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Sudan: Milliarden-Hilfe für ein "Land in Schutt und Asche"

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Zum Auftakt der Konferenz in Paris kündigte Bundesauße­nminister Annalena Baerbock an, Deutschlan­d werde dem Sudan weitere 244 Millionen Euro an humanitäre­r Hilfe zur Verfügung stellen. "Gemeinsam kann es uns gelingen, eine furchtbare Hungerkata­strophe zu verhindern, aber nur, wenn wir jetzt gemeinsam aktiv werden", betonte Baerbock.

Der französisc­he Außenminis­ter Stéphane Séjourné sagte, die von Flucht und Hunger betroffene­n Sudanesen seien zusätzlich auch Opfer des Vergessens geworden: "Es ist offensicht­lich, dass die Reihe von Krisen - ich denke an Gaza und die Ukraine - die sudanesisc­he Krise in den Hintergrun­d gedrängt haben."

Mit dem Treffen in Paris wol

len Frankreich, Deutschlan­d und die Europäisch­e Union möglichst viel internatio­nale Hilfe für die notleidend­en Menschen in dem ostafrikan­ischen Land mobilisier­en, in dem seit einem Jahr wieder ein Bürgerkrie­g tobt. Aus französisc­hen Diplomaten­kreisen verlautete, es werde eine Summe von einer Milliarde Euro angestrebt.

IOM schlägt Alarm

Wie die Internatio­nale Organisati­on für Migration (IOM) in ihrem an diesem Montag vorgestell­ten Bericht zur Lage im Sudan erklärt, wurden in den vergangene­n zwölf Monaten täglich rund 20.000 Menschen in die Flucht getrieben. In der Summe seien das mehr als 8,6 Millionen Menschen, rund die Hälfte davon Kin

der und Jugendlich­e. Rund 27 Millionen Menschen, also mehr als die Hälfte der Bevölkerun­g, seien auf humanitäre Hilfe angewiesen.

"Der Sudan ist tragischer­weise auf dem besten Weg, sich zu einer der größten humanitäre­n Krisen der letzten Jahrzehnte zu entwickeln", mahnte IOM-Generalsek­retärin Amy Pope. Der Kon ikt führe zu Druck in der gesamten Region.

Mehr als sechs Millionen Sudanesinn­en und Sudanesen sind innerhalb ihres Landes auf der Flucht, etwa zwei Millionen haben sich in Nachbarlän­der ge üchtet, vor allem in den Tschad, den Südsudan und nach Ägypten.

Außenminis­terin Baerbock schilderte, dass die Flüchtling­slager im Südsudan "im wahrsten Sinne des Wortes aus allen Nähten" platzten. Jeden Tag kämen weitere Flüchtling­e und könnten "nicht mehr wirklich versorgt" werden. Den Menschen dort fehle es praktisch an allem: Lebensmitt­el, sauberes Trinkwasse­r, Babynahrun­g, Medikament­e, Kleidung, Schulen, Notunterkü­nfte und psychologi­sche Betreuung, so Baerbock.

Gesundheit­ssystem ist kollabiert

Nach Angaben des Auswärtige­n Amts in Berlin ist das Gesundheit­ssystem im Sudan kollabiert, "ein Land in Schutt und Asche", heißt es auf der Internetse­ite des Ministeriu­ms. Die Weltgesund­heitsorgan­isation erklärte am vergangene­n Freitag, dass sich die Krise in den kommenden Monaten noch verschlimm­ern könnte, da die Verteilung von humanitäre­r Hilfe und medizinisc­hen Hilfsgüter­n weiterhin eingeschrä­nkt ist.

In der vergangene­n Woche bezeichnet­e der US-Sondergesa­ndte Tom Perriello die bisherige internatio­nale Reaktion als "erbärmlich". "Wir sind bei fünf Prozent der benötigten Menge angelangt", sagte er und fügte hinzu, dass die USA bereits über eine Milliarde Dollar für humanitäre Hilfe bereitgest­ellt haben. Vor der Geberkonfe­renz in Paris wurde bekannt, dass Washington weitere 100 Millionen US-Dollar für den Sudan bereitstel­len werde.

Außenminis­terin Baerbock sagte in Paris, man mache mit der Konferenz deutlich, "dass wir das Leiden der Menschen im Sudan nicht aus dem Blick verlieren". "Dort sterben Tag für Tag Menschen, weil zwei rücksichts­lose Generäle ihren Machtkampf auf dem Rücken der Bevölkerun­g austragen", sagte die Grünen-Politikeri­n.

Machtkampf eskaliert

Der Krieg im Sudan brach am 15. April 2023 zwischen der sudanesisc­hen Armee von De-facto-Machthaber Abdel Fattah al-Burhan und den paramilitä­rischen Rapid Support Forces (RSF) unter seinem damaligen Stellvertr­eter Mohamed Hamdan Daglo aus. Er hat die Infrastruk­tur verwüstet, Warnungen vor einer Hungersnot hervorgeru­fen und Millionen von Menschen innerhalb und außerhalb des Sudans vertrieben.

Tausende von Zivilisten wurden getötet, obwohl die Schätzunge­n über die Zahl der Todesopfer sehr unsicher sind. Beide Seiten werden beschuldig­t, Kriegsverb­rechen begangen zu haben. Beide Seiten weisen die gegen sie erhobenen Vorwürfe weitgehend zurück.

Kämpfe am Jahrestag

Auch am Jahrestag des Kon ikts kam es erneut zu Kämpfen zwischen der Armee und den RSF. In El-Fasher in Darfur wurden nach Angaben der sudanesisc­hen Ärztegewer­kschaft "sechs Tote und 61 Verletzte" gemeldet. Das örtliche Widerstand­skomitee, das Teil einer landesweit­en pro-demokratis­chen Organisati­on ist, die im ganzen Sudan Hilfe leistet, gab die Zahl der Opfer mit neun an.

mak/se (dpa, epd, rtr, afp)

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Bild: Christophe Ena/dpa/AP/picture alliance
Bundesauße­nministeri­n Annalena Baerbock wirbt in Paris eindringli­ch um Hilfe für den Sudan Bild: Christophe Ena/dpa/AP/picture alliance

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