Deutsche Welle (German edition)
Kirche und AfD: "In demein oder anderen Fall problematisch"
Die großen Kirchen in Deutschland haben sich in den vergangenen Monaten entschieden gegen Rechtsextremismus und gegen völkischen Nationalismus der "Alternative für Deutschland" (AfD) gestellt. Gibt es AfD-Sympathisanten in der kirchlichen Mitarbeiterschaft? Einschätzungen von Rüdiger Schuch, dem Präsidenten der Diakonie, dem Wohlfahrtsverband der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Präsident der Diakonie Deutschland stehen Sie an der Spitze von fast 630.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wie steht es da mit eigenen Kräften, die zur AfD tendieren? Kommt das vor?
Rüdiger Schuch: Wie die beiden großen Kirchen haben auch wir uns als Diakonie zum Rechtsextremismus und zur AfD positioniert. Und auch für uns gilt, dass wir grundsätzlich eine Unvereinbarkeit zwischen dem christlichen Menschenbild, an dem sich unsere Arbeit ausrichtet, und Positionen rechtsextremistischer Strömungen und Parteien sehen. Ich glaube, dass das in dem ein oder anderen Fall problematisch ist. Natürlich kann ich nicht ausschließen, dass wir in der Diakonie in einigen Fällen auch Menschen haben, die sich menschenfeindlich und rechtsextrem äußern.
DW: Sind das Einzelfälle? Oder mehr?
Schuch: Wir erheben dazu keine Daten oder Zahlen. Deshalb kann ich Ihnen nicht sagen, wie groß diese Zahl ist und wie sehr das Thema die jeweiligen Einrichtungen im Moment beschäftigt. Aber es ist schon so, dass das Thema über unsere Mitglieder an uns herangetragen wird.
DW: Wer ist dafür zuständig, eine problematische Situation anzugehen? Sie als Verbandsspitze - oder die konkreten Verantwortlichen vor Ort?
Schuch: Verantwortlich sind die Träger vor Ort. Wenn das Problem in einer Einrichtung auftritt, ist die Einrichtungsleitung gefordert. Wir als Bundesverband beschäftigen uns grundsätzlich mit dem Umgang mit Rechtspopulismus und Rechtsextremismus, wir geben Empfehlungen an unsere Landes- und Fachverbände und über diese dann auch an die jeweiligen Träger. Klar ist: Alle diakonischen Einrichtungen leiten dieselben Werte. Die Leitbilder der einzelnen Einrichtungen bringen deutlich zum Ausdruck, dass das christliche Menschenbild für uns und unsere Arbeit prägend ist. Und zum christlichen Menschenbild gehört die Annahme eines jeden Menschen, ganz gleich, welche Religion, welche Nationalität oder sexuelle Orientierung er oder sie hat. Rassismus entspricht selbstverständlich nicht dem christlichen Menschenbild.
DW: Aber was sollte dann im konkreten Fall passieren?
Schuch: Wenn Menschen sich menschenfeindlich äußern, müssten sie eigentlich selbst spüren, dass die Einrichtung, in der sie tätig sind, nicht zu ihrem Denken passt und dass sie da fehl am Platz sind. Umgekehrt ist es wichtig, dass die Einrichtungsleitungen solche Äußerungen wahrnehmen, die Mitarbeitenden darauf ansprechen und inhaltlich damit konfrontieren. Sie müssen ihnen deutlich machen, wofür die Diakonie und die konkrete Einrichtung stehen. Menschen, die sich uns als Klientinnen und Klienten anvertrauen, dürfen keine Angst haben, dass Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der Diakonie womöglich menschenfeindlich mit ihnen umgehen oder menschenfeindlich denken. Das wäre ein Unding.
DW: In Ostdeutschland gibt es Regionen, wo man bei den anstehenden Wahlen Ergebnisse von 30 Prozent oder mehr für die AfD für möglich hält. Da können Akteure in beiden Kirchen, seien es Geistliche, seien es Kräfte in einem sozialen Beruf, durchaus unter Druck kommen…
Schuch: Ja. Es beeindruckt mich sehr, dass die Evangelische Kirche Mitteldeutschland und die Diakonie in Mitteldeutschland mit