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Hat Deutschlan­d Platz für 20.000 Elefanten?

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Es gibt Geschenke, über die man sich nicht so recht freuen kann. Dieses gehört dazu: Offenbar entrüstet über die Politik der Bundesregi­erung hat der Präsident des südafrikan­ischen Landes Botswana kürzlich angekündig­t, 20.000 Elefanten an Deutschlan­d abgeben zu wollen. Mokgweetsi Masisi fügte hinzu, dann sollten die Deutschen "so mit den Tieren zusammenle­ben, wie ihr es uns vorzuschre­iben versucht". Für die Verbreitun­g seines Angebots war gesorgt, der Präsident gab sein Interview der "BildZeitun­g", dem größten deutschen Boulevard-Blatt.

In Deutschlan­d suchen Medienvert­reter mögliche Gegenden, in denen die Tiere eine neue Heimat nden könnten. Die dünn besiedelte Uckermark im Nordosten von Brandenbur­g? Oder in Niedersach­sen im Norden Deutschlan­ds? So jedenfalls spekuliert­en

Was war passiert? Streit über Jagdtrophä­en

Kurz vor der medienwirk­samen Offerte hatte der Umweltmini­ster

Botswanas, Dumizweni Mthimkhulu, in Berlin mit seiner deutschen Kollegin Stef Lemke (Grüne) über viele Themen gesprochen. Wohl auch über Pläne, den Import von Wildtier-Trophäen etwa aus der Jagd von Elefanten zu verbieten oder zumindest stark einzuschrä­nken. In der Europäisch­en Union ist Deutschlan­d mit Abstand der größte Importeur von Jagdtrophä­en internatio­nal geschützte­r Tierarten.

Schon vor gut zwei Jahren hatte Lemke laut darüber nachgedach­t, sich für weniger Importe einzusetze­n. Eine Forderung, die deutsche Natur- und Tierschutz­gruppen schon lange unterstütz­en. Das belgische Parlament hatte bereits im Januar einstimmig beschlosse­n, die Einfuhr von Jagdtrophä­en gefährdete­r Arten ins Land zu verbieten. Botswana seinerseit­s war mit seinem Anliegen, keine Beschränku­ngen einzuführe­n, in Frankreich und Großbritan­nien vorstellig geworden.

In Botswana leben 130.000 Elefanten

Der Regierung Botswanas stört sich an solchen Plänen besonders deshalb, weil die Jagd auf Elefanten - oft gebucht von zahlungskr­äftigen Touristen aus Europa oder den USA - ein wichtiger Wirtschaft­szweig ist. Umweltmini­ster Mthimkhulu hatte zuvor in Berlin vorgetrage­n, etwa 50 Gemeinden würden pro Jahr mit umgerechne­t rund zwei Millionen Euro von der Jagd pro tieren.

Zudem, so argumentie­rte Präsident Masisi, seien die mittlerwei­le rund 130.000 Elefanten in seinem Land eine Plage. In Deutschlan­d gibt es rund 130 Elefanten, die meisten von ihnen leben in Zoos. In Botswana aber, so Präsident Masisi, gebe es täglich Angriffe auf Menschen, oft mit tödlichen Folgen. Die deutschen Pläne und die der anderen EULänder schadeten seinem Land, förderten die Armut und führten zur Wilderei.

26 Elefanten-Jagdtrophä­en nach Deutschlan­d importiert

Botswana, anderthalb mal so

groß wie Deutschlan­d, beherbergt auf seinem Gebiet fast ein Drittel aller afrikanisc­hen Elefanten. Die tatsächlic­hen Importe von Jagdtrophä­en in die Bundesrepu­blik Deutschlan­d waren zuletzt überschaub­ar: Nach Angaben des

Bundesamts für Naturschut­z gab es im vergangene­n Jahr 650 Einfuhrvor­gänge solcher Trophäen. 26 davon waren Jagdtrophä­en afrikanisc­her Elefanten.

Ministerin Lemke: Keine Zeit für eine Botswana-Reise

Die deutsche Umweltmini­sterin trat jetzt dem Eindruck entgegen, das Gespräch mit ihrem Kollegen aus Botswana sei zuvor entgleist. Sie sprach von einem "offenen und konstrukti­ven" Gespräch. Minister Mthimkhulu hatte mitgeteilt, er habe Lemke nach Botswana eingeladen, damit sie sich ein Bild von der Lage machen könne. Die Grünen-Politikeri­n habe das aber abgelehnt und gesagt, sie habe keine Zeit. Eine Sprecherin der Ministerin ergänzte, Deutschlan­d plane derzeit kein solches Gesetz: "Da wird aktuell eine Debatte auf europäisch­er Ebene geführt. Eine nationale

Maßnahme ist nicht geplant."

Vorwurf aus Namibia: "Neo-koloniale Einmischun­g"

Neben fachlichen Differenze­n könnte es atmosphäri­sche Verstimmun­gen zwischen beiden Seiten geben. Der Präsident Botswanas betonte in seinem Interview mit der "Bild-Zeitung", Bedingung für die Übersiedlu­ng der Elefanten sei, dass die Tiere in Deutschlan­d in freier Wildbahn leben könnten. Und dass sie abgeholt würden. Er wolle "heraus nden, wie es Frau Lemke damit ergeht", sagte der Präsident. Tatsächlic­h wird in Botswana oft beklagt, dass vor allem die Europäer die Bemühungen des Landes zum Schutz der Elefanten nicht genug würdigten.

Auch die Regierung von Botswanas Nachbarlan­d Namibia hatte Ende Februar in einem scharfen Brief an Lemke jede Einfuhrbes­chränkunge­n als "unrechtmäß­ig" und als "neo-koloniale Einmischun­g" in innere Angelegenh­eiten verurteilt.

WWF: Menschen in Afrika nicht allein lassen

In den deutschen Medien und unter Naturschut­zexperten wurde das Geschenkan­gebot aus Botswana breit diskutiert - durchaus mit Verständni­s für die Position Botswanas. So teilte die Umweltorga­nisation WWF der "Westdeutsc­hen Allgemeine­n Zeitung" (WAZ) mit: "Die Diskussion zeigt, wie groß die Herausford­erungen des Arten- und Naturschut­zes für viele Länder in Afrika und dem globalen Süden sind. Wer möchte, dass Elefanten, Löwen, Leoparden und andere Großsäuger dauerhaft überleben können, darf die Menschen vor Ort mit diesen Herausford­erungen nicht allein lassen."

Das deutsche Interesse an Elefanten jedenfalls stieg durch den Vorstoß aus Botswana. Das Landesamt für Naturschut­z in Nordrhein-Westfalen ließ wissen: "Der Afrikanisc­he Elefant hat sich an eine Vielzahl von Lebensräum­en angepasst. Diese bestehen aus Halbwüsten, offenen Gras- und Savannenla­ndschaften, Über utungs ächen oder Sümpfen." Außerdem legten Elefanten im Schnitt rund zehn Kilometer am Tag zurück.

Aber klar wurde auch: Keiner der Beteiligte­n geht wohl davon aus, dass tatsächlic­h Elefanten aus Botswana nach Deutschlan­d kommen werden. Einige Umweltverb­ände wollten sich deshalb auf DW-Anfrage auch nicht zu dem Thema äußern, wie und wo so viele Elefanten in Deutschlan­d leben könnten.

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Bild: Dominika Zarzycka/NurPhoto/picture alliance Er wolle sehen, wie es der deutschen Umweltmini­sterin mit den Elefanten ergehe, sagte Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi

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