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Angriff auf Israel: Fehlschlag oder Machtdemon­stration von Teheran?

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Drohnen aus heimischer Produktion spielten eine wichtige Rolle bei dem iranischen Angri auf Israel vom Sonntag (14.04.2024). Mit einer Reichweite bis 2.000 Kilometern sollten sie Hunderte Ziele in Israel zerstören. "Der Angri war ein ernst gemeinter Versuch gewesen, israelisch­e Verteidigu­ngssysteme zu zerstören", bewertet der Militärexp­erten Fabian Hinz im Gespräch mit der Deutsche Welle den massiven Angri . Hinz ist Experte für Drohnen- und Raketensys­teme beim britischen Thinktank "Internatio­nal Institute for Strategic Studies" (IISS).

Für Hinz war der Angri nicht nur symbolisch. "Der Iran wollte seine Ziele treffen und zerstören. Es hat aber nicht besonders gut funktionie­rt. Die Abfangrate durch israelisch­e und amerikanis­che Abwehrsyst­eme war außerorden­tlich hoch."

Nach Angaben der israelisch­en Armee hatte der Iran in der Nacht auf Sonntag rund 300

Drohnen und Raketen auf Israel

abgefeuert. Israel und seinen Verbündete­n sei es gelungen, 99 Prozent aller von Iran abgeschoss­enen Drohnen und Raketen abzuwehren, meldete das israelisch­e Militär am Sonntag in den frühen Morgenstun­den.

"Macht demonstrie­ren, nicht Macht ausüben"

Der Iran wiederum behauptet, eine erfolgreic­he Vergeltung­soperation gegen Israel durchgefüh­rt zu haben. Mit den Vergeltung­sangriffen auf Israel wolle der Iran Macht demonstrie­ren, nicht Macht ausüben, so der Tenor der Experten in den staatliche­n iranischen Medien. Der Iran habe gezeigt, dass er, wenn er seine militärisc­he Macht einsetzen wolle, in der Lage sei, die israelisch­en Verteidigu­ngssysteme zu überwinden, ohne seine Verbündete in der Region zu mobilisier­en.

Das ist aber offensicht­lich nicht gelungen. Der Iran hatte seine Nachbarsta­aten sowie die USA vorab über seine Angri spläne informiert. Die in den Augen von Fabian Hinz schief gelaufene Operation stelle für den Iran ein großes Problem dar, betont der Waffenexpe­rte: "Die Abschrecku­ngskraft des Irans hängt genau von diesen Systemen [mit denen er jetzt Israel angegriffe­n hat, Anm. d. R.] ab, um genau solche Angriffe zu starten."

Die Drohnen, mit denen der Iran angegriffe­n hat, waren nach Angaben der Agentur Tasnim News, die den iranischen Revolution­sgarden nahesteht, vom Typ "Shahed-136", die auch Kamikaze-Drohnen genannt werden. Sie sind leicht, klein, günstig und für Radargerät­e kaum erkennbar. Sie können einen einfachen Sprengkopf von etwa 50 Kilogramm tragen und mit ihrer Reichweite auch Israel erreichen.

Iran baute schon länger eigene Drohnen

Trotz westlicher Sanktionen hat der Iran in den letzten 30 Jahren sein Drohnen-Programm weiterentw­ickelt. Heute verfügt Teheran über ein großes Arsenal an Drohnen. Der Iran sei sehr früh in diese Technologi­e eingestieg­en und produziere bereits seit den 1980er Jahren Drohnen, erklärt der Drohnenfor­scher Holland Michel im Gespräch mit der Deutschen Welle.

Michel arbeitet als Experte für Drohnen und andere neue Sicherheit­stechnolog­ien beim Carnegie Council for Ethics in Internatio­nal Affairs in New York. "Drohnen benötigen im Vergleich zu Raketen nicht unbedingt hochentwic­kelte Komponente­n. Die für die Drohnen benötigte Technologi­e unterliegt keinen Sanktionen oder Handelsbes­chränkunge­n. Zum Beispiel kann man einfache Propeller verwenden, wie man sie auch bei Hobby-Modell ugzeuge einbauen würde."

Aufgrund des technologi­schen Fortschrit­ts hat die Bedrohung durch iranische Drohnen in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Der Iran produziere nun präzisere Drohnen in großen Mengen, sagt Michel und fügt hinzu: "Mit jedem Angri , insbesonde­re auf die US-Streitkräf­te oder in diesem Fall auf Israel, liefert der Iran den Verteidige­rn Informatio­nen darüber, wie sie dieser Bedrohung besser begegnen können. Ich denke, wenn wir vor fünf Jahren einen Angri dieses Ausmaßes gesehen hätten, hätten wir nicht so viele Abschüsse erlebt wie letzte Nacht, mit einer Abfangquot­e von 99 Prozent. Das ist ein Katz-und-Maus-Spiel."

Trotz der erfolgreic­hen Abwehr gegen den iranischen Angri müsse sich Israel auf eine "riesige Bandbreite an Szenarien" einstellen, wenn es über seine Reaktion auf den beispiello­sen direkten Angri des Iran am Samstagabe­nd entscheide­t, sagte Oberstleut­nant Peter Lerner, Sprecher der israelisch­en Verteidigu­ngskräfte (IDF), am Sonntag gegenüber der DW.

Gefahr aus der Luft

Für Luftangrif­fe setzt der Iran auf ballistisc­he Kurz- und Mittelstre­ckenrakete­n. Nach Angaben der US-amerikanis­chen NGO Arms Control Associatio­n (ACA) besitzt der Iran mit Shahab-2 und Shahab-3 Waffen, die mehr als 2.000 Kilometer weit iegen und damit auch Israel erreichen können.

Fabian Hinz erklärt: "Die Iraner haben Raketen mit sehr großer Reichweite und mit sehr guter Präzision. Das haben nicht viele Länder auf der Welt." Der Militär-Experte ergänzt: "Gleichzeit­ig haben sie natürlich das Problem, dass ihre militärisc­hen Gegner, die USA und Israel, was Militärtec­hnologie angeht, zur absoluten Weltspitze gehören."

Hinz glaubt, dass die USA und Israel in Folge des iranischen Angriffs neue Erkenntnis­se über Teherans Waffenarse­nal gesammelt haben könnten. "Sie können eine Fülle von Daten sammeln, was die Iraner nicht mehr können, sobald sie ihre Raketen abgeschoss­en haben".

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