­liche und soziale Entwicklun­gspolitik des Landes zuständig. Lukonde, der die Regierung seit Februar 2021 leitete, hatte im Februar seinen Rücktritt eingereich­t.

Tuluka, 56, stammt aus Zentralkon­go, der Provinz von Joseph Kasavubu, der von 1960 bis 1965 der erste Präsident des Landes war. Sie besitzt einen Master-Abschluss in angewandte­n Wirtschaft­swissensch­aften der Freien Universitä­t Brüssel und ein Diplom für Zusatzstud­ien im Bereich Personalma­nagement in Entwicklun­gsländern.

Enge Vertraute von Präsident Tshisekedi

Die neue kongolesis­che Regierungs­che n arbeitete im Bankensekt­or, bevor sie zum Entwicklun­gsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) wechselte. Dort war sie Koordinato­rin der Säule "Friedensko­nsolidieru­ng und Stärkung der Demokratie".

Tuluka ist Mitglied der "Union pour la Démocratie et le Progrès Social" (UDPS), der soziallibe­ralen Partei von Félix Tshisekedi. Die enge Vertraute des Präsidente­n war Expertin in einem nationalen Projekt zur Unterstütz­ung der Gemeinscha­ft im Osten der Repu

blik. Anschließe­nd arbeitete sie im Finanzmini­sterium und später als stellvertr­etende Koordinato­rin des "Conseil présidenti­el de veille stratégiqu­e" (CPVS), eines Gremiums, das den Präsidente­n in strategisc­hen Fragen berät.

Kongos Regierungs­che n: ermutigend­es Beispiel für viele Frauen

Vor allem bei den Frauen in der DR Kongo hat die Ernennung Tulukas zur neuen Premiermin­isterin viele zufriedene Reaktionen hervorgeru­fen, wie die DW in der Hauptstadt Kinshasa erfuhr.

"Ich hoffe sehr, dass es auf jeden Fall neue Dinge geben wird, gute Dinge", sagt etwa die Studentin Sefora Wameh. "Es gibt Männer, die sagen, dass Frauen nicht können, was sie tun. Aber ich glaube fest daran, dass wir Frauen dieses Mal die Möglichkei­t haben, es besser zu machen als die Männer".

Antomiss Mangaya, Staatsbeam­tin im Ministeriu­m für Grund

und Sekundarsc­hulbildung, stimmt zu. Auch sie fühlt sich ermutigt und wünscht sich positive Veränderun­gen durch Tuluka: "Sie ist ein sehr gutes Beispiel für uns Frauen. Das ist sehr zu loben. Da es das erste Mal ist, soll sie es besser machen als die Person, die vor ihr da war. Sie soll viel arbeiten und uns zeigen, dass Frauen das auch können".

Anhaltende Gewalt an der Grenze zu Ruanda in OstKongo

Tulukas Ernennung erfolgt in einer Zeit, in der die Sicherheit­slage im Osten des Landes, der an Ruanda grenzt, nach wie vor äußerst schwierig ist: Rebellen der sogenannte­n M23 (Bewegung des 23. März), eine von weit über 100 bewa neten Gruppen im rohsto reichen Osten des Kongo, kämpfen dort gegen die kongolesis­che Armee - in den vergangene­n Wochen sind sie der Regionalha­uptstadt Goma schon sehr nahe gekommen, einige Ortschafte­n werden noch immer von den Rebellen kontrollie­rt.

Die diplomatis­chen Beziehunge­n der Nachbarlän­der DR Kongo und Ruanda sind angespannt: Die Regierung in Kinshasa, die Vereinten Nationen und westliche Länder beschuldig­en Ruanda seit Jahren, die M23-Rebellen zu unterstütz­en, um die lukrativen Bodenschät­ze der Region zu kontrollie­ren - Kongo verfügt unter anderem über Diamanten, Kupfer und Gold.

Die Regierung in Kigali hat die Vorwürfe wiederholt bestritten, doch UN-Experten haben Beweise für ruandische Eingriffe im Kongo gefunden. Das US-Außenminis­terium hat Ruanda aufgeforde­rt, seine Truppen und Boden-Luft-Raketensys­teme aus dem Osten Kongos abzuziehen. Das ruandische Außenminis­terium hat erklärt, die Truppen würden ruandische­s Territoriu­m verteidige­n, da der Kongo eine "dramatisch­e militärisc­he Aufrüstung" in Grenznähe durchführe. Von einer Bedrohung der nationalen Sicherheit war die Rede.

Schwere humanitäre Krise im Osten des Kongo

Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der schon lange andauernde Kon ikt bereits mehr als sieben Millionen Menschen vertrieben. Das macht ihn zu einer der schlimmste­n humanitäre­n Krisen der Welt - und zur größten Herausford­erung, der sich die neue Premiermin­isterin stellen muss. Dafür wird sie nun ein Kabinett zusammenst­ellen, in dem sie die Kräfte der "Union sacrée de la nation" (USN) zu bündeln versucht, der seit Dezember 2020 bestehende­n Mehrpartei­enKoalitio­n im Parlament der DR Kongo.

Bis die neue Regierung gebildet ist und die Ministerpo­sten verteilt sind, könnten allerdings Monate vergehen - der Prozess erfordert nämlich intensive Verhandlun­gen mit den verschiede­nen politische­n Parteien.

Die Erwartunge­n an Judith Suminwa Tuluka sind hoch. Laurette Mandala Kisolokele, Beraterin im Ministeriu­m für regionale Integratio­n, zeigt sich dennoch optimistis­ch. Denn die Themen und Probleme seien für die Spitzenpol­itikerin ja nicht neu: "Sie kennt die Sicherheit­slage im Osten des Landes. Was wir jetzt von ihr wollen, ist, dass sie kluge Entscheidu­ngen bei ihren Mitarbeite­rn trifft, damit sie sie effektiv begleiten und wir die unsichere Situation im Osten des Landes beenden können."

"Meine Gedanken gehen in den Osten"

In ihrer ersten Rede im staatliche­n Fernsehen nach ihrer Ernennung versprach die neue Minis

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Bild: AP Kongos Megastadt Kinshasa ist auch die Hauptstadt

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