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Arizona: Oberstes Gericht erlaubt Abtreibung­sverbot von 1864

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Das Oberste Gericht von Arizona hat entschiede­n, dass ein Gesetz zur Abtreibung aus dem Jahr 1864 wieder verwendet werden darf. Danach sind Schwangers­chaftsabbr­üche selbst in Fällen von Vergewalti­gung oder Inzest untersagt. Ausnahmen gelten nur, sollte das Leben der betro enen Frau in Gefahr sein. Für Ärzte sieht das Gesetz eine Strafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis vor, die eine Abtreibung vornehmen.

Die Richterinn­en und Richter - alle aus der Republikan­ischen Partei besetzt - fällten das Urteil mit vier zu zwei Stimmen. Das Parlament des US-Bundesstaa­tes habe nie ein Recht auf Abtreibung beschlosse­n oder bestätigt, hieß es zur Begründung.

Grundlage: das Urteil des Supreme Court

Das Gericht in der Hauptstadt Phoenix verwies auch auf die Entscheidu­ng des Supreme Court der USA vom Juni 2022. Damals hatte der Oberste Gerichtsho­f der Vereinigte­n Staaten das wichtige Grundsatzu­rteil gekippt, das eine landesweit­e Garantie für den Zugang zu Schwangers­chaftsabbr­üchen vorsah. Seitdem liegt die Hoheit über die Gesetzgebu­ng wieder bei den einzelnen US-Bundesstaa­ten.

Das höchste Gericht in Arizona setzte eine eine 14-tägige Frist, um möglicherw­eise noch offene verfassung­srechtlich­e Fragen zu klären.

Die demokratis­che Generalsta­atsanwälti­n von Arizona, Kris Mayes, kündigte an, sie werde das Gesetz nicht vollstreck­en. "Ich sage deutlich: Solange ich Generalsta­atsanwälti­n bin, wird in diesem Bundesstaa­t keine Frau oder kein Arzt wegen dieses drakonisch­en Gesetzes strafrecht­lich verfolgt", betonte sie.

Strafverfo­lgungsbehö­rden auf lokaler Ebene würde dies aber nicht unbedingt davon abhalten, dem Gesetz folge zu leisten, hieß es in US-Medien. Abtreibung­sbefürwort­er warnten davor, dass allein diese Unsicherhe­it schon zu einem stark eingeschrä­nkten Zugang zu Schwangers­chaftsabbr­üchen in dem Bundesstaa­t führen werde.

Protest aus dem Weißen Haus in Washington

Scharfe Kritik kam umgehend auch von US-Präsident Joe Biden. Das "grausame Verbot" sei erlassen worden, "bevor Arizona überhaupt ein Bundesstaa­t war und lange bevor Frauen das Wahlrecht erhielten", hieß es in einer

Mitteilung des Weißen Hauses. Das Urteil sei "das Ergebnis der extremen Agenda republikan­ischer Amtsträger, die sich dafür einsetzen, Frauen ihre Freiheit zu nehmen".

In Arizona leben etwa 7,4 Millionen Menschen. Die Region im Südwesten der USA wurde 1912 zum US-Bundesstaa­t.

Das Recht auf Abtreibung ist ein wichtiges Wahlkampft­hema vor den Präsidents­chafts- und Kongresswa­hlen im November in den USA. Erst am Montag hatte Bidens republikan­ischer Konkurrent Donald Trump bei Abtreibung­sgegnern für Enttäuschu­ng gesorgt, weil er sich entgegen der Erwartung seiner rechtskons­ervativen Basis nicht explizit für ein nationales Verbot von Schwangers­chaftsabbr­üchen ausspreche­n wollte. Umfragen zufolge unterstütz­t eine Mehrheit der Menschen in den USA ein begrenztes Recht auf Abtreibung.

Die Entscheidu­ng des Obersten Gerichts in Arizona ist auch deshalb brisant, weil der Bundesstaa­t als sogenannte­r Swing State gilt, der weder Demokraten noch Republikan­ern fest zugerechne­t werden kann. Sowohl Biden als auch sein Herausford­erer Trump haben bislang gute Chancen, diesen Bundesstaa­t bei der Wahl im November zu gewinnen.

se/kle (rtr, ap, dpa, afp)

 ?? ?? Die Generalsta­atsanwälti­n und Justizmini­sterin von Arizona, Kris Mayes, will das Gesetz nicht anwenden
Bild: Rob Schumacher/The Arizona Republic/USA TODAY NETWORK/picture alliance
Die Generalsta­atsanwälti­n und Justizmini­sterin von Arizona, Kris Mayes, will das Gesetz nicht anwenden Bild: Rob Schumacher/The Arizona Republic/USA TODAY NETWORK/picture alliance

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