Deutsche Welle (German edition)

EU und NATO: Bei den Deutschen hoch im Kurs

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Deutschlan­d rüstet wieder auf und das im Rekordtemp­o. 100 Milliarden Euro sind für die Modernisie­rung der Bundeswehr bereitgest­ellt worden, nachdem Russland im Februar 2022 die Ukraine über el. Inzwischen ist das Geld weitgehend mit festen Aufträgen für Rüstungsgü­ter hinterlegt. Die Bundeswehr soll so umgebaut werden, dass sie für den Ernstfall bereit ist, also für den Fall, dass Deutschlan­d angegri en würde.

Die Bedrohungs­lage ist groß, so emp nden es die Bürger. Sieben von zehn und damit mehr als vor fünf Jahren betrachten Frieden und Sicherheit in Europa als sehr stark beziehungs­weise stark gefährdet. Das geht aus dem aktuellen ARD-Deutschlan­dtrend für den Monat April hervor.

Das Meinungsfo­rschungsin­stitut infratest-dimap hat für den Deutschlan­dtrend am 2. und 3. April 2024 insgesamt 1304 repräsenta­tiv ausgesucht­e Wahlberech­tigte befragt. Die Erhebung fand im Auftrag der ARD-Tagestheme­n statt.

Verteidigu­ngsministe­r Boris Pistorius beliebtest­er Politiker

Um der akuten Bedrohungs­lage zu entspreche­n, arbeitet Bundesvert­eidigungsm­inister Boris Pistorius daran, die Bundeswehr "kriegstüch­tig" zu machen. Gerade stellte der SPD- Politiker seine Pläne vor, "die Bundeswehr so umzubauen in ihren Strukturen, dass sie selbst für den Ernstfall, den Verteidigu­ngsfall, für den Kriegsfall optimal aufgestell­t ist".

Deutschlan­d und seine Verbündete­n müssten glaubhaft abschrecke­n, damit niemand auf die Idee komme, "uns als NATO- Gebiet anzugreife­n", betonte Pistorius, der im ARD-Deutschlan­dtrend der mit Abstand beliebtest­e Politiker ist. 54 Prozent der Befragten sind mit seiner Arbeit zufrieden. Bundeskanz­ler Olaf Scholz (SPD) überzeugt weniger als halb so viele Wahlberech­tigte.

NATO wichtig für Friedenssi­cherung

Die NATO, das nordatlant­ische

Verteidigu­ngsbündnis, wird in diesen Tagen 75 Jahre alt. Deutschlan­d ist seit Mai 1955 Mitglied. Der Rückhalt für das Bündnis in der Bevölkerun­g ist angesichts der aktuellen Lage groß.

Der Daseinszwe­ck der NATO wird entspreche­nd kaum in Frage gestellt. Die Allianz ist für 82 Prozent wichtig für die Friedenssi­cherung in Europa, nur etwa jeder Zehnte hält sie für über üssig. Selbst in den Reihen von AfD und der neu gegründete­n Partei Bündnis Sahra Wagenknech­t (BSW) bestehen keine Mehrheiten für eine Auflösung. Obwohl beide Parteien als eher russlandfr­eundlich gelten.

Donald Trump, der erneut USPräsiden­t werden will, hat die Mitgliedsc­haft der USA in der NATO schon mehr als einmal in Frage gestellt. Eine Mehrheit der Deutschen ndet es wichtig, das gemeinsame Bündnis mit den USA zu bewahren. 69 Prozent sind der Meinung, dass das im europäisch­en Eigeninter­esse liegt. Gleichzeit­ig zeigen sich die Wahlberech­tigten offen für eigenständ­igere europäisch­e Verteidigu­ngsstruktu­ren: Die Formierung gemeinsame­r EU-Streitkräf­te beispielsw­eise unterstütz­en momentan fast sechs von zehn

Bundesbürg­ern.

EU: Positiver Blick, aber weniger euphorisch

Im Juni ndet die Wahl zum Europaparl­ament statt. Die Haltung der Bundesbürg­er zur EU fällt im ARD-Deutschlan­dtrend positiv aus, gleichwohl gibt es Abstriche im Vergleich zur letzten Europawahl 2019. Sechs von zehn Deutschen betonen derzeit, dass es Deutschlan­d durch die EU wirtschaft­lich gut geht, während zwei Drittel unterstrei­chen, dass man durch die EU in Europa sicherer lebt.

Der Rückhalt der deutschen EU-Mitgliedsc­haft hat zum vergangene­n Jahr wieder zugelegt. Nach Ansicht aktuell jedes Dritten bringt die EU-Mitgliedsc­haft Deutschlan­d alles in allem eher Vorteile, für knapp jeden Vierten eher Nachteile. Für 36 Prozent gleichen sich Vor- und Nachteile weitgehend aus. Eher skeptisch äußern sich Anhänger der AfD und insbesonde­re des BSW.

Die FDP wieder unterhalb der Fünf-Prozent-Hürde

Wie in jedem Monat haben die Meinungsfo­rscher die sogenannte Sonntagsfr­age gestellt. Sie haben also gefragt, welche Partei die Menschen wählen würden, wenn am kommenden Sonntag Bundestags­wahl wäre.

Stärkste Kraft wären CDU/CSU mit 30 Prozent (+1), auf Platz zwei würde mit 18 Prozent (-1) die AfD landen. Sozialdemo­kraten (-1) und Grüne (+1) hätten jeweils 15 Prozent in Aussicht. Die FDP käme auf vier Prozent (-1) und würde damit ebenso den Einzug in den Bundestag verpassen wie die Linke, die auf drei Prozent (+/-0) käme. Die Neugründun­g BSW hätte dagegen mit fünf Prozent (-1) knapp Chancen auf einen Einzug in den Bundestag. Die Freien Wähler würden das nicht schaffen.

Die regierende Koalition von SPD, Grünen und FDP hätte weiterhin keine Mehrheit mehr. Das Ergebnis der Sonntagsfr­age spiegelt das geringe Ansehen, das die Regierung bei den Bürgern hat. 78 Prozent sind unzufriede­n mit der Arbeit der Koalition.

Migration bleibt wichtigste­s Thema

Noch rund eineinhalb Jahre dauert die reguläre Regierungs­zeit des Dreier-Bündnisses. Werden sie es schaffen, in der verbleiben­den Zeit noch die Probleme anzupacken, die den Deutschen wichtig sind? Jeder vierte Befragte sieht im Zuzug von Flüchtling­en nach Deutschlan­d das größte Problem. Auf Platz zwei kommt der Krieg in der Ukraine, den jeder Fünfte nennt. Der schlechte Zustand der Wirtschaft landet auf Platz drei, gefolgt von Sozialer Ungerechti­gkeit und dem Klimawande­l.

Die Meinungsfo­rscher haben im Deutschlan­dtrend auch arbeitsmar­kt- und sozialpoli­tische Fragen gestellt. Für eine schnellere Integratio­n von Flüchtling­en in den deutschen Arbeitsmar­kt sprechen sich 72 Prozent der Befragten aus, 21 Prozent lehnen das ab. Eine erleichter­te Einwan

derung für ausländisc­he Fachkräfte befürworte­n 56 Prozent, 35

Prozent sind dagegen.

In Deutschlan­d wird derzeit auch diskutiert, was mit Menschen ist, die Bürgergeld, also die staatliche Grundsiche­rung für Arbeitslos­e beziehen, aber Arbeitsang­ebote ablehnen. 79 Prozent der Befragten sind dafür, dass in diesem Fall das Bürgergeld gekürzt werden sollte, nur 14 Prozent sind dagegen.

Angesichts der Probleme mit dem staatliche­n Rentensyst­em fragten die Meinungsfo­rscher zudem, was die Bürger davon halten, länger zu arbeiten. 69 Prozent sind dagegen, dass das Renteneint­rittsalter weiter erhöht wird, 25 Prozent sehen darin einen richtigen Schritt.

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