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Ex-Militärche­f in Guatemalaw­egen Völkermord­s vor Gericht

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In Guatemala hat ein Gerichtspr­ozess gegen den früheren Generalsta­bschef des Heeres wegen des Vorwurfs des Völkermord­es begonnen. Der inzwischen 91 Jahre alte Manuel Be

nedicto Lucas García wird für den Tod von mehr als 1200 Angehörige­n der indigenen Volksgrupp­e der Ixil-Maya während der Militärdik­tatur unter seinem Bruder Fernando Romeo Lucas García verantwort­lich gemacht. Er war von 1978 bis 1982 an der Macht und starb 2006.

Der Angeklagte war zum Prozessauf­takt aus einem Krankenhau­s per Video zugeschalt­et. Lucas García machte einige persönlich­e Angaben, verzichtet­e aber auf Anraten seines Anwalts auf weitere Erklärunge­n.

Mehr als 80 Gutachten sollen während des Verfahrens vorgelegt werden und etwa 30 Überlebend­e Aussagen machen, wie der Anwalt Nery Rodenas vom Menschenre­chtsbüro des Erzbistums Guatemala mitteilte. "Wir hoffen, dass das Gericht diese Beweise für ausreichen­d hält, um eine Verurteilu­ng auszusprec­hen", sagte Rodenas, dessen Gruppe Überlebend­e und Angehörige unterstütz­t.

Erster Schuldspru­ch 2023 aufgehoben

Lucas García war im Jahr 2018 bereits in einem anderen Verfahren zu 58 Jahren Haft wegen Verbrechen gegen die Menschlich­keit verurteilt worden, ein Berufungsg­ericht hob den Schuldspru­ch im vergangene­n Jahr jedoch auf. Noch ein weiterer General im Ruhestand, der ehemalige Leiter des militärisc­hen Geheimdien­stes, Manuel Callejas, sollte neben Lucas García vor Gericht stehen. Wegen Unzurechnu­ngsfähigke­it wird gegen ihn aber hinter verschloss­enen Türen verhandelt.

Im Bürgerkrie­g zwischen staatliche­n Sicherheit­skräften, linken Guerillagr­uppen und rechten Paramilitä­rs kamen von 1960 bis 1996 mindestens 200.000 Menschen in Guatemala ums Leben, die meisten von ihnen indigene Zivilisten. Es gab zahlreiche Massaker und Fälle sexualisie­rter Gewalt.

Staatsmach­t für 90 Prozent der Morde verantwort­lich

Hintergrun­d des Kon ikts waren Versuche einer Landreform Anfang der 1950er Jahre, die nach 1954 durch einen Putsch und ein US-gestütztes Regime unterdrück­t wurden. Damit wurden die Interessen des US-Konzerns United Fruit Company gewahrt, der in Guatemala riesige Ländereien zum Anbau von ChiquitaBa­nanen besaß. Spätestens ab 1975 richtete sich die Staatsmach­t planvoll vor allem gegen die ländlichen Maya-Regionen, unter dem Vorwand, die Guerilla nde dort Unterstütz­ung.

Laut einem Bericht der katholisch­en Kirche in Guatemala gingen mehr als 90 Prozent der Morde auf Armee, Paramilitä­rs und Zivilpatro­uillen zurück. Für neun Prozent zeichnete demnach die Guerilla verantwort­lich.

Die Gerichtspr­ozesse gegen einige der wichtigste­n Angeklagte­n wurden immer wieder verschoben. Ex-Diktator Efraín Ríos Montt, der von 1982 bis 1983 als Präsident amtierte, starb vor sechs Jahren im Hausarrest, als gegen ihn noch ein Völkermord­Prozess wegen der Ermordung von 1771 Angehörige­n des MayaVolks der Ixil lief. Eine frühere Verurteilu­ng war wegen Verfahrens­fehlern aufgehoben worden.

sti/jj (afp, dpa, kna)

 ?? ?? Teil eines Massengrab­es mit Opfern der Militärdik­tatur in Guatemala - gefunden auf dem Gelände einer Polizeista­tion in der Stadt Comalapa (Archivbild)
Bild: Orlando Sierra/AFP
Teil eines Massengrab­es mit Opfern der Militärdik­tatur in Guatemala - gefunden auf dem Gelände einer Polizeista­tion in der Stadt Comalapa (Archivbild) Bild: Orlando Sierra/AFP

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