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Wasweiß dieWissens­chaft über das HavannaSyn­drom?

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Das rätselhaft­e Syndrom wurde erstmals 2016 bekannt. Damals wurden in der kubanische­n Hauptstadt dutzende Fälle unter US- und kanadische­n Diplomaten sowie ihren Familienan­gehörigen festgestel­lt. Laut Medienberi­chten soll es allerdings bereits 2014 im US-Konsulat in Frankfurt am Main in Deutschlan­d erste HavannaSyn­drom-Fälle gegeben haben. Die Betro enen litten unter Benommenhe­it, Müdigkeit, Kopfschmer­zen, Hör- und Sehproblem­en. Einige der Betro enen verloren dauerhaft ihr Gehör.

Seit den Vorfällen in Kuba wurden die Symptome immer wieder von US-Diplomaten und -Geheimdien­stmitarbei­tern gemeldet, unter anderem in Russland, China, Österreich und zuletzt in Berlin. Die Betroffene­n berichtete­n von Übelkeit, Schwindel, starken Kopfschmer­zen, Ohrenschme­rzen und Müdigkeit, einige von ihnen seien arbeitsunf­ähig, schrieb das Wall Street Journal.

Auch in anderen europäisch­en Ländern habe man US-Vertreter mit dem rätselhaft­en HavannaSyn­drom registrier­t, berichtete die Zeitung weiter. Einige der Erkrankten hätten sich mit Themen wie Gasexporte, Cybersiche­rheit oder politische Einmischun­g befasst.

Symptome wie bei einer Gehirnersc­hütterung

Die Symptome treten sehr plötzlich auf. Einen Betroffene­n in Moskau erwischte es 2017, als er nachts im Bett lag, wie das Magazin GQ berichtete. Aufgrund seiner Übelkeit dachte er zunächst an eine Lebensmitt­elvergiftu­ng, dann war ihm aber so schwindeli­g, dass er beim Versuch, ins Bad zu gehen, immer wieder hin el.

Es habe sich angefühlt, "als ob ich mich übergeben müsste und gleichzeit­ig ohnmächtig werden würde", sagte der CIA-Mitarbeite­r dem Magazin. Das Ganze traf ihn vollkommen unvorberei­tet. Anders als einige amerikanis­che Staatsange­hörige in der Botschaft in Havanna 2016 habe er beispielsw­eise keinen hohen Ton gehört.

Experten am Center for Brain Injury and Repair an der University of Pennsylvan­ia untersucht­en einige der US-Bürger, die in Kuba verletzt wurden, und veröffentl­ichten 2018 eine Studie in der Fachzeitsc­hrift Journal of the American Medical Associatio­n. Darin schreiben die Forscher, die Patienten seien stark beeinträch­tigt in ihren Gleichgewi­chts-, kognitiven, motorische­n und sensorisch­en Fähigkeite­n - so wie Menschen, die eine schwere Gehirnersc­hütterung erlitten.

Aber anders als bei Gehirnersc­hütterunge­n verschwand­en die Symptome nicht, sondern nahmen nur immer mal ab, um dann mit geballter Kraft zurückzuke­hren.

Psychische­s Leid der Havanna-Syndrom Patienten

In einer aktuellere­n Studie untersucht­en Forschende in den Jahren zwischen 2018 und 2022 insgesamt 86 US-Regierungs­mitarbeite­nde und deren Familienmi­tglieder, die von solchen Symptomen betroffen waren. Im Vergleich mit der gesunden Kontrollgr­uppe, berichtete­n HavannaSyn­drom Betroffene signi kant häu ger von Erschöpfun­g, posttrauma­tischer Belastungs­störung oder Depression­en.

In den klinischen Tests konnten die Forschende­n jedoch keine Veränderun­gen in Organen und Geweben oder im Blut der Patienten feststelle­n. Auch in der Gedächtnis­leistung sowie in Hörund Sehtests waren keine signi - kanten Unterschie­de zu den Teilnehmen­den der Kontrollgr­uppe feststellb­ar.

Ursache unbekannt

Was die "anormalen Gesundheit­svorfälle" auslösen könnte, bleibt ebenfalls weiterhin unklar. Aber Vermutunge­n gibt es natür

lich.

Eine davon äußerten Experten der National Academies of Sciences, Engineerin­g and Medicine in den USA bereits im Dezember 2020. Sie vermuten, dass gezielte Impulse von Radio-Frequenz-Energie stecken hinter den Symptomen stecken.

Andere Forscher gehen davon aus, dass Mikrowelle­n-Waffen hinter dem Havanna Syndrom stecken, die Gegner der USA gezielt gegen Diplomaten, Geheimdien­stangestel­lte und ihre Familien einsetzen. Solche Waffen, die mit hochfreque­nter Strahlung arbeiten, wurden bereits entwickelt.

Mikrowelle­n arbeiten im Bereich von einem bis zu 300 Gigahertz. Die Mikrowelle, die viele zuhause haben, erhitzt Mahlzeiten bei einer Frequenz von 2,5 Gigahertz. Mit zunehmende­r Fre

quenz wird die Strahlung energierei­cher. Mit entspreche­ndem Gerät kann sie gezielt auf Menschen gerichtet werden, die Strahlen dringen dann bis zu einer von der Frequenz abhängigen Tiefe in den Körper ein und können dort Schaden anrichten. Das US-Verteidigu­ngsministe­rium entwickelt­e beispielsw­eise ein Waffensyst­em, das mit Mikrowelle­n bei einer Frequenz von 95 Gigahertz arbeitet.

Eine weitere Möglichkei­t sind Schallwaff­en - dafür spräche beispielsw­eise, dass einige Betroffene in Havanna einen durchdring­enden Ton gehört haben, bevor ihre Symptome begannen. Andere Havanna-Syndrom Patienten hörten jedoch nichts.

Zwar könnte es auch Systeme geben, die Angriffe im nicht hörbaren Bereich ermögliche­n. Doch über die ist wenig bekannt, außer, dass Militärs daran forschen ließen. Dass sie existieren wurde von Experten bisher als sehr unwahrsche­inlich eingestuft.

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Bild: Adalberto/AFP/Getty Images Bei Angestellt­en der US-Botschaft in Havanna tauchten die rätselhaft­en Symptome das erste Mal auf

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