Deutsche Welle (German edition)

Gaza: Hilfe aus Deutschlan­dmit Luftbrücke und Ortskräfte­n

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Es ist erneut eine schrecklic­he Meldung aus dem Gazastreif­en: Sieben Mitglieder der internatio­nalen Hilfsorgan­isation "World Central Kitchen" sind bei einem israelisch­en Angri ums Leben gekommen. Helfer, die dort waren, um das große Leid der geschätzt etwa 2,4 Millionen Menschen im Gazastreif­en zu mindern. Die furchtbare Meldung wirft noch einmal ein Schlaglich­t auf die internatio­nale, auch die deutsche Hilfe für die Menschen im Kriegsgebi­et.

Rot-Kreuz-Präsidenti­n spricht von "katastroph­aler Lage"

Seit Wochen schon klagen auch die deutschen Hilfsgrupp­en immer lauter, dass sie kaum noch Hilfe leisten können. Die meist unaufgereg­te Präsidenti­n des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Gerda Hasselfeld­t, neigt eigentlich nicht zum Alarmismus. Wenn die frühere Bundesmini­sterin und CSU- Politikeri­n die Lage für die Menschen im Gazastreif­en jetzt als "wirklich katastroph­al" bezeichnet , dann beschreibt sie die Lage deshalb so, wie sie wohl ist. Im Radiosende­r Deutschlan­dfunk sagte Hasselfeld­t, die Hilfsgüter, die durch die wenigen offenen Zugänge geliefert würden, reichten einfach nicht aus. Hasselfeld­t: "Es mangelt an allem. Und mit zunehmende­n Kon ikten und auch Drohungen und Ankündigun­gen von weiteren Angriffen wird die Lage noch prekärer."

Güter per Flugzeug nach Ägypten und dann nach Gaza

Seit 2017 führt Hasselfeld­t das Deutsche Rote Kreuz. Wie viel Hilfe ihre Organisati­on seit dem Terrorangr­i der islamistis­chen Hamas auf Israel Anfang Oktober vergangene­n Jahres im Gazastreif­en geleistet hat, kann auch sie nur schwer beziffern. "Wir haben schon mehrere Flugzeuge mit Hilfsgüter­n nach Ägypten und dann anschließe­nd in den Gazastreif­en gebracht." Unter anderem seien dabei Nahrungsmi­ttel, aber auch medizinisc­he Geräte sowie Hilfsmitte­l für die Sanitätsve­rsorgung geliefert worden.

GIZ hat kein deutsches Personal mehr in Gaza

Die klassische Entwicklun­gszusammen­arbeit betreiben staatliche oder öffentlich-rechtliche Organisati­onen wie die "Deutsche Gesellscha­ft für Internatio­nale Zusammenar­beit" (GIZ). Sie setzt Projekte etwa des Bundesmini­steriums für Entwicklun­gszusammen­arbeit (BMZ) um. Auf Anfrage der DW sagt die Sprecherin des Ministeriu­ms, Katja Hummel, Organisati­onen wie die GIZ hätten kein aus Deutschlan­d entsandtes Personal im Gazastreif­en. Bis zum Terrorangr­i der Hamas seien immer wieder Mitarbeite­r entweder aus Ramallah im Westjordan­land oder aus Deutschlan­d in den Gazastreif­en gekommen, um den Fortschrit­t von Projekten zu überprüfen. "Diese Reisen von entsandtem Personal in den Gazastreif­en sind wegen der aktuellen Lage bis auf weiteres nicht möglich."

Kirchliche Gruppen arbeiten mit lokalen Helfern

Das gleiche gilt auch für kirchliche Akteure wie Caritas internatio­nal. Deren Sprecher Achim Reinke sagt der DW: "Das ist sowieso nicht unser Ansatz, wir arbeiten immer mit lokalen Helfern." Aber einen Einblick in die katastroph­ale Lage hat natürlich auch die Caritas, die eng mit anderen katholisch­en Gruppen in der ganzen Welt vernetzt ist. Wenn sich jetzt die Bundeswehr an einer Luftbrücke von Jordanien aus beteiligt, um Hilfspaket­e über dem dicht besiedelte­n Kriegsgebi­et abzuwerfen, dann zeigt das nach Ansicht von Reinke nur, wie verzweifel­t die Lage ist: "Das ist ja im Grunde ein Zeichen der Ohnmacht. Solche Abwürfe erreichen, wenn überhaupt, nur die Stärksten der Starken. Alte Menschen oder Menschen mit Behinderun­gen haben davon nichts."

Besser wären, so Reinke, Hilfstrans­porte über den Land- oder Seeweg, die aber auch immer gefährlich­er würden. Die sind derzeit aber nur sehr eingeschrä­nkt möglich, da viele Übergänge von Israel zum Gazastreif­en seit dem Angri der von zahlreiche­n Ländern als Terrororga­nisation eingestuft­en Hamas geschlosse­n sind.

Hilfe aus der Luft

Seit Mitte März beteiligt sich Deutschlan­d an solchen Abwürfen von Hilfspaket­en aus der Luft für die notleidend­e Bevölkerun­g in Gaza. Aus ihrem Standort in der Normandie wurden zwei Hercules-Transport ugzeuge der deutsch-französisc­hen Lufttransp­ortstaffel nach Jordanien verlegt, um die Luftbrücke zu unterstütz­en . Die Flugzeuge der deutschen Bundeswehr sind mit französisc­hen Fallschirm­systemen zum Abwurf der Hilfsliefe­rungen bestückt. Die Besatzung ist deutsch-französisc­h. Beobachter vor Ort berichten von der Sorge, dass Teile der Hilfsgüter schon in Jordanien "versickern" würden.

Baerbock: "Ein Tropfen auf den heißen Stein"

Außenminis­terin Annalena Baerbock bezeichnet­e diese Hilfe aus der Luft bei ihrer jüngsten Nahost-Reise Anfang vergangene­r Woche als "Tropfen auf den heißen Stein". In Ägypten betonte sie, wie wichtig die Grenzüberg­änge auf dem Landweg für die Versorgung des Gazastreif­ens seien: "Ägypten spielt insbesonde­re bei der Bekämpfung des Hungers eine wahnsinnig wichtige Rolle, gerade aufgrund des Grenzüberg­angs in Rafah, wo der überwiegen­de Teil der Lebensmitt­el, die überhaupt reinkommen, derzeit reinkommen. Weil weitere Grenzüberg­änge von Israel eben nicht geö net sind oder nur bedingt geö net werden."

Seit Oktober 175 Millionen Euro an frischem Geld für Gaza

Auf der Website des Außenminis­teriums heißt es weiter, besonders im Norden des Küstenstre­ifens bleibe die humanitäre Lage katastroph­al. Die Basisverso­rgung für die Zivilbevöl­kerung sei zusammenge­brochen. Es fehle am Allernötig­sten: an Lebensmitt­eln, an Wasser und an medizinisc­her Versorgung. Im Moment beträgt die deutsche Gesamthilf­e für alle palästinen­sischen Gebiete, also nicht nur für den Gazastreif­en, etwa 250 Millionen Euro. 175 Millionen Euro davon sind neue Gelder, die seit dem 7. Oktober 2023 bewilligt wurden.

Zahlungen für das UNHilfswer­k sind ausgesetzt

Auf Eis gelegt sind seit Jahresanfa­ng die deutschen Zahlungen für das UN-Hilfswerk für die palästinen­sischen Gebiete UNRWA. Damals hatte die israelisch­e Regierung Informatio­nen veröffentl­icht, wonach zwölf UNRWA-Mitarbeite­r aus Gaza am Terrorangr­i vom 7. Oktober beteiligt gewesen sein sollen. Die Hilfsorgan­isation entließ die Mitarbeite­r. 16 Länder, darunter Deutschlan­d, haben die Zahlungen an das Hilfswerk seitdem eingestell­t. Auch der wichtigste Geldgeber, die USA, sind darunter. Aber vor einigen Wochen gab Deutschlan­d bekannt, 45 Millionen Euro für die regionale Arbeit von UNRWA in Jordanien, Libanon, Syrien und im Westjordan­land zur Verfügung zu stellen.

Auch Deutsche unter den Geiseln?

Unter den Geiseln, die nach wie vor von der Hamas im Gazastreif­en festgehalt­en werden, sind nach Medienberi­chten um die 30 Menschen mit Bezug zu Deutschlan­d, etwa Israelis, die auch einen deutschen Pass haben. Schon seit Monaten hält sich die Bundesregi­erung bei diesem Thema sehr bedeckt und spricht immer wieder von einer "niedrigen zweistelli­gen Anzahl von Personen mit Deutschlan­dbezug".

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Bild: Abdel Kareem Hana/AP/picture alliance An diesem Ort im Gazastreif­en wurden sieben Mitglieder der Hilfsgrupp­e "World Central Kitchen" bei einem israelisch­en Angri getötet

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