Deutsche Welle (German edition)
Oscars 2024: "Oppenheimer" räumt ab
Mit 13 Nominierungen galt "Oppenheimer" als Favorit bei den Academy Awards (oder Oscars), ebenso wie "Poor Things" mit elf Nominierungen - und auch das quietschbunte "Barbie" ho te auf acht Trophäen. Der große Gewinner war dann "Oppenheimer" mit sieben Oscars, darunter für die beste männliche Hauptrolle (Cillian Murphy), die beste Regie (Christopher Nolan) und in der Königskategorie: Bester Film.
Auch die Adaption des Dr. Frankenstein-Themas "Poor Things" bekam vier Oscars; einen da
von ergatterte Emma Stone. Sie wurde als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet und konnte ihr Glück kaum fassen. Der "Barbie"Film hingegen musste sich mit einer Trophäe begnügen - und zwar für den besten Filmsong, gesungen und geschrieben von Billie Eilish. In Schuluniform nahm sie - nach 2022 - ihren zweiten Goldjungen für die zarte Ballade "What was I made for" entgegen.
Große Freude auch bei den Macherinnen und Machern von "The Zone of Interest". Das Holocaust-Drama nach dem gleichnamigen Buch von Martin Amis wurde als bester internationaler Film ausgezeichnet - Premiere für eine britische Produktion - und bekam einen zweiten Oscar für den außergewöhnlichen Ton. Regisseur Jonathan Glazer erinnerte
in seiner Dankesrede an den Angri der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Er fuhr fort: "Unser Film zeigt, wohin eine Entmenschlichung in ihrer schlimmsten Form führen kann."
"I thank you for seeing me"
Da'Vine Joy Randolph, eine schwarze, schwergewichtige Schauspielerin, sorgte für den ersten emotionalen Moment des Abends, als sie den Oscar für die Beste weibliche Nebenrolle (in "The Holdovers") entgegen nahm. Der Preis sei so wichtig für sie, weil er ihr gezeigt habe, dass sie immer auf dem richtigen Weg gewesen sei - ohne sich zu verbiegen. Sie bedankte sich dafür, dass sie wahrgenommen werde.
Lily Gladstone ist die erste amerikanische Ureinwohnerin, die eine Oscar-Nominierung erhielt - als Beste Schauspielerin für ihre Rolle in "Killers of the Flower Moon" von Martin Scorsese. Sie musste sich allerdings Emma Stone geschlagen geben.
Auch die deutsche Schauspielerin Sandra Hüller war für ihre
Rolle in dem französischen Gerichtsdrama "Anatomie eines Falls" als beste Schauspielerin nominiert und ging ebenfalls leer aus. Trotzdem war sie sichtlich gerührt über die Preise für die beiden Filme, in denen sie mitspielte: "Anatomie eines Falls" bekam einen Oscar für das Beste Originaldrehbuch, "The Zone of Interest" zwei Oscars.
Auch zwei weitere deutsche Oscar-Ho nungen erfüllten sich nicht: Wim Wenders' poetischer Film "Perfect Days" war für Japan ins Rennen um den Besten ausländischen Film gegangen. Die deutsche Produktion "Das Lehrerzimmer" von Ilker Çatak ging ebenfalls leer aus.
Erster Oscar an die Ukraine
Der Oscar für den besten Dokumentar lm ging an die erschütternde Reportage "20 Tage in Mariupol". Es ist der erste Oscar, der in die Ukraine geht. Filmemacher Mstyslav Tschernow nutzte seine Dankesrede für einen eindringlichen Appell: "Ich wünschte, Russland hätte nicht zehntausende Menschen getötet. Aber ich kann keine Geschichte verändern. Aber der Preis kann dafür sorgen, dass die Menschen von Mairupol und die Toten nie vergessen werden." Für diese Worte gab es Standing Ovations vom Publikum.
US-Late Night-Moderator Jimmy Kimmel führte witzig und gut gelaunt durch die Gala. Für Lacher sorgte der Wrestler und Schauspieler John Cena, der seinen muskulösen Körper splitternackt auf der Bühne präsentierte - und den Oscar-Preisträger für das beste Kostüm bekannt gab. Das sollte an einen Vorfall von vor 50 Jahren erinnern: Bei der Oscarverleihung 1974 war ein nackter Mann auf die Bühne gelaufen.
Besondern umjubelt war auch die Performance von Ryan Gosling, der den ebenfalls nominierten Barbie-Song "I'm Just Ken", gesungen hatte - mit Überraschungsgast Slash, dem Gitarristen von Guns 'N' Roses.
Eine schöne Tradition wurde nach Jahren wieder eingeführt: Ehemalige Oscar-Gewinnerinnen und -gewinner richteten persönliche Worte an die nominierten Schauspielerinnen und Schauspieler, was in der Nacht auch zur einen oder anderen Träne der Rührung führte.
Emotional war auch der Moment, in dem - wie in jedem Jahr - an Filmschaffende erinnert wurde, die im vergangenen Jahr gestorben sind. Allen voran Alexej Nawalny, der vor wenigen Wochen in einem russischen Gefangenenlager umkam. Die gleichnamige Dokumentation über ihn war 2023 mit einem Oscar ausgezeichnet worden.
Die Oscar-Gala war in größten Teilen unpolitisch. Einige Stars trugen roten Buttons an ihrer Kleidung, verbunden mit der Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand in Gaza. Außerhalb des Dolby Theater in Los Angeles war der Gaza-Kon ikt mehr zu spüren, es gab strengere Sicherheitsvorkehrungen - und Proteste gegen die Gaza-Krieg legten in Los Angeles zeitweise den Verkehr lahm.
Von Seite 76 fortgesetzt
Ungleiche Machtverhältnisse
Ein Besucher betont die Relevanz des Themas: "Koloniale Geschichte prägt uns noch heute und deshalb glaube ich, dass es noch immer sehr wichtig ist, darüber aufzuklären und Leute darüber zu informieren." Ein anderer Besucher erklärt im Gespräch mit der DW, wo er in erster Linie heute noch den Ein uss der Kolonialzeit sieht: "Unsere ganze Konsumwelt basiert darauf, dass wir über gewisse Zeiträume hinweg in der Lage waren, uns gut an den Ressourcen anderer Weltregionen zu bereichern oder im Tauschhandel besser abzuschneiden und das erleben wir heute noch." McIntosh greift die koloniale Ausbeutung in einer Bodeninstallation auf: Baumwolle, Zucker und Kaffee arrangiert sie hier neben einer offenbar versklavten Figur.
Kolonialismus und Rassismus
Wirtschaftsstrukturen als Folge ungleicher Machtverhältnisse - für McIntosh gehen die Auswirkungen der Kolonialzeit weit darüber hinaus: Untrennbar verbunden sei der Kolonialismus auch mit aktueller Diskriminierung in Deutschland, sagt sie. "Ich als schwarze Person wurde schon verbal attackiert. Für mich ist das ein Zeichen von Kolonialismus."
Deshalb seien Rassismus und Kolonialismus von Anfang an die Triebfeder ihrer Arbeit gewesen.
Eine Besucherin, die sich viel mit dem Thema Rassismus beschäftigt, unterstreicht die Bedeutung: "Es ist auf jeden Fall klar, dass Rassismus in unserer Gesellschaft eine große Rolle spielt. So wie wir aufgewachsen sind und wie die Vergangenheit ist. Es ist wichtig, dass den Leuten bewusst ist, wenn sie rassistisch denken oder handeln." McIntosh, die sich seit fast zehn Jahren in ihrer Kunst mit der Kolonialzeit und mit Rassismus beschäftigt, hofft, dass ihre Werke den Blick auf die koloniale Vergangenheit schärfen und mehr Sensibilität für die Folgen des Kolonialismus schaffen. "Ich wünsche mir, dass die Leute anfangen zu reden und sich darüber austauschen, was in der Vergangenheit passiert ist. Ich denke, wir müssen mit einem Narrativ und einer Re exion beginnen."