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Arbeitspflicht für Asylbewerber? Druck aufMigranten wächst
Manchmal arbeiten Behörden ganz schnell. Kaum hatten sich der Bundeskanzler und die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer im vergangenen November auf die Bezahlkarte für Asylbewerber geeinigt, da führte die erste Kommune sie bereits ein. Es war ein Landkreis im ostdeutschen Thüringen, der mit der Ausgabe der Karte eine Reihe von Restriktionen in Kraft setzte.
Mit der Prepaid-Mastercard kann ausschließlich vor Ort eingekauft werden. Bargeldauszahlungen sind genauso ausgeschlossen wie Überweisungen ins In- und Ausland. Noch bevor die Bundesregierung Anfang April eine gesetzliche Grundlage für eine bundesweit einheitliche Chipkarte vorlegte, hatten auch weitere Städte und Gemeinden bereits eigene Karten eingeführt.
Landrat führt Putzp icht für Asylbewerber ein
Vorreiter ist Thüringen auch bei einer weiteren Maßnahme zur Asylpolitik, die bundesweit für Schlagzeilen sorgt: Ein Landrat, das ist der höchste Verwaltungsbeamte eines deutschen Landkreises, hat für die in seinem Ort in Sammelunterkünften untergebrachten Asylbewerber eine Arbeitsp icht eingeführt. Sie sollen ihre Unterkünfte und das Gelände sauber halten. Dafür bekommen sie pro Stunde 80 Cent zusätzlich auf ihre Bezahlkarte gebucht. Weigern sich die Flüchtlinge, zu putzen, Wege zu kehren oder Hecken zu schneiden, können ihre Leistungsbezüge gekürzt werden. Um bis zu 180 Euro pro Monat.
Grundsätzlich ist die Arbeitsp icht nichts Neues. Es gibt dafür seit langem eine gesetzliche Regelung. Allerdings bezieht sie sich nicht auf reguläre Arbeit mit entsprechender Bezahlung. Asylbewerber dürfen rein rechtlich in den ersten drei Monaten überhaupt nicht arbeiten. Danach gibt es zeitlich gestaffelte Regelungen, abhängig davon, ob die Ge üchteten beispielsweise in einer Sammelunterkunft wohnen oder minderjährige Kinder haben. Erst nach einem halben Jahr wird in der Regel eine Arbeitserlaubnis erteilt.
Was nicht heißt, dass es dann umgehend klappt, eine Arbeit zu nden. Aus den acht wichtigsten Asyl-Herkunftsländern, allen voran Syrien und Afghanistan, waren im Februar 2024 zwar rund 700.000 Personen bei der Arbeitsagentur als erwerbsfähig gemeldet. Doch davon war nicht einmal die Hälfte tatsächlich in der Lage, einen Job anzunehmen. Alle anderen gingen entweder zur Schule, machten eine Ausbildung, waren in Sprach- oder Integrationskursen oder mit Erziehung und
P ege beschäftigt. Dazu kommt, dass mehr als zwei Drittel der Arbeitssuchenden mit einer Staatsbürgerschaft eines der acht TopAsylherkunftsländer eine Stelle lediglich auf Helferniveau suchen. Davon gibt es in Deutschland nicht viele.
Aufwandsentschädigung statt Lohn
Was für Asylbewerber rechtlich aber immer möglich ist und auch für diejenigen gilt, deren Asyl-Antrag abgelehnt wurde und die ausreisen müssten: Sie können dazu verp ichtet werden, bis zu vier Stunden pro Tag gemeinnützige Arbeit für eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent pro Stunde zu leisten.
Diese Regelung, von der die wenigsten Kommunen bislang Gebrauch gemacht haben, hat laut CDU-Landrat Christian Herrgott mehrere Vorteile. Die Arbeitsp icht biete Beschäftigung vor allem für diejenigen, die noch nicht regulär arbeiten dürften und sorge auch dafür, dass die Menschen "eine Tagesstruktur" hätten. Indem er keine Reinigungs rma mehr beauftrage, schaffe er außerdem mehr Akzeptanz in der Bevölkerung.
"Da geht es darum, demjenigen, der das Ganze bezahlt - dem deutschen Steuerzahler - auch etwas zurückzugeben durch die eigene Beteiligung", so Herrgott gegenüber der Zeitung "Die Welt". Weitere Möglichkeiten für gemeinnützige Arbeitseinsätze würden bereits gesucht, in Vereinen beispielsweise.
Thüringen ist nicht ohne Grund Vorreiter bei Maßnahmen
Für seine Initiative erntet der CDU-Politiker breite Zustimmung in der Bevölkerung. 82 Prozent waren es in einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa für die Zeitung "Bild am Sonntag". Ähnlich hoch el mit 77 Prozent in der Umfrage die Zustimmung zur Bezahlkarte aus.
Es ist sicher kein Zufall, dass Thüringen sowohl bei der Einführung der Bezahlkarte als auch bei der Umsetzung der Arbeitsp icht zu den Vorreitern gehört und dass es in beiden Fällen CDU-Politiker waren, die die Initiative ergriffen. In dem ostdeutschen Bundesland wird im September ein neuer Landtag gewählt. In Umfragen liegt die AfD mit ihrem rechtsextremen Vorsitzenden Björn Höcke mit rund 30 Prozent in Führung. Die CDU liegt bei 20 Prozent und hofft, dass sie AfDWähler mit einer härteren Haltung gegenüber Asylbewerbern zurückgewinnen kann.
Die meisten Flüchtlinge wollen nach Deutschland
Das gilt nicht nur für Thüringen, sondern auch für das benachbarte Sachsen, wo ebenfalls im September Wahlen anstehen und die AfD ebenfalls in Führung liegt. Dort forderte CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer zuletzt im März, dass der Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland auf 50.000 oder 60.000 pro Jahr begrenzt werden müsse. Ein deutlicher Unterschied zu der bisher von der CDU und ihrer bayerischen Schwesterpartei CSU vertretenen Obergrenze. Die lag über Jahre bei 200.000.
Die aktuellen Asylbewerberzahlen gehen weit darüber hinaus. Die meisten Flüchtlinge, die nach Europa kommen, haben Deutschland als Ziel. Knapp 330.000 Asylanträge wurden 2023 gestellt. Das waren 30 Prozent aller Anträge in den 27 EULändern. In den ersten drei Monaten 2024 wurden gut 65.000