Deutsche Welle (German edition)
Ein Jahr Lieferkettengesetz - überwiegend positive Bilanz
Kakaobohnen abschlagen mit Macheten. Schwere Säcke schleppen bei der Ernte. Eigentlich sollten schulp ichtige Jungen und Mädchen in Ghana und anderswo genau das nicht mehr tun. Doch erst kürzlich hatte eine Investigativ-Recherche des US-Fernsehsenders CBS und des ö entlich-rechtlichen schweizerischen SRF zutage gefördert, dass der Schokoladenhersteller Mars und das schweizerische Unternehmen Lindt & Sprüngli dort in Fälle von Kinderarbeit verwickelt sein könnten. Studien legen nahe, dass in Ghana weiterhin rund 700.000 Kinder in der Kakaoindustrie arbeiten.
Auch große deutsche Unternehmen stehen in der Kritik. Zulieferer der Handelsketten Edeka und Rewe sollen gegen Umweltund Menschenrechte verstoßen haben, sagt die Nicht-Regierungsorganisation Oxfam. Laut Recherchen von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" besteht auch gegen einen BMW-Zulieferer der Verdacht der Umweltverschmutzung. All das wären Verstöße gegen das Lieferkettengesetz, das in Deutschland seit Anfang 2023 gilt. Ziel des Gesetzes: Es soll gewährleistet werden, dass Rohstoffe in den Ländern des Globalen Südens ohne Menschenrechtsverletzungen, Kinderarbeit und Umweltzerstörung abgebaut und exportiert werden.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) zog auf Nachfrage der DW eine erste positive Bilanz. Das deutsche Lieferkettengesetz habe schon jetzt Erfolge gebracht: "Dass Gewerkschaften ernster genommen werden, dass Beschwerdestellen eingerichtet werden, dass überhaupt Bewegung in die Arbeitsbedingungen vor Ort kommt, das bekommen wir aus sehr vielen Partnerländern zurückgemeldet."
Kurz erklärt: das Lieferkettengesetz
Deutsche Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigen müssen nun genau hingucken, ob ihre Waren und Dienstleistungen den strengen Anforderungen des Gesetzes entsprechen. Beim unter anderem zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales heißt es, man wolle die Unternehmen dazu bringen, "Sorgfaltsp ichten" einzuhalten. "Diese P ichten gelten für den eigenen Geschäftsbereich, für das Handeln eines Vertragspartners und das Handeln weiterer (mittelbarer) Zulieferer. Damit endet die Verantwortung der Unternehmen nicht länger am eigenen Werkstor, sondern besteht entlang der gesamten Lieferkette."
Geschützt werden soll insbesondere vor Kinder- und Zwangsarbeit, Landraub, Umweltzerstörung und unfairen Löhnen. Lange hatte für dieses Gesetz auch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gekämpft. Deutschland sei nun Vorreiter, sagt er auf Nachfrage der DW bei einer Fachkonferenz. Bei aller Kritik von Unternehmen gebe es aber auch Betriebe, die sich besonders engagierten "weil sie nicht wollen, dass sie an den Pranger gestellt werden".
In Deutschland ist für die Kontrolle des Lieferkettengesetzes eine Bundesbehörde zuständig. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), das eigentlich Fördergelder und Waffenexporte überwacht. Zwar gab es dort erste Kontrollen und Beschwerden wegen Verstößen gegen das Gesetz, Bußgelder oder Strafen sind aber noch nicht verhängt worden.
Kritik aus der Wirtschaft und von NGOs
Vielen Nichtregierungsorganisationen gehen die Vorgaben aus dem Lieferkettengesetz nicht weit genug. Wirtschaftsverbände wiederum klagen über zu viel Bürokratie und Kosten für eine aufwendige Dokumentation. Auf DW-Nachfrage beim Bundesverband der Deutschen Industrie
(BDI), heißt es in einem Statement des Vorsitzenden Siegfried Russwurm: "Bei der Umsetzung des deutschen Lieferkettengesetzes zeigen sich viele negative und unbeabsichtigte Auswirkungen und hohe bürokratische Belastungen."
Die Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Germanwatch lobt die Regelungen zwar grundsätzlich im Gespräch mit der DW. Doch Finn Schufft sagt im Interview auch: "Es gibt immer noch Schwachpunkte. Unter anderem, dass Unternehmen zivilrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden können." Ninja Charbonneau vom Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen UNICEF spricht im DW-Interview von einem "Meilenstein". Sie hätte sich aber gewünscht, dass die Kinderrechte expliziter aufgenommen worden wären. Und: "Langfristig
wäre es gut, wenn alle Unternehmen einbezogen würden."
EU-Lieferkettengesetz nach deutschem Vorbild
In der EU soll noch im April grünes Licht gegeben werden für ein europäisches Lieferkettengesetz. Es ähnelt dem deutschen Gesetz, ist aber in manchen Vorgaben strenger. So soll es zum Beispiel schon ab einer Betriebsgröße von nur 500 Beschäftigten gelten. In Deutschland liegt das Limit noch bei 1000. Verstoßen Unternehmen gegen die kommenden EUAuflagen, können sie auf Schadensersatz verklagt werden. Es wird allerdings noch einige Jahre dauern, bis alle bürokratischen Hürden genommen werden können und das EU-Gesetz in Kraft tritt. Arbeitsminister Hubertus Heil sagte, bis dahin gelte das
deutsche Gesetz weiter. Nun habe man zwei Jahre Zeit, die EURichtlinien umzusetzen. Und er fügte hinzu: "Ohne die deutsche Lösung hätte es den Anstoß für die europäische Lösung nicht gegeben."
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te Eva Högl in ihrem jährlichen Bericht die Bedeutung von Frau
en in der Truppe: "Sie erhöhen mit ihren Erfahrungen und Fertigkeiten die Qualität des Dienstes, denn Studien zeigen: Gemischte Teams sind immer die besten und leistungsstärksten." Außerdem würden Frauen in Streitkräften dafür sorgen, dass in Kon iktgebieten auch die Anliegen und Sorgen von Frauen berücksichtigt würden, ergänzt Soziologin Maja Apelt.
Das hat offenbar auch die Bundeswehr erkannt. So warb Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius vergangenes Jahr explizit um Frauen und bezog sich dabei auf die niedrige Quote von Frauen in der Bundeswehr: "Das ist zu wenig. Im Übrigen wird das auch dem Anspruch der Bundeswehr nicht gerecht, eine Bürger-, eine Staatsbürgerinnen- und Staatsbürger-Armee zu sein."
Frauen in Führungspositionen
Doch vor allem in der Führungsetage der Bundeswehr ist es noch nicht weit her mit der "Staatsbürgerinnen-Armee", wie der Bericht der Wehrbeauftragten betont. Darin heißt es: "Deutlich unterrepräsentiert sind Frauen nämlich immer noch in Führungspositionen, und zwar selbst im Sanitätsdienst, wo der Frauenanteil seit Jahren sehr hoch ist. Darüber können auch die wenigen, gern mit Vorzeigekarrieren präsentierten Soldatinnen - zuletzt etwa die erste Bataillonskommandeurin des Heeres oder die erste U-Boot-Kommandantin der Marine - nicht hinwegtäuschen". Tatsächlich gibt es in der gesamten Bundeswehr nur drei Frauen unter den Generälen - allesamt Ärztinnen.
Womöglich war dieser Umstand einer der Gründe für die Ergebnisse einer Umfrage, die kürzlich erschien. Herausgegeben wurde sie vom Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Demnach stimmten nur 36 Prozent der befragten jungen Frauen im Alter von 16 bis 29 zu, dass die Bundeswehr ein attraktiver Arbeitgeber sei. Bei jungen Männern stimmten dagegen 56 Prozent zu.
Bundeswehr spiegelt Gesellschaft wider
Weitere Probleme, die die Bundeswehr unattraktiv für Frauen machen könnte, sind die Unvereinbarkeit von Beruf und Familie und Fälle sexueller Belästigung. Die Wehrbeauftragte verweist in ihrem jährlichen Bericht beispielsweise auf den zweijährigen General-/Admiralstabslehrgang National. Dieser sei noch nicht exibel genug gestaltet und erfordere häu ge Umzüge - schwierig für Militärangehörige mit Kindern.
Gleichzeitig ist das Problem der sexuellen Belästigung noch immer ein Thema bei der Bundeswehr. Im Jahr 2022 hat es laut Bericht der Wehrbeauftragten über 350 meldep ichtige Ereignisse wegen des Verdachts auf Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung gegeben. Eine interne Untersuchung zeigte: 80 Prozent der Betroffenen sind Frauen.
Maja Apelt erkennt darin eine größere gesellschaftliche Dimension. Die Bundeswehr spiegele jene Bereiche wider, in denen Männer dominieren: "Kaum ein Beruf ist so sehr mit Männlichkeit verbunden wie der Soldatenberuf."
Dennoch, so Apelt, zeige gerade der Sanitätsdienst und die höhere Zahl von Frauen dort, dass die Bundeswehr nicht grundsätzlich abschreckend wirke. "Vorbilder sind wichtig", betont Apelt, gerade in Führungspositionen. "Es ist wichtig zu sehen, dass es möglich ist. Ich bin nicht die einzige, sondern es ist vorstellbar, als Frau diesen Weg zu gehen. Frauen in vorgesetzten Positionen sind einerseits Vorbilder, aber andererseits können sie natürlich auch Türö ner sein."
Inka von Puttkamer, die erste Frau an der Spitze eines Kampfverbands der Marine, versteht sich zwar auch als Vorbild. Allerdings betont sie zugleich, in der Marine sollte dies heute nichts Besonderes mehr sein. "Ich nde es schwierig, dass dieses Frausein immer herausgehoben wird. Die Bundeswehr bietet meinem Mann und mir gleichzeitig die Chance, in Führungspositionen zu sein und das mit der Familie vereinbaren zu können. Ohne Frage: Das ist stressig und es brauche dafür viel Organisation und Vorplanung. Aber es ist möglich."
dringend geschlossen werden müssen. "Ich glaube, kurzfristig brauchen wir tatsächlich eine stärkere Regulierung des Mietwohnungsmarktes. Es geht nicht, dass zum Beispiel in Berlin die Hälfte der Wohnungen mit einem Trick als teilmöbliert angeboten wird. Und die Vermieter damit die Mietpreisbremse umgehen, indem sie einen Tisch und einen Schrank in die Wohnung stellen und dafür horrende Abstandssummen verlangen."
Kriselnde Wohnungsbaubranche warnt vor Dominoe ekt
Beim Wohnungsbau-Tag in Berlin haben auch die Branchenverbände Alarm geschlagen. Sie forderten eine Summe von jährlich 23 Milliarden Euro, um den kriselnden Wohnungsbau wieder anzukurbeln. Gleichzeitig warnten sie vor einer "fatalen Entwicklung, bei der die Krise im Wohnungsbau einen Dominoeffekt und damit massiven Schaden für weite Teile der Wirtschaft auszulösen droht".
Argument Nummer zwei: Die dringend benötigten Fachkräfte aus dem Ausland würden nicht kommen, wenn sie keine Wohnung fänden, die sie sich leisten könnten. Und schließlich könnte das nicht gehaltene Versprechen der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr die Wähler zu den politischen Rändern treiben. Doch die Regierung um Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (B90/Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) blieb hart und lehnte weitere Subventionen ab. Wohnraumpolitik-Experte Bernt emp ehlt einen Blick ins Ausland:
"Einfach bauen, bauen, bauen hilft nicht, sondern es muss vor allem preiswert und langfristig bezahlbar gebaut werden. Wenn man nach Österreich oder in die Schweiz schaut, die ja auch einen großen Mietwohnungsmarkt haben, gibt es durchaus Modelle, mit denen langfristig Bestände gehalten werden. Wien ist das leuchtende Beispiel, mit fast der Hälfte der Wohnungen im Gemeindewohlbestand. Das sorgt dafür, dass Wohnen in Wien bezahlbar ist."
Fachleuten aus dem Gesundheitswesen, die potenziell lebensrettende Ratschläge geben können.
"Die Leute erhalten Antwort auf ihre Fragen und können selbst entscheiden, welche Hilfe sie in Anspruch nehmen. Ich halte es für sehr sinnvoll, die Gesundheitsdienste wirklich zugänglich zu machen. So ist die Hürde weniger groß, Hilfe zu suchen oder einfach nur Fragen zu stellen", betont sie.
"Die Leute nehmen sowieso Drogen, das ist die Realität", sagt Edbauer. Statt kleine Händler und Konsumenten zu bestrafen, sagt sie, sei es besser, "Strategien zu entwickeln, die wirklich funktionieren."