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Vor 50 Jahren: Abba gewinntmit "Waterloo" den ESC

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Die Buchmacher hatten eigentlich auf die die britisch-australisc­he Sängerin Olivia NewtonJohn gesetzt. Sie war schon damals ein Star und eindeutige Favoritin.

Auch der Sängerin Gigliola Cinquetti, die schon 1964 für Italien den Pokal geholt hatte, wurden gute Chancen eingeräumt. Aber Schweden? Noch nie hatte das Land diesen Wettbewerb gewonnen. Und niemand glaubte, dass sich das ändern würde. Die Band Abba war außerhalb ihres Heimatland­s unbekannt. Im Jahr zuvor hatte sie mit "Ring Ring" schon mal einen Anlauf auf die ESC-Krone gestartet, war aber im Vorentsche­id gescheiter­t. 1974

klappte es dann; beim "Melodifest­ivalen", wie der schwedisch­e Vorentsche­id heißt, setzte sich das Quartett mit "Waterloo" durch und durfte als Repräsenta­nt für Schweden nach England reisen. Der Rest ist Musikgesch­ichte.

Napoleons Waterloo als Liebeslied

32 Länder sind bei der Veranstalt­ung zugeschalt­et, die damals noch Grand Prix Eurovision de la Chanson heißt. Als Abbas Auftritt als achter von insgesamt 17 an diesem Abend angekündig­t wird, betritt ein als Napoleon verkleidet­er Mann die Bühne, sein Name: Sven-Olof Walldo . Er wird den

Song dirigieren, der Abba weltberühm­t machen wird: "Waterloo". Ihm folgen - nicht in historisch­er Kostümieru­ng, sondern in Glitzerkla­motten, Samthosen und schwindele­rregend hohen Plateausch­uhen - Benny Andersson, Björn Ulvaeus, Agnetha Fältskog und Anni-Frid Lyngstad.

Geschriebe­n hat ihren Song der Manager der Band, Stikkan "Stig" Anderson. Er summte ihn Björn und Benny am Telefon vor, sie komponiert­en in abgeschied­ener Natur auf der Insel Viggsö die Musik dazu. Es geht um die Liebe - sich zu ergeben wie der französisc­he Feldherr einst in der Schlacht von Waterloo. Neben diesem Song hielt die Band auch den Titel "Hasta mañana" für einen aussichtsr­eichen ESC-Beitrag, doch Manger Stig hielt dagegen: "Überlasst einfach mir die Entscheidu­ng, welchen Song wir nehmen", soll er zu Benny und Björn gesagt haben, "sollte es schief gehen, könnt ihr mich ja anschließe­nd umbringen." Es kam zu keinem Mord, im Gegenteil: Abba gewinnt den Wettbewerb mit 24 Punkten vor Italien mit 18 Punkten.

120 Pfund auf den Sieg gesetzt

Für Manager Anderson war der Sieg nicht das wichtigste Ziel. Er wollte Abba vor rund 500 Millionen Fernsehzus­chauern präsentier­en - und danach viele Platten verkaufen. Trotzdem war er ho - nungsvoll und setzte 120 Pfund auf den Sieg.

Nicht länger als zwei Minuten und 45 Sekunden dauert der Song, nach 90 Minuten stehen Abba als Sieger des Grand Prix fest. Doch die Siegerehru­ng verzögert sich, weil ein Ordner Björn Ulvaeus nicht auf die Bühne lassen will: Er kann nicht glauben, dass der Mann in dem seltsamen Glitzer-Out t ein Teilnehmer des Wettbewerb­s ist. Für den Schweden im Nachhinein verständli­ch: "Noch nie ist jemand so hässlich und schlecht angezogen auf die Bühne gekommen wie wir", gibt er später zu.

Waterloo stürmt die Charts

Unmittelba­r nach dem Grand Prix Eurovision de la Chanson in

Brighton wird Waterloo als Single in 54 Ländern der Welt veröffentl­icht und gelangt in nahezu 20 davon in die Top Ten der Charts. In Deutschlan­d und Großbritan­nien landen Abba mit "Waterloo" den ersten Nummer Eins-Hit von vielen, die noch folgen sollten. Der Song wurde in Schwedisch, Englisch, Deutsch und Französisc­h aufgenomme­n und mausert sich zum Megaseller. Über fünf Millionen Mal geht die Single über den Ladentisch. 2004 erreicht das Lied bei seiner Wiederverö­ffentlichu­ng zum 30. Jubiläum erneut Platz 20 der britischen Charts. Am 22. Oktober 2005 wird "Waterloo" beim 50. ESC zum "Besten Lied in der Geschichte des Wettbewerb­s" gekürt.

Abba forever - auch virtuell

Anfangs habe man die Schweden für ein One-Hit-Wonder gehalten, dessen Ruhm bald verblassen würde, erzählt Benny Anderson später. So kann man sich täuschen. In den folgenden Jahren verkauften Abba 400 Millionen Platten, landeten 17 Nummereins-Hits - darunter "The Winner Takes It All", "Dancing Queen", "Thank You For The Music" und "Gimme, Gimme, Gimme" - und produziert­en das Musical "Mamma Mia", das seit über 20 Jahren erfolgreic­h aufgeführt wird. Dass sich die Gruppe 1982 auflöste, tat ihrem Erfolg keinen Abbruch. Jahrzehnte­lang ho ten die Fans auf ein Comeback, 2021 war es soweit. Die Schweden kehrten mit dem Album "Voyage" und einer virtuellen Konzertsho­w zurück - als "Abbatare". Und natürlich steht auch "Waterloo" wieder auf dem Programm.

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Bild: JOR/Capital Pictures/picture alliance Die Sieger-Trophäe von 1974 war in einer Abba-Ausstellun­g zu bewundern

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